Die Götter - Das Schicksal von Ji: Die Götter 4 - Roman (German Edition)
plötzlich auf dem Boden rollten und versuchten, sich gegenseitig zu erwürgen, wagte das Mädchen den Sprung ins kalte Wasser und drang abrupt in den Geist des Hexers ein. Ihr war, als stürzte sie sich kopfüber in einen unbekannten See, ohne zu wissen, wie tief oder kalt er war und ob es gefährliche Strömungen gab. Im ersten Moment hatte sie dann auch das Gefühl zu ertrinken.
Saats Geist war anders als alles, was sie bisher gesehen hatte. Sie fand sich inmitten eines wilden Chaos umherwirbelnder Energieströme wieder. Jetzt begriff sie, warum ihr Großvater Yan auf die Idee gekommen war, die Ströme des Hexers zu nutzen, um eine Verbindung ins Jal zu erschaffen und sich und seine Gefährten von dem brennenden Kutter zu retten. Das energetische Gewitter, das den Hexer umgab, musste auf mehrere Meilen Entfernung mühelos wahrnehmbar sein.
Als sich Lorilis von der Überraschung erholt hatte, konzentrierte sie sich auf ihr Ziel. Zum Glück fand sie den Energiestrom, nach dem sie suchte, ohne große Schwierigkeiten. Zwar war er nur ein einzelner Lichtstrahl unter vielen, aber er wies im Gegensatz zu allen anderen senkrecht in die Höhe und entging deshalb ihrem aufmerksamen Auge nicht. Ohne weiter nachzudenken, begann Lorilis, die gebündelten Energieströme der Erben um diesen Lichtstrahl zu wickeln. Dabei fürchtete sie ständig, dass Saat sie bemerkte und aus seinem Geist verdrängte. Dann wäre alles verloren.
Doch der Hexer war viel zu sehr damit beschäftigt, sich gegen Guederic zur Wehr zu setzen, und so stand das Mädchen plötzlich mit klopfendem Herzen kurz vor dem Durchbruch. Jeden Moment würde sie einen Übergang ins Jal öffnen können.
Ihr Geist war überhitzt von all den Energieströmen, die sie kontrollieren musste, und Lorilis war angespannt wie die Sehne eines Bogens. Rasch gab sie Josion das vereinbarte Zeichen.
Er reagierte sofort und schob die anderen nach vorn. Sie nahmen einander bei den Händen, Damián legte Guederic die Hand auf den Rücken, und endlich konnte Lorilis die geballte Energie entfesseln, die sie mühsam zurückgehalten hatte. Ein gleißendes Licht blitzte auf und riss sie fort.
Einen Herzschlag lang nahm sie sich selbst als reine Energie wahr. Sie war ein spirituelles Wesen, das entlang eines Strahls, der jederzeit zerreißen konnte, ins Nichts raste. Zum ersten Mal seit dem Beginn ihrer Bemühungen fragte sich das Mädchen, ob sie richtig gehandelt hatte. Diente das, was sie getan hatte, tatsächlich einer guten Sache? Welches Recht hatte sie, das Chaos zu verschlimmern, das die Welt bedrohte? Indem sie einen Übergang zu einem Ort schuf, den es eigentlich gar nicht mehr gab, zerstörte sie alles, wofür Generationen von Erben vor ihr gekämpft hatten. Durch ihre Schuld nahm das Jal wieder Gestalt an.
Von Schuldgefühlen geplagt und völlig ausgelaugt von den Anstrengungen, brauchte sie eine ganze Weile, bis sie ihren Körper wieder spürte. Sie lag ausgestreckt auf dem Boden, vermutlich immer noch in Saats Arbeitszimmer, inmitten der reglosen Körper ihrer Freunde. Kein wunderschöner Garten erwartete sie. Die Erben waren einfach nur für einen Moment in grelles Licht getaucht gewesen. Ihr Abenteuer war zu Ende.
Lorilis hatte keine Lust, die Augen zu öffnen und ihr Scheitern festzustellen. Sie wollte nur noch zusammengekrümmt daliegen und auf den Tod warten, den Kopf ins Gras gebettet…
Plötzlich konnte sie wieder klar denken. Gras?
Abrupt richtete sie sich auf, vielleicht ein wenig zu schnell, denn sie wurde von dem Schwindel erfasst, der charakteristisch für das Dara war. Die Gärten des Dara! Sie hatten es geschafft!
Um sie herum erhoben sich schwankend Najel, Souanne, Maara, Damián, Josion, Zejabel und Guederic. Sie befanden sich in einem überirdisch schönen Tal, das Lorilis, obwohl sie es zum ersten Mal sah, sofort erkannte. Es gab keinen Zweifel, dass dies ein Ort für Unsterbliche war. Er war hundertmal prachtvoller als seine irdische Entsprechung– allerdings auch hundertmal gefährlicher. Dieser Gedanke streifte Lorilis aber nur flüchtig, bevor sie sich wieder in der Betrachtung der atemberaubenden Landschaft, ihrer bunten Farben und betörenden Düfte verlor. Wie konnte ein so idyllisches Fleckchen Land so viel Leid hervorrufen?
Doch auch diese Frage hatte sie gleich wieder vergessen. Auf der gegenüberliegenden Seite des Tals tauchten mehrere Gestalten auf. Sie rannten auf sie zu, einige schneller, andere langsamer. Die Gefährten erkannten
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