Die Götter - Ruf der Krieger - Grimbert, P: Götter - Ruf der Krieger - Les Gardiens de Ji, Tome 1: La volonté du démon
neuen Mut: Vielleicht konnten sie ja doch den Sieg davontragen! Zumindest hatte bisher keiner von ihnen eine ernsthafte Verletzung davongetragen.
Gerade als ihm dieser Gedanke durch den Kopf ging, rammte ihm sein Gegner das Rapier in die Schulter.
Najel hatte die Angreifer als Erster entdeckt: Sie waren hinter ihm vorbeigehuscht, um die Tür zuzuschlagen.
Rasch lief er zu den anderen, damit sie nicht auseinandergerissen wurden, aber schon im nächsten Moment bereute er seinen Impuls. Es wäre schlauer gewesen, Alarm zu schlagen und sich auf die Männer zu stürzen, um sie zu überrumpeln. Wenn er sie auch nur für einen Moment abgelenkt hätte, hätten die anderen die Tür aufstoßen und fliehen können. Sein Vater hätte so reagiert, und Maara ebenfalls, wenn sie an seiner Stelle gewesen wären. Aber Najel besaß nicht ihren Kriegerinstinkt, der sie bei Gefahr blitzschnell die richtigen Entscheidungen treffen ließ. Er hatte instinktiv bei den Erwachsenen Schutz gesucht und war nicht selbst tätig geworden. Najel hatte sich genauso verhalten, wie alle ihn sahen: wie ein dreizehnjähriger Junge.
Doch er war auch ein wallattischer Prinz und hatte im Verlauf seines kurzen Lebens Unterricht in den verschiedensten Kampftechniken erhalten. Als Guederic auf ihre Gegner losging, hob Najel ohne nachzudenken seinen Stock und ging in Verteidigungshaltung. Trotzdem raste ihm das Herz in der Brust. Nie zuvor hatte er einen echten Kampf führen müssen, und drei mit Schwertern bewaffneten Erwachsenen würde er niemals widerstehen können. Es kam Selbstmord gleich, wenn er sich zur Wehr setzte. Zögernd wich er ein Stück zurück, um wieder bei den anderen Schutz zu suchen.
In diesem Moment verschanzte sich Lorilis hinter seinem Rücken, wohl in der Hoffnung, er würde sie vor den Männern beschützen. Dabei war Najel genauso verängstigt wie sie. Nun versperrte sie ihm den Weg zu den anderen, und die beiden Kinder standen schutzlos drei bewaffneten Männern gegenüber. In seiner Panik rief Najel: »Zurück, zurück!«, ohne zu merken, dass er seine Muttersprache gebrauchte. Trotzdem schien Lorilis zu begreifen, was er wollte, aber es war zu spät: Die Kerle stürzten sich auf sie.
Najel fühlte sich fiebrig und kraftlos, ausgerechnet in dem Moment, in dem er seine ganze Stärke brauchte. Was konnte er schon gegen drei wesentlich größere Männer ausrichten? Als der erste den Arm ausstreckte, um ihm seinen Stock zu entwinden, wich Najel noch mühelos aus und versetzte ihm einen raschen Schlag gegen den Ellbogen. Der Kerl zuckte zurück, als wäre er von einer Schlange gebissen worden, doch schon im nächsten Moment war er wieder kampfbereit, und jetzt hatte er sein Schwert gezogen.
Najel bekam einen solchen Schreck, dass er hilflos mit dem Stock in der Gegend herumfuchtelte, unter völliger Missachtung der Lektionen, die sein Vater und seine Waffenlehrer ihm erteilt hatten. Er wollte nur noch eins: sich die Angreifer so lange vom Leib halten, bis Maara ihn retten kam! Für wenige Augenblicke schien es sogar, als könnte ihm das gelingen. Doch als sich die Kerle von der Überraschung erholt hatten, bemerkten sie, wie ungeschickt Najel mit dem Stock umging: Wenn überhaupt, mussten sie wohl nur fürchten, dass der Junge einen von ihnen durch Zufall traf. Sie teilten sich auf und begannen ihn zu umkreisen wie Wölfe ein lahmes Reh.
Najel kam nicht einmal mehr auf die Idee, sich zu ergeben. Wenn er seine Lage mit etwas Abstand betrachtet hätte, hätte er sich wohl für diese Möglichkeit entschieden. Warum Widerstand leisten, wenn eine Niederlage unvermeidlich war? Er wollte leben, und eine geringfügige Überlebenschance war immer noch besser als die Gewissheit zu sterben. Aber jede Hoffnung in ihm erstarb, als er in die eiskalten Augen seines Gegners blickte. In ihnen las er sein Schicksal: einen qualvollen Tod und ewige Finsternis.
Hätte Lorilis nicht nach ihm gerufen, wäre er wohl von den Männern niedergemetzelt worden.
Plötzlich ging alles furchtbar schnell. Der Mann zu seiner Rechten hatte Lorilis am Handgelenk gepackt, ihr ein Messer an den Hals gehalten und versucht, sie mit sich fortzuziehen. Jeden Moment konnte er zustoßen. Das Mädchen wehrte sich verzweifelt, streckte die Hand nach Najel aus und flehte ihn an, ihr zu helfen. In diesem Moment erwachte etwas in dem Jungen, das er noch nie zuvor gespürt hatte: das Ehrgefühl seiner Ahnen, das ihm
befahl, Schwächere um jeden Preis zu beschützen. Neue
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