Die Götter - Das Schicksal von Ji: Die Götter 4 - Roman (German Edition)
Hoffnungen mehr. Diese Begegnung konnte nur auf eine Art enden: Eine der beiden Seiten würde den Tod finden, und der Hexer zweifelte offenbar nicht an seinem Sieg.
» Ihr sprecht sicher von den Zeichen, die ihr von meinem Mantel abgeschrieben habt?«, fragte er zuckersüß. » Eure sind nur ungelenkes Gekritzel, aber bitte schön, wenn sie euch gefallen… Ach ja, was haltet ihr übrigens hiervon?«
Er zuckte kurz mit dem Zeigefinger, und ein zentnerschwerer Schreibtisch aus massivem Holz flog quer durch den Raum auf Damián zu. Der Ritter konnte im letzten Moment ausweichen, und das Möbelstück krachte mit ohrenbetäubendem Getöse gegen die Wand. Guederics Blut kochte über. Das war zu viel! Er marschierte geradewegs auf den Hexer zu, fest entschlossen, kurzen Prozess mit ihm zu machen.
Saat legte den Kopf zur Seite und sah ihn belustigt an. » Nein, nein, mein Junge, nicht so hastig!«, sagte er süffisant.
Abermals zuckte er fast unmerklich mit der Hand. Diesmal raste ein ganzes Bücherregal von der gegenüberliegenden Wand auf Guederic zu. Der junge Mann war so überrascht, dass er nicht rechtzeitig beiseitesprang und rückwärts zu Boden geschleudert wurde. Staubige Bücher und halb verschimmelte Manuskripte prasselten auf ihn nieder. Für einen Augenblick verschlug es ihm den Atem. Jeder Knochen tat ihm weh. Doch gleich darauf versetzte er den Büchern wütende Fußtritte, schob das Möbelstück von sich und sprang auf die Füße, das Gesicht vor Hass verzerrt.
» Ah!«, rief der Hexer begeistert. » So erkenne ich dich wieder.«
Plötzlich wurde seine Miene hart, und er streckte drohend die Hand in Josions Richtung aus. Während Saat mit Guederic beschäftigt gewesen war, hatte Zejabels Sohn einen Schritt auf ihn zugemacht.
» Wagt es nicht, euch mir zu nähern, oder ich lasse das Haus über euch einstürzen. Vielleicht reiße ich auch einen Abgrund vor euren Füßen auf. Oder ich durchbohre euch mit meinen Spielzeugen dort drüben. Die Schriftzeichen mögen euch vor einem direkten Angriff schützen, mehr aber auch nicht. Also verhaltet euch ruhig, damit wir reden können.«
Schwer atmend hielt Guederic nach besagten Spielzeugen Ausschau. An der Wand über den Bücherregalen entdeckte er eine ganze Sammlung von Dolchen, Äxten und Wurfmessern. Ihnen wäre sehr viel schwieriger auszuweichen als einem Schreibtisch.
» Was willst du?«, fauchte Maara. » Spuck es aus, bevor wir dir den Rest geben.«
» Ich hatte von meiner Enkelin etwas mehr Respekt erwartet«, sagte der Hexer ironisch.
» Stirb, du Hund!«, stieß Maara zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
» Das habe ich bereits getan«, spottete Saat. » Und wo wir beim Thema sind…«
Er stand auf, hob die Truhe an, die er während des Gesprächs unablässig getätschelt hatte, und stellte sie auf den Sessel. Guederic wollte seine Unachtsamkeit nutzen und sich auf ihn stürzen, aber dazu bot ihm der Hexer keine Gelegenheit. Während er mit der Truhe hantierte, ließ er die Erben nicht den Bruchteil einer Dezille aus den Augen.
» Nun gut«, sagte er schließlich. » Wer von euch möchte erfahren, was sich in Sombres Grab befand?«
Die Szene schien ihm diebische Freude zu bereiten, im Gegensatz zu den Erben, die zwischen Abscheu und Angst hin und her schwankten. Guederic fühlte sich wie im Fieber. Die Truhe war zu klein, um die Leiche eines Mannes zu enthalten. Was mochte sich darin befinden? Knochen? Abgetrennte Gliedmaßen? Ein Kopf? Oder was sonst für eine Abscheulichkeit?
» Niemand?«, fragte der Hexer belustigt. » Schade. Ich werde die Truhe trotzdem öffnen. Sieh gut hin, mein Junge!«
Er ließ die Verschlüsse aufschnappen, hob mit theatralischer Geste den Deckel an und trat beiseite, damit die Erben ins Innere blicken konnten. Darin lag die Statue eines Kindes, ein etwa sieben- oder achtjähriger Junge in Fötusstellung, die Augen geschlossen.
» Sein Körper ist aus reinem Gwel«, erklärte Saat. » Das war alles, was ich im Grab des Bezwingers fand. In diesen Zustand verwandelte sich Sombre zurück, nachdem eure nichtsnutzigen Eltern seine Leiche auf Ji verscharrt hatten.«
Guederic hörte gar nicht, wie Saat seine Eltern beleidigte. Auch die verblüfften Gesichter der anderen und den stechenden Blick, mit dem ihn der Hexer musterte, nahm er nicht wahr. Er hatte nur noch Augen für die zusammengekrümmte Gestalt in der Truhe. Plötzlich stieg eine grausame Wahrheit in ihm auf, eine Wahrheit, die er gleich wieder ins
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