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Die Göring-Verschwörung

Die Göring-Verschwörung

Titel: Die Göring-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Müller Hale
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Deutschland«, antwortete Heydrich ernst. »Das werden Sie während Ihres Aufenthaltes noch häufiger feststellen. Sie kommen aus einem stagnierenden System und sind das nicht gewohnt.« Dann erschien zum ersten Mal und nur für einen kurzen Augenblick ein Lächeln auf seinen Lippen. »Richten Sie sich besser darauf ein.«

34
    Zwischen den Regierungsgebäuden trieb der beißend kalte Kontinentalwind ein paar letzte Schneeflocken durch Straßen, in denen es vor Uniformen wimmelte. Alle bewegten sich noch gehetzter als am Vortag, von den Vorzeichen des aufziehenden Krieges nur im Vorbeigehen Notiz nehmend.
    Auf dem Flachdach des Propagandaministeriums war ein Trupp Soldaten dabei, ein diskret in Stellung gebrachtes Flakgeschütz mit einem Tarnnetz zu bedecken. Man schien den eigenen Phrasen von der Undurchdringlichkeit des deutschen Luftraumes nicht vollständig zu vertrauen.
    Fünf uniformierte Männer der Berliner Polizei hatten sich vor dem Eingang der Botschaft postiert und blockierten den schmalen Bürgersteig. Passanten waren gezwungen, auf die Straße auszuweichen, wo sie Gefahr liefen, in einen der Lastwagen zu laufen, die Truppen zu ihren Sammlungsorten karrten.
    Einer der Polizisten hielt Clarson einen Schlagstock gegen die Brust und verwehrte ihm den Durchgang.
    »Was soll das?«, erkundigte sich Clarson.
    »Tut mir leid, die diplomatische Vertretung Großbritanniens ist für den Besucherverkehr geschlossen.«
    »Nun, das wird für mich nicht gelten   – als Botschaftsangehörigem«, versuchte sich Clarson mithilfe seines englischen Akzents an dem Posten vorbeizubluffen.
    »Ausweis?«, erwiderte dieser gleichgültig.
    Clarson zögerte.
    »Ohne Diplomatenausweis können wir Sie nicht durchlassen, mein Herr.«
    »Verzeihen Sie«, antwortete Clarson, »ich habe mich nicht korrekt ausgedrückt. Ich wollte sagen, ich bin ein Angehöriger des Botschafters, des amtierenden Geschäftsträgers meine ich   – ein Cousin.«
    Der Uniformträger schaute sich unschlüssig um.
    »Ich kann Seine Exzellenz bitten, es Ihnen gegenüber zu bestätigen«, fügte Clarson hinzu.
    »Warten Sie«, sagte der Polizist und ging zu seinem im Hintergrund stehenden Vorgesetzten. Die beiden tauschten sich kurz aus und traten auf Clarson zu.
    »Das überprüfen wir«, sagte der das Kommando führende Beamte. »Wie ist der Name?«
    »Henry Charles Clarson.«
    »Melden Sie den Mann«, sagte er zu seinem Untergebenen. »Wenn die Botschaft bestätigt, lassen Sie passieren.«
    Clarson hoffte, dass der diensthabende Empfangschef, der seinen Namen vom heutigen Morgen kennen musste, klug genug war mitzuspielen, oder dumm genug, um selbst darauf hereinzufallen.
    Er wartete frierend auf den Stock gestützt, während sein Blick hinüber zur Allee Unter den Linden wanderte, wo das Holz der gefällten Bäume auf Pferdewagen gehievt wurde. Doch die Männer, die die dicken Stämme mit Seilen auf die Ladeflächen zerrten, trugen diesmal keine Uniformen des Reichsarbeitsdienstes, sondern waren schmale, graue Gestalten in abgewetzter Kleidung, umringt von Wachposten in schwarzen Wollmänteln.
    Als der Polizist nach einer Weile wieder am Eingang der Botschaft erschien, winkte er Clarson anstandslos durch.
    Ashfield begrüßte ihn in seinem Büro mit einem breiten Lächeln. Er konnte es kaum abwarten, dass Clarson Platz genommen hatte, bevor er sich mit durchgestrecktem Kreuz auf seinem Schreibtischsessel niederließ, froh seine gute Laune teilen zu können. »Ich habe Recht behalten, mein Lieber.«
    »In welcher Hinsicht, Exzellenz?«
    »Schon bald wird ein großes Aufatmen durch Europa gehen«, verkündete er und nickte dazu mit der grauen Krone seines Haares. »Es tut mir leid, dass Sie Schwierigkeiten hatten, in die Botschaft zu gelangen. Doch eine Zeit lang hing tatsächlich Krieg in der Luft. Die Polizei wird allerdings bald abziehen und der normale Dienstverkehr wieder aufgenommen werden.«
    Clarson rätselte, wovon der Vizebotschafter reden mochte.
    »Ich habe eben mit meinem tschechoslowakischen Amtskollegen telefoniert«, fuhr Ashfield fort. »Er hat mich darüber in Kenntnis gesetzt, dass er Hitler heute Morgen die Bitte von Präsident Hácha um ein persönliches Gespräch auf höchster Ebene übermittelt hat. Der Führer hat zugestimmt, auf diese Weise die gegenwärtige Krise zwischen beiden Ländern zu bereinigen. Die beiden werden heute noch als Symbol für die gegenseitige Annäherung nahe der deutsch-tschechischen Grenze zusammentreffen.«

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