Die Godin
ihr.«
Kajetan bebte. Er starrte den Beamten an.
In diesem Moment öffnete sich die Türe zu Mias Kammer. Der Arzt, gefolgt von der Fürsorgerin, kam heraus.
»Sofort in das Krankenhaus!« sagte er.
»Was ist denn?« schrie Kajetan. Der Arzt wandte sich tadelnd an ihn.
»Alles sieht nach einer Vergiftung aus.«
»Ver… ver…«
»Gehens aus dem Weg!« Die Fürsorgerin schob ihn zurück und wandte sich an einen der Beamten. »Seid Ihr mit dem Wagen da? Nein?« Sie sah Kajetan an. »Sind Sie vom Haus? Hat irgend jemand da herin ein Telephon?«
Niemand antwortete. Kajetan schloß die Augen und atmete tief ein. Er packte die Fürsorgerin, stieß sie zur Seite und wollte in das Zimmer laufen. Sie gab ihm eine Ohrfeige. Er wich zurück, stolperte über die Türschwelle und fiel in die Arme eines Polizisten. Der Beamte hielt ihn mit hartem Griff fest.
»Ein Telephon! Hat keiner ein Telephon?« Sie fluchte. »Herr Doktor, dann müssen wir das Ihrige Auto nehmen!«
»Geht wohl nicht anders«, brummte der Arzt ärgerlich und wandte sich zum Treppenabsatz. »Ich fahr vor das Haus.« Die Hausbewohner wichen zurück.
»Herr Wachtmeister, staubens die Leut weg! Wir müssen die Kranke nach unten tragen! Es geht um Minuten bei so was«, sagte die Fürsorgerin. Sie wich Kajetans entsetztem Blick aus.
»Alle gehen in die Wohnungen zurück!« rief der ältere Beamte und wiederholte es in strengerem Ton, nachdem sich niemand bewegen wollte. »Los, rein in eure Löcher. Da gibts nichts zu sehen.«
Der Schutzmann fluchte laut und ging drohend auf die Gaffer zu, die sich ängstlich duckten und endlich seinem Befehl folgten.
Das Gesicht der Fürsorgerin war unbewegt. Ihre Brust hob und senkte sich. Sie überlegte. Ihr Blick fiel auf Kajetan.
»Ist das ein Verwandter? Oder was ist der?« fragte sie den Polizisten. Dieser hob unsicher die Schultern.
»Nicht? Dann soll er sich schleichen.« Sie zeigte nach unten. Der Beamte schob den widerstrebenden Kajetan zum Treppenabsatz und gab ihm einen leichten Stoß. »Runter!« knurrte er böse. Kajetan taumelte einige Stufen in die Tiefe und klammerte sich an das Becken der Wasserstelle. In der Leibung eines Wohnungseingangs stand ein Junge und weinte haltlos.
Die Fürsorgerin wandte sich an den zweiten Beamten.
»So. Sie müssen mithelfen«, sagte sie entschlossen, »wir tragen sie nach unten. Der Doktor muß jeden Moment da sein.«
»Jetzt wartens doch auf die Sanitäter!« sagte der Polizist abwehrend. »Soviel Zeit wird doch noch sein. Daß ich mir noch die Uniform anpatz, das fehlt mir grad no…«
Er sprach nicht weiter. Ein vernichtender Blick hatte ihn durchbohrt.
»Von mir aus«, brummte er schließlich und folgte ihr in das Zimmer.
Ihre Stimmen waren kaum mehr zu hören. Kajetan klammerte sich noch immer an das Geländer. Ein Schwindel hatte ihn ergriffen. Benommen hörte er nun von unten den Ruf des Arztes. Der Beamte, der auf dem Treppenhausflur stehengeblieben war, antwortete ihm. Langsam ordneten sich Kajetans Gedanken. Er lief nach unten.
Der Motor des Wagens tuckerte.
»Was ist mit ihr passiert?« fragte er den Doktor.
»Hab ich Ihnen doch schon gesagt«, gab der Arzt mürrisch zurück. »Vermutlich Gift.«
»Wieso Gift?«
Der Arzt sah ihn mit mitleidiger Verachtung an. »Blöde Frage.«
»Ich mein - was für eins, Herr Doktor?«
»Das wenn ich wüßt.«
»Und wo bringen Sie sie jetzt hin?«
Der Arzt nannte den Namen einer Klinik auf der anderen Seite der Isar. »Wenns überhaupt noch einen Zweck hat…«
»Lassens mich mitfahren, Herr Doktor!« stieß Kajetan hervor.
»Sinds narrisch? Hab keinen Platz. Sind Sie denn mit ihr verwandt?«
»Ja!« log Kajetan. »Bittschön - ich muß…«
»Ich hab trotzdem keinen Platz, Herrgottnochmal. Hören Sie nicht? Sie werden sie noch früh genug sehen!«
Kajetan rannte los. Er hatte bereits die am Isarufer nach Norden führende Straße erreicht, als er vom Wagen des Arztes überholt wurde, der an der Ludwigsbrücke nach Osten abbog. Kajetans Atem rasselte. Er lief keuchend weiter.
Als er die Klinik erreicht hatte, stand der Wagen des Arztes noch vor dem Eingang.
»Heda!« rief der Portier scharf. »Dableiben. Wo wollens hin?«
»Inspektor Kajetan! Schutzmannschaft!« Kajetan holte röhrend Luft und tat, als ob er in seine Brusttasche greifen wollte. »Es… ist soeben eine… Frau eingeliefert worden. Wo ist sie hingebracht worden?«
Der beeindruckte Portier machte einen Bückling.
»Entschuldigens, Herr
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