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Die Göring-Verschwörung

Die Göring-Verschwörung

Titel: Die Göring-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Müller Hale
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weil ich neben ihm zu groß geworden bin, weil ich im Volk beliebter bin.«
    »Es geht um die Rettung Großdeutschlands«, sagte Binnewies, beim letzten Wort Haltung annehmend, als handele es sich um ein Heiligtum. »Davor muss alles zurückstehen, auch der Führer selbst.«
    Göring begann sich auf dem Diwan aufzurichten, während ein Hustenanfall seinen Körper heftig erschütterte. Er wischte die vom Husten feucht gewordene Hand an der Hose ab und vergrub, auf der Sofakante hockend, das Gesicht in seinen riesigen Händen. In dieser Position verharrte er, dabei immer wieder tief Luft holend und laut hörbar durch seine Finger ausblasend. Binnewies nahm auf einem der Polstersessel gegenüber Platz und wartete. Clarson entledigte sich seines Mantels, wählte einen entfernteren, kühleren Platz und beobachtete die Szene. Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis Göring den Kopf wieder hob. Er wischte sein Gesicht mit den blanken Händen ab und schüttelte sich.
    »Ich lasse mich nicht kaltstellen, von niemandem«, sagte er anschließend in einem ruhigen Ton, der gefährlicher klang als das bekannte bellende Schimpfen seiner Stimme.
    Wieder war Binnewies zur Stelle. »Es gibt nur noch eine einzige Möglichkeit, Herr Generalfeldmarschall. Die Flucht nach vorne.«
    Göring erhob sich und stellte sich mit dem Rücken vor das Feuer, leicht wankend, doch ansonsten regungslos wie ein blutender Stier in der Arena.
    Auch Binnewies stand auf und kam dicht an ihn heran. »Wir müssen jetzt schnell und entschlossen handeln. Wir brauchen Ihren Mut und Ihre Tatkraft.«
    Die Wirkung seiner Appelle war allmählich in Görings Ausdruck ablesbar.
    »So wie im letzten Jahr beim Anschluss Österreichs«, setzte der Major nach, »wo Sie den Einmarsch durchgesetzt haben, als alle anderen schon die Segel streichen wollten.«
    Göring schaute Binnewies und Clarson mit zusammengezogenen Mundwinkeln an. »Also, was können wir tun?«
    Binnewies wandte sich an Clarson. »Sie sind ein Vertrauter des britischen Vizebotschafters? Immerhin hatte er sie auf seinen Empfang eingeladen und Sie sind am Morgen nach Ihrer Inhaftierung gleich als Erstes zu ihm gelaufen.«
    Er war also bereits zu dieser Zeit observiert worden.
    »Es ist ein verflixtes Pech«, fiel Göring dazwischen, mehr zu sich selbst denn zu seiner Umgebung sprechend, »dass Botschafter Henderson in einem Londoner Krankenhaus liegt. Henderson und ich sind einige Male gemeinsam zur Jagd gegangen. Wir konnten vertrauensvoll von Mann zu Mann miteinander sprechen. Mit Jägern ist es wie mit Fliegern: Zwischen ihnen besteht ein besonderes Band, eine Verbindung über alles Trennende hinweg.«
    Göring hatte begonnen, langsam durch den Raum zu gehen. Binnewies folgte ihm beunruhigt mit den Augen, doch der Marschall schien sich zusammenzureißen. Er schaute sich um und zeigte auf seinen Uniformrock. Binnewies sprang herbei, ergriff das Kleidungsstück und streifte es seinem Weltkriegskameraden wie ein Kammerdiener über das offene Hemd. Gegen das Zittern seiner Hände ankämpfend, knöpfte Göring den Rock mühsam Knopf für Knopf zu. Als nächstes schnallte er den von Binnewies angereichten Gürtel seiner Uniform um, an dem Säbel und Dolch baumelten.
    Auf diese Weise halbwegs wieder hergerichtet, befreite er den Dolch aus der verzierten Scheide, nahm ihn in seine rechte Faust, holte tief Luft, biss die Zähne zusammen und drückte die Spitze der Waffe ungefähr einen Zentimeter tief in die Außenseite seines rechten Oberschenkels. Der Schmerz ließ ihn zusammenzucken, er ließ den Dolch fallen und presste die Handfläche gegen die Stelle, an der Blut durch den Stoff zu dringen begann.
    »Macht den Kopf wieder klar«, erklärte er mit einer Mischung aus Stöhnen und Lachen.
    Clarson wusste nicht, ob die Prozedur ihren Zweck erfüllte. Jedenfalls blieb Göring selbst in seinem desolaten Zustand ein Mann, der eigentlich ins Schaugeschäft gehörte. Noch immer schwer atmend, jedoch in ruhigem Ton, wandte er sich zurück an Clarson. »Den Vizebotschafter kenne ich nicht. Ich nehme an, Sie haben jederzeit Zugang zu ihm?«
    »Wie Major Binnewies bereits sagte, ich bin selbst am Sonntagmorgen gleich empfangen worden.«
    »Gut. Ich brauche jemanden, der ihm klarmachen kann, dass es sich bei meiner Offerte nicht um irgendeine Finte im diplomatischen Spiel der Stunde handelt.«
    »Ich bin gerne bereit, Exzellenz Ashfield die Ernsthaftigkeit Ihrer Absichten sowie die Dringlichkeit der ganzen Angelegenheit zu

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