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Die Göring-Verschwörung

Die Göring-Verschwörung

Titel: Die Göring-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Müller Hale
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belieben zu scherzen.«
    »Ich wollte, es wäre so«, seufzte Binnewies. »Der Krieg hat begonnen.«
    »Jetzt scherzen Sie wirklich.«
    Der Major schüttelte schweigend den Kopf. Er hatte seine Lockerheit, die ihn bei ihrer ersten Begegnung ausgezeichnet hatte, vollständig eingebüßt. Er nahm einen tiefen Zug von einer Zigarette, als müsse er sich Linderung verschaffen. »SS-Einheiten haben heute Abend im Schutz der Dunkelheit die Grenze zur Tschechoslowakei überschritten. In der Nähe der slowakischen Hauptstadt Preßburg sind sie in Booten über die Donau gesetzt. Offenbar hatten sie den Auftrag, die neue slowakische Regierung zu schützen, und gleichzeitig sicherzustellen, dass die Unabhängigkeitserklärung, die Hitler Ministerpräsident Tiso heute abgerungen hat, auch wirklich umgesetzt wird. Sie sind von tschechoslowakischen Grenztruppen bemerkt worden, die sofort das Feuer eröffneten. Es hat den Anschein, dass die SS diese Eventualität nicht einkalkuliert hat.« Er stieß in einer abschätzigen Geste Rauch durch seine Nase.
    »Was fällt diesen Tschechen ein?«, kommentierte Clarson, zufrieden über die Gegenwehr der kleinen Nation. »Fangen an zu schießen, wenn man in ihr Land einfällt.«
    »Jedenfalls haben sich aus dem Ganzen schwere Gefechte entwickelt mit nicht unerheblichen Verlusten auf beiden Seiten. Der Führer ist außer sich vor Wut. Und das Schlimmste für ihn: Seine SS hat ordentlich den Hintern versohlt bekommen. Er hat getobt wie kaum jemals zuvor und die sofortige Vernichtung der Tschechoslowakei befohlen.«
    »Was soll das bedeuten?«, antwortete Clarson, noch ganz unter dem Eindruck seiner Begegnung mit dem SD stehend, » Vernichtung eines Landes? Der Mann redet, als handele es sich um Ungeziefer.«
    »Der tschechische Gesandte ist für morgen früh um elf Uhr in die Reichskanzlei einbestellt worden, um die Kriegserklärung entgegenzunehmen«, setzte Binnewies seinen Bericht mit monotoner Stimme fort. »Die Prager Regierung ihrerseits hat Hilfsgesuche an die Regierungen der Westmächte gesandt und aus Paris kam bereits die Meldung, dass die Nationalversammlung für morgen einberufen ist mit dem Ziel, die allgemeine Mobilmachung zu beschließen.«
    »Schon irgendwelche Reaktionen aus London?«
    »Nein, wird aber kaum lange auf sich warten lassen.«
    »Wie gedenkt sich Hitler vor der Weltöffentlichkeit zu rechtfertigen?«
    »Nun, die offizielle Lesart ist, dass die SS auf Einladung des slowakischen Teilstaates die Grenze überschritten hat und die tschechoslowakische Regierung der Aggressor ist.«
    »Das ist eine lächerliche Erklärung.«
    »Bedeutungslose Propaganda. Aus dem Hut gezaubert, um vor dem eigenen Volk nicht als Angreifer dazustehen. Das Problem ist, dass die Phase der schrittweisen Eskalation der Ereignisse mit inszenierten Zwischenfällen zwischen Tschechen und Slowaken wegfällt und der allgemeine Krieg jetzt schneller kommen wird, als uns lieb sein kann.«
    »Wie viel Zeit bleibt, bis ernsthafte Kampfhandlungen aufgenommen werden?«
    Im letzten Krieg hatte es nach der Mobilmachung auf allen Seiten immerhin noch eine ganze Woche gedauert, bis die ersten Schüsse fielen.
    »Die Geschwader der Zweiten Luftflotte haben Befehl erhalten, morgen Nacht aufzusteigen, um beim ersten Tageslicht Prag dem Erdboden gleichzumachen. Zur selben Zeit werden Jäger und taktische Bomber in den tschechischen Luftraum eindringen, um die beginnende Großoffensive des Heeres zu unterstützen.«
    »Was wird aus meiner Reise nach London?«
    »Genau zu dem Zeitpunkt, an dem wir Sie auf Friedensmission nach London schicken wollten, werden stattdessen Sturzkampfbomber auf die tschechischen Linien niedergehen.«
    »Und der geplante Umsturz?«
    Binnewies breitete die Arme aus und gab ein verzagtes Stöhnen von sich. »Wie es aussieht, haben Hitler und die Schergen des SD den Sieg davongetragen.«
    »Noch hat der Krieg nicht begonnen«, argumentierte Clarson gegen Binnewies’ Verzagtheit an. »Wenn wir keine Zeit verlieren, können wir vielleicht noch rechtzeitig alles Notwendige in die Wege leiten.«
    »Genau darum habe ich Sie hergebeten«, entgegnete Binnewies, bat ihn am Kamin Platz zu nehmen und ließ sich selbst ebenfalls dort nieder. »Offen gesagt, ich hatte befürchtet, dass die Episode von vorhin Sie eingeschüchtert hätte.«
    Clarson setzte sich auf den freien Sessel gegenüber dem Major, ohne etwas zu erwidern. Das genaue Gegenteil war der Fall. Mehr denn je war er entschlossen, zum

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