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Die Göring-Verschwörung

Die Göring-Verschwörung

Titel: Die Göring-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Müller Hale
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konnte. »Wir wissen leider nichts über den Verbleib der beiden Damen. Doch Reichsminister Dr.   Goebbels ist im Haus. Wir melden Sie gerne bei ihm an.«
    Clarson wartete sitzend in einem Vorraum unter alten Wandteppichen mit Darstellungen von Hirschjagden in der brandenburgischen Mark, während er sich ausmalte, wie Ariane, zwischen Goebbels und Magda eingeklemmt, die Lobpreisungen auf Hitlers zu Stein gewordenen Größenwahn ertragen musste. Schließlich erschien ein grauhaariger Zivilangestellter in Livree. »Der Reichsminister möchte Sie gleich sprechen. Bitte folgen Sie mir.«
    Er führte ihn durch eine Verbindungstür und einen kleinen Gang in den ausgedehnten Innenhof der Neuen Reichskanzlei. Der sogenannte Ehrenhof war Teil der auf Einschüchterung ausländischer Diplomaten angelegten Architektur, deren einziger Zweck die Demonstration von Macht war. An überlebensgroßen Statuen unbekleideter Männer in heroischen Posen vorbei und von Ehrenwachen der Leibstandarte interessiert beäugt, betraten sie nach einer Vorhalle den Mosaiksaal, einen gänzlich in rotem Marmor gehaltenen Raum von knapp fünfzig Metern Länge, dessen Licht durch das Milchglas der Decke einfiel. Der blanke Fußboden ließen jeden Schritt laut widerhallen und rief dem Besucher auf diese Weise deutlich ins Bewusstsein, dass der leere Raum einer Funktion entbehrte.
    Der Zugang zum nächsten Raum war erneut von zwei der schwarz uniformierten Männer der Leibstandarte bewacht, die mit Stahlhelm und Gewehr auf kleinen Podesten rechts und links der hohen Flügeltüren in Pose standen. Allein ihre Koppel und Handschuhe waren in weißer Farbe gehalten, davon abgesehen unterschied sie nichts von einem Frontsoldaten. Es folgte ein weiterer Saal, der keinem rechten Zweck diente außer der Einschüchterung seiner Besucher. Er war kreisrund gehalten und dem Pantheon in Rom nachempfunden. Alles war in der Illusion erbaut, antiken Cäsaren gleich Größe und Ruhm in steinernen Bauten manifest machen zu können.
    Adolf Hitler war unbändig stolz auf seine neue Residenz, pflegte von Zeit zu Zeit eigenhändig Gäste durch die Säle zu führen und dabei mit der Kenntnis baulicher Details zu prahlen. Gleichwohl beabsichtigte er, nach dem Sieg im großen Krieg und dem Aufstieg seines Reiches zur dominierenden Weltmacht weiterzuziehen in ein ungleich größeres Gebäude, den sogenannten Führerpalast. Die Planungen dafür waren abgeschlossen, erste Baumaßnahmen hatten begonnen.

33
    Schließlich hatten sie die mit hundertfünfzig Metern Länge normale Dimensionen sprengende Marmorgalerie erreicht. Der wolkenverhangene Himmel ließ nur trübes Tageslicht durch die hohen Fenster auf der Längsseite zur linken Hand dringen. Stattdessen hüllten als Nachbildungen weißer Kerzen gestaltete Wandleuchten, die sich in dem glanzpolierten Boden aus altrotem Marmor widerspiegelten, die Halle in warmes Licht. Die der Fensterfront gegenüberliegende Wand war mit Teppichen aus dem Wiener Kunsthistorischen Museum geschmückt, auf denen heroische Szenen der Antike zu bestaunen waren. Davor hatte man großzügige Sitzgruppen arrangiert. Seinen Ausmaßen zum Trotz war der riesige Raum kaum der zentrale Prozessionssaal eines modernen Jupitertempels, wie die Londoner Presse geschrieben hatte. Er glich eher einem ins Absurde vergrößerten möblierten Korridor eines Herrenhauses in der Provinz.
    Auf halbem Weg durch den endlosen Saal befanden sich die turmhohen Eingangstüren zum Arbeitszimmer des Führers, markiert von zwei jungen, großen Kerlen der Leibstandarte. Knapp zwei Dutzend Männer warteten stehend oder sitzend in der Nähe. Uniformträger überwogen unter ihnen so deutlich, dass man sich in Zivil regelrecht unzureichend gekleidet vorkam. Clarson erkannte eine Reihe der Herren von der gemütlichen Teerunde auf Schwanenwerder am Abend seiner Ankunft wieder. Nun starrten sie zu ihm wie zu einem störenden Eindringling hinüber. Die Anspannung des Augenblicks war deutlich in ihren Gesichtern abzulesen. Keiner der Anwesenden konnte sicher vorhersagen, welche Ausmaße die Flut des bevorstehenden Blutvergießens annehmen würde und ob er von ihr zu größerer Herrlichkeit gespült oder in den Abgrund gerissen würde. Ihr Führer hatte das Großdeutsche Reich wie einen goldenen Chip auf den Roulettetisch geworfen und die Kugel rollte bereits.
    Etwas abseits der kleinen Versammlung saß Goebbels, wie alle anderen zum Warten verurteilt, seltsam isoliert auf einem Polsterstuhl

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