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Die Göttin im Stein

Titel: Die Göttin im Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Beyerlein
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Herren. Und daß verloren ist, wer sich uns nicht unterwirft! Zeigt ihnen, wozu rasende Wölfe fähig sind!«
    »Sie werden es nicht vergessen«, bestätigte Lykos. »Ihr erwartet, daß wir einen blitzartigen Überfall auf einige Dörfer tief im Land des Alten Volkes machen? Uns ebenso plötzlich wieder zurückziehen? Eine Zerstörung hinterlassen, die für sich selber spricht? So den Boden bereiten für eine neue Landnahme?«
    »Du begreifst schnell«, sagte der König wohlgefällig. »Doch setzen wir uns wieder!
    Ich will, daß jeder von euch sich über eines klar ist: Ihr sollt diese Bauern hinter den Sandbergen das Fürchten lehren, damit wir ihr Land in Besitz nehmen können, ohne uns um die Sicherheit unserer Familien zu sorgen.
    Wenn euer Kriegszug vorüber ist, werden einige unserer Familien nach Westen ziehen. Keiner vom Alten Volk soll es wagen, ihnen das Recht streitig zu machen, Höfe zu errichten, Felder und Gärten anzulegen und das Vieh in die Wälder zu treiben. Keiner soll es wagen, auch nur einer Frau oder einem Kind der Söhne des Himmels zu nahe zu treten. Sie sollen wissen, was ihnen bevorstünde, wenn sie das täten.
    Jeder Bauer soll sich glücklich schätzen, ihnen Getreide und andere Abgaben liefern zu dürfen, um so ihren Schutz zu gewinnen. Damit wir dort mit dem Alten Volk zusammenleben können, wie wir es hier tun: als ihre unangefochtenen Herren
    Das zu erreichen ist eure Aufgabe. Und deine vor allem, Lykos.
    Wenn du deinen Auftrag zu meiner Zufriedenheit ausführst, hast du einen Wunsch bei mir frei! Nenne ihn mir gleich, und ich will ihn dir gewähren, wenn du als Sieger zurückkehrst!«
    Lykos preßte die Zähne zusammen. Ein Anführer der Wolfskrieger mußte Entschlußkraft zeigen. Er durfte nicht lange überlegen, um welche Gunst er den König bitten sollte. Wenn er etwas wüßte, womit er den König beeindrucken könnte –
    Da erinnerte er sich an das Mädchen.
    »Wenn der Kriegszug Eure Erwartungen erfüllt, so werde ich Euch bitten, für mich bei Rösos um die Hand seiner Tochter zu werben. Euch wird er eine Werbung nicht abschlagen können!«
    Die Augen des Königs verengten sich. »Rösos' Tochter? Da doch jeder weiß, daß Rösos bald unser Oberpriester sein wird? Mit der Tochter von Rösos erkaufst du dir mehr Ansehen und Einfluß als mit jeder anderen Braut – außer mit meiner eigenen Tochter. Ich sehe, du wirst auch im Königsrat eine erhebliche Rolle spielen.
    Nun, du hast mein Wort. Wie ist ihr Name?«
    »Ihr Name? Ich weiß nicht. Ich habe sie vorhin zum ersten Mal gesehen, das Mädchen, das uns heute abend bedient hat!« Lykos schaute um sich.
    Da sah er sie. Ganz dicht bei ihnen stand sie, einen Stapel sauberer Tücher an sich gedrückt, hatte alles gehört, stand und starrte ihn aus großen dunklen Augen an.
    Einen Herzschlag lang kreuzten sich ihre Blicke, dann schoß tiefe Röte in ihr Gesicht, sie senkte die Lider, drehte sich um und hastete davon.
     

3
    Naki kniete am Brunnen und zog den Wassereimer hoch. Schwer war ei; der große Eimer aus Eichenholz, randvoll mit
    Wasser gefüllt und noch mit einem Stein beschwert, damit er unterging.
    Nakis Arme waren müde. Ein dumpfer Schmerz hatte sich in ihren Schultern und ihrem Rücken eingenistet Seit Tagen zog sie Wasser aus dem Brunnen. Wenn es doch endlich regnete!
    Mit dem Seil in der Hand erhob sie sich, trat einen halben Schritt vom Brunnen weg und lehnte sich weit zurück. Das Lindenbastseil scheuerte an der hölzernen Brunnenumrandung. Sie beachtete es nicht.
    Gleichmäßig setzte sie die Hände um, rechte, linke, rechte, linke.
    Endlich wuchtete Naki den Bottich über den niedrigen Brunnenrand und füllte einen der bereitstehenden Ledereimer. Sie ließ das Schöpfgefäß in den Brunnen zurückgleiten
    und wartete auf das klatschende Geräusch des Rufschlagens.
    Sie zog erneut, stöhnte leise, als sie das Gewicht des vollen Eimers spürte, und bog sich rückwärts. Da plötzlich riß das Seil. Schlagartig von der Last befreit, verlor Naki das Gleichgewicht und fiel nach hinten. »Nein!« schrie sie laut. Schlaff lag das Ende des Seils in ihrer Hand.
    Sie raffte sich auf, sprang hoch, starrte in den dunklen Brunnenschacht hinunter. Der Eimer war versunken. Das Seil trieb auf der Wasseroberfläche.
    Der kleine Rablu, ihr jüngster Bruder, war herbeigelaufen und gaffte in den Brunnen. »Warum machst du das?«
    »Na zum Spaß, was sonst!« Sie rieb sich das Gesäß.
    »Alles in Ordnung mit dir?« fragte eine

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