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Die Göring-Verschwörung

Die Göring-Verschwörung

Titel: Die Göring-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Müller Hale
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werden.
    »Nein, hab ich nicht.«
    »Wie ungewöhnlich. Warum nicht?«
    »Weil es zwecklos gewesen wäre. Magda hat sich verändert und nicht zum Guten.«
    »Tut mir leid, das zu hören.«
    »Unsinn, du hast mir doch schon die ganze Zeit damit in den Ohren gelegen, dass ich mir Illusionen mache«, gab Ariane zurück, verrührte ein Stück Zucker in ihrem Tee und ließ den Silberlöffel dabei klirrend gegen das Porzellan schlagen.
    »Hast du ihr vorgeschlagen, nach England zu kommen?«
    »Natürlich.«
    »Was hat sie geantwortet?«
    »Ein Dasein ohne Nationalsozialismus sei ihr nicht lebenswert.« Ariane neigte sich zu ihm hinüber und flüsterte ihm ins Ohr: »Ich war kurz davor, sie zu ohrfeigen.«
    »Du hast aber nicht?«, fragte Clarson, auf alles gefasst.
    Ariane schüttelte den Kopf. »Ich kann sie nicht mehr ertragen.«
    »Das sind ja ganz neue Klänge aus deinem Mund«, erklärte Clarson schmunzelnd, während er sich unter Mühen dazu überwand, unter der Bettdecke, seinem wohligen Schutzmantel gegen den Rest der Welt, hervorzukriechen. Im Zeitlupentempo erhob er sich und humpelte ins Bad. In der Aufrechten bekam der drückende Schmerz an den Schläfen eine ganz neue Qualität.
    Er drehte beide Hähne auf, tunkte eines der weißen Handtücher in das sich allmählich füllende Becken und tauchte sein Gesicht in den lauwarmen, nassen Stoff. Erst jetzt traute er sich, einen Blick in den kleinen, von einem bronzenen Rosenornament umrahmten Spiegel zu werfen. Es war immer wieder erstaunlich, wie innerhalb von nur einer Nacht aus einem zivilisierten Menschen eine Art Höhlenbewohner werden konnte. Was er sah, waren die erwarteten Folgen des Entschlusses, sich mit Jenner auf einen Parcours durch die Getränkekarte der Adlon-Bar begeben. Theobald Binnewies hatte versucht, sie zu begleiten, war jedoch während der russischen Wodka-Cocktails mit dem Kopf auf der Tischplatte liegengeblieben.
    »Wie lange wird er brauchen, um dir die Papiere zu besorgen?«, fragte Ariane, im Türbogen stehend. Im Hintergrund ertönte inzwischen Klavierspiel aus dem Volksempfänger. Binnewies hatte ihm versprochen, mit Göring bezüglich seiner Ausreisedokumente zu sprechen. »Warum rufst du nicht das Polizeipräsidium an«, fuhr sie fort, »und erkundigst dich selbst, wie die Dinge um deinen Pass stehen? Vielleicht haben Sie ja Ihr Interesse an dir verloren, jetzt wo sie die siegreiche Invasion in ein friedliches Nachbarland feiern.«
    »Mein Pass wird zusammen mit meiner Akte auf dem Pult von Obersturmführer Struttner liegen. Und der ist nicht gerade ein Freund von mir. Es ist besser zu warten, bis Binnewies mir neue Papiere über die Berliner Behörden organisiert hat.«
    Er rührte mit dem Pinsel die Rasierseife an und trug sie auf Kinn und Wangen auf. Eine morgendliche Rasur war ein Akt der Entspannung und Selbstbesinnung und machte selbst einen schweren Kater halbwegs erträglich. Elektrische Rasierer, wie sie jetzt in illustrierten Zeitungsanzeigen und auf Litfasssäulen beworben wurden, waren eine ganz unsinnige Erfindung und ein Beispiel dafür, wie die Fortentwicklung der Technik den Niedergang der Kultur vorantrieb.
    Es würde keinen Krieg zwischen Deutschland und der Tschechoslowakei geben und das hatte alle anderen Pläne hinfällig werden lassen. Von ihren Freunden im Stich gelassen, hatte die Prager Republik keine andere Möglichkeit als die Selbstaufgabe gesehen, in der illusorischen Hoffnung, von der kommenden Besatzungsmacht milde behandelt zu werden. Hitler hatte es wieder einmal geschafft. Er verfügte nun über ein paar Millionen weitere Arbeitskräfte, dazu kamen die tschechoslowakischen Goldreserven und die Skoda-Werke, die ihre modernen Panzer fortan für die Wehrmacht bauen würden. Der Nachbar Polen, zu dem sich die Beziehungen seit Januar rapide verschlechtert hatten, als von Ribbentrop bei einem Besuch in Warschau Gebietsforderungen gestellt hatte, würde bald auch an seiner Südgrenze deutsche Armeeverbände stehen haben. Göring hatte derweil den Schwanz eingezogen und sich nach Carinhall begeben.
    Die Lage hätte nicht bedrückender sein können. Doch Clarson hatte noch einen Trumpf, sah noch eine Chance, Hitler in die Suppe zu spucken. Und darum war er schließlich hier. Die Idee war simpel genug und hatte sich gestern Nacht, als er zwischen Binnewies und Jenner über seinem Glas gebrütet hatte, wie von alleine eingestellt.
    Eine knappe Stunde später stieg er mit Jenner in eines der auf dem Pariser Platz

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