Die Götter - Ruf der Krieger - Grimbert, P: Götter - Ruf der Krieger - Les Gardiens de Ji, Tome 1: La volonté du démon
hertrotten, nicht allzu weit zurückbleiben und sich unauffällig verhalten. Das schaffte Guederic gerade noch. Mit gesenktem Blick setzte er einen Fuß vor den anderen und lauschte mit halbem Ohr den Gesprächen der anderen. Ke’b’ree war also nach Lorelia gekommen, um zusammen mit seinen Eltern irgendwohin aufzubrechen … Und wenn schon, dachte er. Irgendeinen Grund würde ihr Verschwinden schon haben.
Wenn er ehrlich war, beschäftigten ihn seine Seelenqualen weit mehr.
Gedankenversunken wie er war, bekam er kaum etwas von seiner Umgebung mit. Die Benelier, denen sie auf ihrem Marsch durch die Stadt begegneten, wirkten auf ihn wie blasse Gespenster, die durch eintönige graue Straßen irrten. Sie durchquerten verschiedene Viertel und kamen an prunkvollen Palästen und heruntergekommenen Bruchbuden vorbei. Zweimal überquerten sie eine Brücke über einen Seitenarm der Gisle. Sie liefen immer weiter, aber Guederic hatte es auch nicht eilig, irgendwo anzukommen. Einen Fuß vor den anderen zu setzen, lenkte ihn wenigstens von seinen Selbstvorwürfen ab. Wenn er still dasaß oder im Bett lag wie an diesem Morgen, war alles noch viel schlimmer.
Zu seinem Leidwesen gelangten sie jedoch irgendwann an ihr Ziel, denn Benelia war nicht besonders groß. Mittlerweile befanden sie sich in einer öden Gegend in der Nähe des Hafens, abseits der Wohnviertel. Damián führte sie an ein paar Lagerschuppen vorbei.
»Wir sind gleich da«, sagte er.
Guederic erwachte kurz aus seinen düsteren Gedanken und musterte die umstehenden Gebäude. Früher hatten sie zu den königlichen Werften gehört, aber schon lange liefen hier keine Schiffe mehr vom Stapel. Wohin er auch sah, gab es nur vermodernde Schiffsgerippe und windschiefe Schuppen. Im Osten führte ein schmaler Kanal hinunter zum Fluss, im Westen standen ein paar Häuser mit dem Rücken zu dem Gelände, als wollten sie sich von den schäbigen Überresten der Vergangenheit abwenden. Weit und breit war kein Mensch zu sehen.
»Hier stinkt’s«, murmelte Guederic.
»Das ist der Geruch des Meeres, der vom Fluss heraufweht«, meinte Damián.
»Wohl eher der nach toten Fischen, die zu lange in der Sonne gelegen haben«, schimpfte Maara. »Ihr wollt uns doch nicht etwa in einem dieser Schuppen unterbringen?«
»Es ist ein hervorragendes Versteck«, entgegnete Damián. »Niemand würde auf die Idee kommen, hier nach uns zu suchen.«
»Aber vielleicht sind wir nicht die Einzigen, die hier Unterschlupf suchen«, warf Josion ein. »In den Schuppen könnte allerlei zwielichtiges Gesindel hausen.«
»Hier ist niemand«, versicherte Damián. »Ich habe damals, als mein Vater mich herbrachte, dasselbe eingewandt. Er schickt regelmäßig Graue Legionäre her, die die Schuppen durchsuchen und alle Landstreicher vertreiben. Außerdem gehört das Gelände unserem Großvater Reyan.«
Guederic starrte seinen Bruder verblüfft an. Das hatte er nicht gewusst.
»Die ehemalige Werft gehört zu den Ländereien des Herzogtums«, fügte Damián achselzuckend hinzu. »Das kommt uns natürlich ziemlich gelegen.«
Mit diesen Worten ging er auf einen der Schuppen zu, schob die Tür auf und verschwand im Inneren. Die anderen wechselten rasche Blicke und folgten ihm. Seufzend stolperte Guederic hinterher.
Kaum eine Dezille später hallten Waffengeklirr und Schmerzensschreie von den Holzwänden wider, und Guederic wurde erneut vom Blutrausch gepackt.
Souanne betrat den Schuppen als Zweite, gleich hinter Damián. Obwohl sie es keineswegs eilig hatte, sich in diesem dunklen Loch zu verkriechen, wollte sie ihre Pflicht auf keinen Fall vernachlässigen. Ihr Befehl lautete nun einmal, Damián zu begleiten, so unerfreulich das auch sein mochte. Sie würde ihm auch in diesem windschiefen Schuppen nicht von der Seite weichen.
Doch sie hatte nicht damit gerechnet, ihn tatsächlich beschützen zu müssen. Warum auch – schließlich hatte der Kommandant selbst das Versteck ausgewählt … Sie mussten nur auf neue Anweisungen warten, sich ruhig verhalten und jedem Ärger aus dem Weg gehen. Deshalb stand Souanne wie vom Schlag getroffen da, als ihr klarwurde, dass sie in eine Falle geraten waren. Während sie sich fragte, wie das hatte passieren können, verlor sie kostbare Zeit. Fassungslos starrte sie auf die Szene, die sich vor ihren Augen abspielte. Es war wie in einem Alptraum.
Die Männer, die in dem Schuppen auf der Lauer lagen, hatten sie offenbar erwartet. Wahrscheinlich hatten sie das Gelände
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