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Die Göring-Verschwörung

Die Göring-Verschwörung

Titel: Die Göring-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Müller Hale
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sechsundsechzigjährigen, stets fröstelnd wirkenden Präsidenten unmöglich gemacht, per Flugzeug nach Berlin zu kommen und er hatte angeboten mit dem Zug anzureisen. Hitler jedoch hatte eine Gelegenheit gewittert, in der sich zuspitzenden internationalen Krise keine Zeit verlieren wollen und darum das grenznahe Eger als Tagungsort ausgewählt. Die böhmische Kleinstadt, in der dreihundert Jahre zuvor der große Wallenstein seinen Meuchelmördern erlegen war, hatte bis zum Herbst 1938 noch zu Háchas Republik gehört. Hier hatte Hitler nach der Annexion der Grenzgebiete der Tschechoslowakei im letzten Oktober im Jubel der deutschsprachigen Bevölkerungsmehrheit gebadet.
    Háchas Sonderzug hatte ihn hinter der Grenze an Feldern vorbeigeführt, die übersät waren mit unzähligen olivfarbenen Zelten, Lkw und Panzerfahrzeugen als unmissverständliches Zeichen dafür, was auf dem Spiel stand. Nicht, dass es dessen noch bedurft hätte. Bedächtig und intellektuell wirkend, dazu von kleinem Wuchs, war er gleichwohl fest entschlossen, sein Land aus den Wogen des über Europa tobenden Sturms zu retten, indem er das Schiff der Prager Demokratie in die geschützte Bucht der Anlehnung an den mächtigen Nachbarn überführte.
    Bei ihrer Ankunft war er auf dem kleinen Bahnhof mit allen einem Staatsoberhaupt gebührenden Ehren empfangen worden. Eine Militärkapelle hatte die tschechoslowakische Nationalhymne angestimmt, während er die improvisierte Ehrenformation einer in der Nähe liegenden Infanteriedivision abgeschritten war.
    Zuvor hatten der Bürgermeister der Stadt und sämtliche Angestellten seiner Verwaltung das örtliche Rathaus überstürzt räumen müssen, um Scharen von Geheimpolizisten, Beamten des Auswärtigen Amtes sowie einer Abordnung der SS-Leibstandarte Adolf Hitler Platz zu machen.
    In der Mitte eines kleinen Festsaals, in dem gewöhnlich Hochzeiten und Kammerkonzerte stattfanden, war eiligst eine Sitzgruppe aufgestellt worden, bestehend aus Polstermöbeln und einem niedrigen, mit Getränken und Notizblöcken ausgestatteten Tisch.
    Die beiden Staatsgäste hatten dankbar Platz genommen, in der Hoffnung durch weitgehende Konzessionen den Herrscher jener Großmacht milde zu stimmen, die ihr Land im Norden, Westen und Süden wie das Maul eines gefräßigen Löwen umfasste.
    In einem Halbkreis ihnen gegenüber saßen ihre deutschen Gastgeber. General Wilhelm Keitel, Chef des Oberkommandos der Wehrmacht, Reichsaußenminister Joachim von Ribbentrop und Wilhelm Stuckart, Staatssekretär im Reichsinnenministerium, bildeten die Kulisse für Hitlers Spektakel und starrten mit düsteren Mienen auf ihre Gäste. Der bereitstehende Dolmetscher konnte sich im Hintergrund halten, da die Herren aus Prag beide des Deutschen mächtig waren.
    Hitlers Stuhl war leer geblieben. Er hatte es vorgezogen, seine Tiraden im Stehen auf seine Gäste niedergehen zu lassen. In deren Verlauf hatte er sich derart in Rage geredet, dass er begonnen hatte, erregt im Saal auf- und abzuschreiten.
    »Die Tschechoslowakei ist nichts weiter als eine Missgeburt des Diktats von Versailles. Aber die Geschichte hat nunmehr das Urteil über Ihr künstliches Staatsgebilde gesprochen.« Hitler hielt einen Augenblick inne, um Atem zu holen.
    Hácha, der noch nicht zu Wort gekommen war, nutzte die kleine Pause, um seine Vorschläge zur Annäherung beider Staaten zu unterbreiten. »Verehrter Führer, wir sind gekommen, um Ihnen zu versichern, dass es unsere feste Überzeugung ist, dass keine Konflikte zwischen unseren beiden Ländern bestehen, die nicht auf dem Wege bilateraler Konsultation ausgeräumt werden können. Im Feld der Außenpolitik sind wir bestrebt, uns gänzlich und in allen Belangen mit Ihnen abzustimmen. Mein Land ist darüber hinaus offen für den Abschluss einer Zoll- und Wirtschaftsunion mit dem Großdeutschen Reich.«
    »Dazu ist es jetzt zu spät«, wehrte Hitler missmutig ab. »Es ist vielmehr zum Schutze des Reiches notwendig, dass wir nach der erfolgten Unabhängigkeitserklärung der Slowakei das Protektorat über die Rest-Tschechei übernehmen, um selbst nach dem Rechten sehen zu können. Ich setze Sie daher hiermit davon in Kenntnis, dass in den Morgenstunden des kommenden Tages die Wehrmacht in tschechisches Territorium einmarschieren wird.«
    Hácha rang nach Luft, als er die Nachricht vernahm.
    »Ihre Regierung hat jetzt zwei Möglichkeiten«, fuhr Hitler mit harter Stimme fort. »Sie kann entweder eine flüchtige Gegenwehr leisten,

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