Die Götter - Das Schicksal von Ji: Die Götter 4 - Roman (German Edition)
es nicht anders«, sagte die Zü.
Diese Antwort war für Guederic ein Schlag ins Gesicht. Wie versteinert blieb er stehen und zwang die beiden so, sich überrascht zu ihm umzuwenden.
» Aber diese Kreatur ist doch nicht wirklich Zuïa«, rief er verärgert. » Sie ist bloß ihre Wiedergeburt. Eine gewöhnliche Sterbliche mit der Seele einer einstigen Dämonin. Sie kann nichts dafür, was mit ihr geschehen ist.«
» Das gilt auch für die anderen Verdammten«,gab seine Tante zurück, » was dich aber nicht davon abgehalten hat, sie niederzumetzeln.«
Sie hatte nicht einmal die Stimme gehoben, aber das musste sie auch nicht. Wenn Zejabel jemanden mit Worten verletzen wollte, schlug sie ebenso flink und präzise zu wie mit dem Dolch. Und sie hatte Guederic mitten ins Herz getroffen.
» Aber … das ist doch etwas ganz anderes! Sie ist eine echte Göttin, wenn auch aus dem Karu. Während die anderen nur die Wiedergeburten elender Lemuren sind …«
Er unterbrach sich selbst, als er merkte, wie wenig überzeugend seine Worte klangen. Solche Gedanken behielt er besser für sich. Wie sollte er rechtfertigen, dass er einerseits für die niederen Dämonen tiefe Verachtung empfand, für ein Ungeheuer vom Schlage Zuïas aber einen gewissen Respekt? Ein abscheulicher Gedanke, wenn man es recht bedachte!
Zum Glück verlangte Zejabel keine Erklärung von ihm.
» Die Kreatur, die sich jetzt vermutlich im hintersten Winkel ihrer Höhle verkriecht, ist weit mehr als eine besessene Sterbliche«, stellte die Zü klar. » Du hast doch heute Nacht auch ihre Schreie gehört. Sie hatten nichts Menschliches mehr an sich. Wenn ich nichts gegen Zuïa unternehme, wird sie alle Kräfte, die sie einst als Dämonin hatte, zurückerlangen, und dann ist es zu spät.«
» Und was ist mit mir?«
Guederic erkannte seine eigene Stimme nicht wieder, so klagend und flehentlich klang sie. Aber er konnte nicht länger schweigen.
Josion wandte sich verlegen ab.
» Was ist mit mir?«, wiederholte Guederic. » Steht mir das auch bevor? Wahnsinn? Verrat? Haben meine Eltern dich davor gewarnt? Was verbirgst du noch für Geheimnisse, Tante? Gibt es noch Hoffnung für mich?«
Eine Weile starrte Zejabel ihren Neffen ungerührt an, ganz so, wie man es von ihr gewohnt war. Dann stieß sie einen langen Seufzer aus. Mit solch einer Reaktion hatte Guederic nicht gerechnet. Noch überraschter war er, als sich die Zü auf einem Felsen niederließ und ihm bedeutete, sich neben sie zu setzen.
» Ich hatte nicht vor, Geheimnisse für mich zu behalten, Guederic«, sagte sie. » Es hat sich einfach so ergeben.«
Sie seufzte erneut und vergewisserte sich, dass Josion die Umgebung überwachte. Dann fuhr sie fort: » Du warst zwei oder drei Jahre alt, als deine Eltern zum ersten Mal etwas Auffälliges bemerkten. Du sprachst von Dingen und maltest Szenen, die dem ähnelten, was wir erlebt hatten. Und du warst nicht der Einzige. Erynes Waisenhäuser waren voll von Kindern mit seltsamen Fähigkeiten. Viele von ihnen waren missgestaltet und starben jung, aber du hast überlebt. Und jeden Tag gab es neue Beweise dafür, dass du Sombres Wiedergeburt sein könntest.«
Guederic schluckte geräuschvoll. Er konnte es langsam nicht mehr hören.
» Es war nur eine Möglichkeit, keine Gewissheit«, stellte Zejabel klar. » Jedenfalls taten deine Eltern alles, um das Schicksal zu beeinflussen und dich von den Visionen abzulenken. In deiner Gegenwart sprachen sie nie mehr von der Vergangenheit, und sie baten uns, es ebenfalls nicht zu tun. Sie nahmen dir das Gwelom ab, das sie dir bei deiner Geburt umgehängt hatten. Es hatte ja ohnehin seine Macht verloren und war nur noch ein gewöhnlicher schwarzer Stein. Sicherheitshalber nahmen sie Damián sein Gwelom ebenfalls ab. Und so konnten sie dich retten, Guederic. Du bist zu einem jungen Mann herangewachsen, der nichts mit den Verdammten gemein hat, die hier im Tal in den Höhlen hausen.«
» Aber du bist der Meinung, ich sei Sombre«, murmelte Guederic traurig. » Oder vielmehr, dass ich es war. Du bist davon überzeugt.«
» Nol hat dich erkannt«, erklärte die Zü. » Daher gibt es nun keinen Zweifel mehr. Aber der Hüter hat dich mit offenen Armen empfangen. Du bist kein Dämon mehr. Und wenn doch, bin ich auch nicht besser als du.«
Trotz ihres ernsten Gesichts gelang es ihr, Guederic ein flüchtiges Lächeln zu entlocken.
» Und warum kam ich ausgerechnet zu meinen Eltern?«, fragte Guederic. » Wenn all das wahr ist,
Weitere Kostenlose Bücher