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Die Götter 2. Das magische Zeichen

Die Götter 2. Das magische Zeichen

Titel: Die Götter 2. Das magische Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Grimbert
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zustieß. Sie wollten Lorilis die Entscheidung, ob sie von ihren Fähigkeiten Gebrauch machte oder nicht, selbst überlassen. Nicht einmal Zejabel wollte sie dazu drängen, sich abermals in den Zustand der Entsinnung zu versetzen.
    Najel wühlte der Bericht über den gescheiterten Versuch besonders auf. Lorilis hatte vielleicht den Schlüssel nicht gefunden, aber sie hatte eine Vision von Amanón in der Vergangenheit gehabt. Dieser Gedanke weckte eine tiefe Sehnsucht in dem Jungen … Was hätte er darum gegeben, sich fünfzehn Jahre in die Vergangenheit zurückzuversetzen, um für einen kurzen Moment seine Mutter zu sehen, die er nie kennengelernt hatte. Ohne Zögern hätte er jedes Risiko in Kauf genommen.
    Doch leider besaß er keine magischen Fähigkeiten. Das Schicksal hatte es nicht für nötig befunden, ihm so etwas mit auf den Weg zu geben. Er war und blieb derselbe, der er stets gewesen war: Najel’b’ree, ein ruhiger und einfühlsamer Junge, der sich seiner Schwester unterordnete, der künftigen Königin von Wallatt und damit auch seiner Herrscherin.
    Er liebte Maara aufrichtig, aber seit er mit den anderen Erben durch die Oberen Königreiche reiste, ließen ihm einige Dinge keine Ruhe. Vor allem fragte er sich, ob sein Platz auch in Zukunft in Wallos wäre, jetzt, da König Keb nicht mehr lebte. Najel kannte die Antwort nicht. Andererseits hatte er nur noch seine Schwester, und er konnte sich nicht vorstellen, für immer von ihr getrennt zu leben. Doch der Gedanke an eine Heimkehr in sein Land machte ihn nicht froh. Er hatte so viel von der Welt gesehen, seit er Wallos verlassen hatte, so viele Abenteuer erlebt … Das Universum war groß, und es gab noch viel Neues zu entdecken, bevor er daran denken wollte, sich irgendwo niederzulassen!
    Aber er musste diese Entscheidung ja auch nicht sofort treffen. Fürs Erste segelten sie gen Westen, fort von seiner Heimat. Najel bedauerte, dass er diese friedlichen Momente nicht in vollen Zügen genießen konnte – doch die Erben wurden von so vielen Sorgen geplagt, dass sie ihr Ziel möglichst schnell erreichen wollten. Alle hofften, Usul zu finden und von dem einstigen Gott endlich ein paar Antworten zu bekommen – vor allem, was das Schicksal ihrer Eltern anging. Vielleicht würden sie dann endlich Gewissheit haben, auch wenn sie womöglich ein Leben lang von den schrecklichen Bildern des Schiffbruchs verfolgt würden.
    So verging Tag um Tag, und die Gefährten entwickelten gewisse Gewohnheiten. Sie konnten nicht ständig an der Reling stehen und Trübsal blasen, selbst wenn es an Bord nicht viele Möglichkeiten gab, sich zu beschäftigen. Am umtriebigsten waren wohl Josion und Zejabel. Nach ihrer Annäherung hatten Mutter und Sohn begonnen, gemeinsam auf dem Hinterdeck zu trainieren, und ihre rasanten Übungen und ihr Geschick rissen die Erben immer wieder zu spontanem Beifall hin. Ihre Versöhnung war wirklich ein Anlass zur Freude. Zwar waren sie weit davon entfernt, einander ständig um den Hals zu fallen oder sich Komplimente zu machen, aber allein der Umstand, dass sie nicht mehr stritten, war ein Hoffnungsschimmer.
    Indes zerbrach sich Damián weiterhin den Kopf über die Geheimschrift seines Vaters. Er hatte Lorilis’ Theorie eigentlich schon längst verworfen: Wenn Amanón seinem Sohn tatsächlich den Schlüssel geliefert hätte, hätte er mittlerweile daran erinnern müssen. Aber er war noch nicht bereit, seine Niederlage einzugestehen. Insgeheim hegte er immer noch die Hoffnung, am Ende so erfolgreich dazustehen wie sein Großvater Reyan. Doch das Rätsel schien zu schwierig für ihn zu sein – dabei hatte er in der Grauen Legion als einer der klügsten Köpfe gegolten. Mit jedem Tag, der verging, ließ Damiáns Eifer nach. Er verbrachte immer weniger Zeit vor den Manuskriptseiten und erzählte jedem, der es hören wollte, dass die Antwort ohnehin nicht zu finden sei.
    Guederic machte seinem Bruder Mut, so gut es ging, aber auch um ihn stand es nicht zum Besten. Ähnlich war es mit Souanne. Beide kapselten sich zunehmend von den anderen ab. Erst wurden sie wortkarg, dann mürrisch und schließlich reizbar – völlig grundlos, wie es schien. Sie gerieten über Nichtigkeiten außer sich vor Wut: ein Knoten, der sich nicht lösen ließ, Essen, das nicht gar gekocht war, der Wind, der nicht aus der gewünschten Richtung blies. Über solche Kleinigkeiten konnten sie mehrere Dezimen lang laut fluchen. Immerhin achteten sie darauf, ihren Missmut nicht

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