Die Götter - Ruf der Krieger - Grimbert, P: Götter - Ruf der Krieger - Les Gardiens de Ji, Tome 1: La volonté du démon
durch die Ritzen zwischen den Brettern überwacht und sie schon seit einiger Zeit beobachtet. Sie hatten sich hinter Fässern, Stützpfeilern und umgestürzten Kähnen verschanzt, die in einem Halbkreis angeordnet waren.
Nur wenige Herzschläge nachdem sie den Schuppen betreten hatten, fiel die Tür krachend hinter ihnen ins Schloss. Souanne und die anderen wirbelten fast gleichzeitig herum: Drei Männer mit Schwertern versperrten ihnen den Weg nach draußen. Im selben Moment waren zehn oder zwölf weitere Kerle aus ihren Verstecken gesprungen und hatten den Kreis um sie geschlossen. Sie
saßen in der Falle. Wie hatten sie nur so unvorsichtig sein können?
Als Souanne das Zeichen sah, das die Männer auf der Stirn trugen, verfinsterte sich ihre Miene noch etwas mehr. Sie kannte das Symbol nicht, das ohne große Sorgfalt mit Tinte aufgetragen worden war, aber das machte die Sache nicht besser. Ganz sicher hatte es nichts Gutes zu bedeuten.
Aus dem Augenwinkel bemerkte sie, wie Damián sein Schwert zog. Die Bewegung riss sie endlich aus ihrer Erstarrung. Auch Souanne zog ihre Waffe und warf einen raschen Blick über die Schulter. Was sie sah, hob ihre Laune nicht gerade: Zwei ihrer Gefährten waren noch halbe Kinder, und während Najel immerhin seinen Wanderstock hatte, war Lorilis völlig unbewaffnet. Josion kam offenbar nicht auf die Idee, seinen Dolch zu ziehen, und auch Guederic trug keine Waffe. Seine Züge waren jedoch zu einer Grimasse verzerrt, die Souanne einen Schauer über den Rücken jagte. Nur Maara war neben die beiden Legionäre getreten und reckte ihren Feinden die Lowa entgegen. Zum ersten Mal seit ihrem Zusammentreffen war Souanne froh über ihre Anwesenheit. Trotzdem würde jeder von ihnen es mit mindestens drei Gegnern aufnehmen müssen.
»Werft Eure Waffen fort«, rief einer der Männer. »Ihr habt keine Chance.«
Damiáns Zögern war spürbar, und Souanne schämte sich für den Ritter. Dabei wusste sie, dass er eine unmögliche Entscheidung zu treffen hatte. Wenn sie kämpften, würden sie sterben, und wenn sie sich ergaben, würde sie früher oder später dasselbe Schicksal ereilen.
Der Mann, der das Wort an sie gerichtet hatte, trug als
Einziger keine Waffe. Vermutlich war er der Anführer. Er grinste siegessicher und freute sich offenkundig über seine leichte Beute. Darüber schien er jede Vorsicht zu vergessen, denn er näherte sich seinen Gefangenen, um den Triumph auszukosten. Das war ihre einzige Chance. Damián schien der gleiche Gedanke durch den Kopf zu schießen, denn Souanne spürte, wie er neben ihr die Muskeln anspannte. Sie verständigten sich mit einem raschen Blick … In diesem Moment legte Josion seinem Cousin eine Hand auf die Schulter und hielt ihn zurück. Souanne wandte sich zu ihm um und funkelte ihn böse an, aber er wies nur mit einem leichten Nicken in die Höhe. Fünf, sechs Schritte über ihnen hockte ein Mann auf einem Querbalken und zielte mit einer Armbrust auf sie. Obwohl Souanne es sich kaum eingestehen konnte, hatte Josion ihnen zumindest für den Moment das Leben gerettet – der Schütze hätte sie niedergestreckt, bevor sie auch nur einen Schritt getan hätten.
»Entscheidet Euch«, rief der Anführer höhnisch. »Mir ist das egal. Ich muss Euch nicht alle gefangen nehmen. Anders gesagt: Wer nicht sterben will, möge seine Waffe niederlegen und langsam zu mir kommen.«
Souanne bebte vor Zorn. Sie kostete den bitteren Geschmack der Niederlage, dabei hatte sie nicht einmal gekämpft! Außerdem war sie wütend auf sich selbst, weil sie den Kerl oben auf dem Balken nicht gesehen hatte. Der Gedanke daran, wie knapp sie dem Tod entronnen war, ließ sie abermals erstarren.
Die anderen standen ebenfalls da wie vom Donner gerührt. Wahrscheinlich fragten sich alle, was sie tun sollten. Hatten sie vielleicht doch eine Chance, den Sieg davonzutragen,
wenn sie zusammenblieben und mit dem Mut der Verzweiflung kämpften? Oder sollten sie sich ergeben?
»Wer seid Ihr überhaupt?«, fragte Damián. »Und was wollt Ihr von uns?«
»Legt Eure Waffen nieder, dann bekommt Ihr eine Antwort«, erwiderte der Fremde. »Ach was, mir dauert das alles viel zu lang.«
Er machte den Männern, die hinter ihm standen, ein Zeichen, und diese näherten sich mit gezogenen Schwertern. Souanne biss die Zähne zusammen und machte sich darauf gefasst, um ihr Leben zu kämpfen.
Plötzlich rief Guederic von hinten: »Wartet!«
Er hob die Arme als Zeichen, dass er sich ergeben wollte.
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