Die Götter - Das Schicksal von Ji: Die Götter 4 - Roman (German Edition)
gemacht hatten. Sie wussten jetzt, dass ihre Eltern ein neues Jal erschaffen hatten und sich dort befanden. Maara rief allen in Erinnerung, dass auch Saat an der Schöpfung dieses neuen Jal beteiligt gewesen war, ein Gedanke, den sie nur schwer ertrug. Guederic war noch direkter: Seiner Meinung nach war der Hexer an allem Unheil dieser Welt schuld, und es gab nur einen Weg, ihn aufzuhalten. Souanne hingegen riet zur Besonnenheit und wies auf die übernatürlichen Kräfte ihres Feinds hin. Außerdem verfügte er über Heerscharen von Männern, die sein Zeichen auf der Stirn trugen, und war allem Anschein nach unsterblich.
Zejabel beteiligte sich nicht an dem Gespräch. Ihr Blick war immer glasiger geworden, und irgendwann war sie in einen unruhigen Schlaf gefallen. So war Najel der Letzte, der das Wort ergriff. Er nutzte die Gelegenheit, um von dem zu sprechen, was ihn neben dem Verschwinden seines Vaters am meisten zusetzte: Usuls Prophezeiungen. » Einer deiner Gefährten wird einen anderen töten!«, hatte der Gott gesagt. Und: » Einer von euch wird eine Entscheidung zu treffen haben. Entscheidet er falsch, ist die Welt der Sterblichen dem Untergang geweiht!« Diese wenigen Worte waren dem Jungen eine schwere Bürde, zumal er spürte, dass ihn mindestens eine der Prophezeiungen unmittelbar betraf. Nur wie? Würde er über das Schicksal der Welt zu entscheiden haben? Würde einer seiner Gefährten ihn töten? Oder würde er selbst zum Mörder werden? Und wenn ja, wer würde sein Opfer sein?
Natürlich konnten ihm die anderen diese Fragen nicht beantworten. Sie warfen ihm lediglich mitfühlende Blicke zu. Allerdings hatte Najel den Eindruck, dass sie seine Sorgen weniger ernst nahmen als ihre eigenen. Irgendwie konnte er sie verstehen: Schließlich hatten sie die düsteren Prophezeiungen des schuppigen Dämons nicht mit eigenen Ohren gehört. Diese Last musste Najel allein tragen.
Nach kurzem Nachdenken sagte Damián: » Immerhin wissen wir jetzt, wo wir stehen. Auf folgende Fragen müssen wir eine Antwort finden: Wie ist es unseren Eltern gelungen, ein neues Jal zu erschaffen? Warum sind sie nicht in unsere Welt zurückgekehrt? Und wie können wir zu ihnen gelangen oder ihnen dabei helfen, das Jal wieder zu verlassen?«
» Auf welche Weise hat Saat seine dreckigen Finger im Spiel?«, ergänzte Maara.
» Wie können wir den Hexer besiegen?«, fügte Guederic hinzu.
» Und wie können wir uns vor seinen Kräften schützen?«, fragte Souanne.
Najel zögerte auszusprechen, was ihm auf der Zunge lag. Er wollte den anderen nicht den Mut nehmen, aber schließlich murmelte er trotzdem: » Und wie finden wir Antworten auf all diese Fragen?«
Seine Worte verfehlten ihre Wirkung nicht. Alle verstummten und wechselten ratlose Blicke. Sie saßen mitten in einem lebensgefährlichen Sumpf fest, und kein Gott wies ihnen mehr den Weg. Nur ein Wunder konnte sie jetzt noch retten.
Irgendetwas kitzelte Lorilis im Schlaf an der Nase, und sie verzog das Gesicht. Als sie gleich darauf das Krabbeln dünner Beine auf der Haut spürte, schreckte sie hoch. Heftig strich sie sich mit den Händen übers Gesicht und konnte nur mühsam einen Aufschrei unterdrücken. Sie bekam das Insekt, das sie geweckt hatte, nicht mehr zu Gesicht, und hörte nur noch das Sirren dünner Flügel, die im Morgennebel auf der Suche nach einem neuen Opfer davonschwirrten. Für Lorilis war die Nacht vorbei. Aber richtig fest geschlafen hatte sie ohnehin nicht.
Die Sümpfe des Lus’an waren menschenfeindlicher, als Lorilis sich das Jal’karu vorstellte. Die Luft war feucht und schwer, aber eiskalt. Überall gab es Wasser, aber es war ungenießbar. Im Umkreis von Meilen lebte keine Menschenseele, doch die ganze Nacht hielt sie ein lautstarkes Quaken und Zirpen wach. Am schlimmsten jedoch waren die Insektenwolken, die einen auf Schritt und Tritt verfolgten. Die Insekten waren überall: unter Wasser, auf der Oberfläche, auf sämtlichen Pflanzen, in den Bäumen, in der Luft, auf dem Boden und unter der Erde. Zejabel hatte ihnen am Vorabend mehrere Arten gezeigt, die für Menschen lebensgefährlich waren, aber von den Warnungen der Zü war Lorilis nur eine im Gedächtnis geblieben: Im Zweifelsfall hielt sie sich besser von allen Krabbel- und Fliegetieren fern. Als sie sich schlafen legte, wickelte sie sich die Kleider eng um den Körper. Trotzdem war sie in der Nacht immer wieder hochgeschreckt, weil sich ein Insekt auf ihrem Gesicht niedergelassen hatte.
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