Die Götter - Die Macht der Dunkelheit - Grimbert, P: Götter - Die Macht der Dunkelheit - Les Gardiens de Ji, Tome 3: Le deuil écarlate
vor seiner Geburt.
Es war die Rede von den Ereignissen nach dem Verschwinden des Jal. Damián las, wie die Lorelier Königin Agénors Verrat aufdeckten und wie Chebree abdankte, um ihrem Sohn Keb den Thron zu überlassen. Amanón schrieb auch über ganz persönliche Dinge, zum Beispiel, wie glücklich er darüber war, dass sich Erynes Bauch langsam wölbte. Er berichtete von ihren Plänen, sich in der Hauptstadt niederzulassen, und schilderte Nolans und Zejabels Umzug auf die Burg des Herzogtums von Kercyan … All dies wusste Damián bereits, aber es aus Amanóns Sicht noch einmal zu lesen, ging ihm sehr zu Herzen.
Gegen Mit-Tag, kurz bevor sich die Erben zu einem Mahl aus Fisch und gekochten Weizenkörnern versammelten, zählte Damián die Seiten, die er bereits transkribiert hatte. Es waren etwas weniger als fünfzehn. Die Arbeit ging ihm immer schneller von der Hand, weil er die Entsprechungen der Buchstaben mittlerweile auswendig wusste. Ebenso musste es seinem Vater ergangen sein, der seine Geheimschrift nach einer Weile sicher auch perfekt beherrscht hatte. Allerdings hatte Damián noch Hunderte von Seiten vor sich, und es würde vermutlich mehrere Dekaden dauern, bis er mit der Entschlüsselung fertig wäre. So viel Zeit hatten sie nicht.
Die Nachricht von seinem Erfolg wurde von den anderen begeistert aufgenommen, und alle wollten wissen, was auf den ersten Seiten stand. Damián fasste den Inhalt nur grob zusammen. Ungern wollte er Persönliches aus dem Tagebuch seines Vaters preisgeben. Während des Essens kam ihm diese Vorsichtsmaßnahme jedoch immer unnötiger vor. Welche anderen Geheimnisse enthielten die Hefte schon als solche, die die Insel Ji betrafen? Schließlich hatte sich Amanón nicht die Mühe gemacht, seine Aufzeichnungen zu verschlüsseln, um sie mit ins Grab zu nehmen. Er hatte gewollt, dass sie eines Tages von den Erben gelesen wurden. Ihren Inhalt für sich zu behalten, wäre selbstsüchtig gewesen. So traf Damián die einzig richtige Entscheidung, auch wenn es für ihn ein großes Opfer bedeutete.
» Ich brauche eure Hilfe«, erklärte er. » Wenn ich allein weitermache, dauert die Transkription zu lange. Zu zweit oder zu dritt würde es wesentlich schneller gehen.«
Damián sah sich am Tisch um und wusste mit einem Blick, wer für die Arbeit infrage kam. Lorilis wäre hervorragend geeignet gewesen, aber er zog es vor, dass sie mit Zejabels Hilfe ihre magischen Kräfte schulte. Auch Guederic und Souanne sollten gemeinsam an der Beherrschung ihrer Fähigkeiten arbeiten. Maara wiederum gab ihm mit einer abfälligen Kopfbewegung zu verstehen, dass sie kein Interesse an langen Schreibsitzungen hatte. Blieben also nur noch Josion und Najel.
» Ich helfe dir«, versprach sein Cousin. » Ich hatte sogar gehofft, dass du mich darum bittest«, fügte er mit einem kleinen Lächeln hinzu.
» Abgemacht. Najel? Kann ich auch auf dich zählen?«
Überrascht sah ihn der Junge an, dann strahlte er über das ganze Gesicht. » Natürlich!«, rief er.
Er wandte sich kurz zu seiner Schwester um, wie um ihre Erlaubnis einzuholen, doch die Barbarenprinzessin war mit den Gedanken woanders. Seit sie die Gwelome ins Meer geworfen hatte, wirkte sie verändert, nachdenklich und ruhiger, ja fast umgänglich. Sie klopfte sich mit ausgestrecktem Zeigefinger an die Lippen und starrte Guederic durchdringend an.
» Schön. Dann fangen wir gleich an«, sagte Damián.
Der restliche Tag verlief so friedlich, dass die Zeit wie im Flug verging, und der darauffolgende Tag bot ein ähnliches Bild. Josion wusste diese kostbaren Momente der Ruhe zu schätzen, war ihm doch klar, dass sie von kurzer Dauer waren und die Erben sich bald wieder in Gefahr begeben würden. Alle Passagiere der Wasserratte nutzten die Zeit, um zu Kräften zu kommen und sich auf das vorzubereiten, was sie in der Bibliothek des Tiefen Turms erwartete. Dorthin würden sie schneller gelangen, als ihnen lieb war, denn der Wind stand günstig, und das Schiff glitt majestätisch wie ein Seeadler über die Wellen vor der Küste des Kaiserreichs Romin. Saats Großsegler waren sie nicht mehr begegnet, was ebenfalls ein Grund zur Freude war und sie über den Verlust ihrer Gwelome hinwegtröstete. Allem Anschein nach hatten sie recht daran getan, die Steine zu opfern.
Der Himmel war ihnen allerdings weniger gewogen. Während dieser beiden Tage wechselten sich Regen und Sonnenschein ab. Josion störte das wenig. Er verbrachte die meiste Zeit am Tisch der
Weitere Kostenlose Bücher