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Die Göttin im Stein

Titel: Die Göttin im Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Beyerlein
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ab. In Lykos' Schläfen pochte das Blut.
    Er trank seinen Becher in einem Zug leer.
    Der König stand auf, verließ den Kreis der Familienhäupter und Priester und kam auf die Wolfskrieger zu, ein Trinkhorn in der Hand. »Meine Treuen! Meine Helden!« sagte er und ließ sich in ihrer Mitte nieder. »Trinkt mit mir!« Er nahm einen Schluck und reichte das mit Met gefüllte Horn des Auerochsen weiter. Ein Wolfskrieger nach dem anderen trank, bestätigte so den Bund der Gefolgschaft mit dem König.
    Das Trinkhorn machte die Runde, kehrte in die Hand de Königs zurück. Dieser leerte es vollends, sah reihum jeden einzelnen Krieger an. Lykos erwiderte den Blick wie gewohnt. Ihm schien, daß der König ihn länger ins Auge faßte als die anderen.
    »Glücklich ein König wie ich, der auf Gefolgsleute bauen kann wie euch«, sagte der König.
    Lykos straffte sich. Jetzt galt es, auf der Hut zu sein. Etwas bahnte sich an.
    »Vor allem in Zeiten wie diesen«, fügte der König hinzu.
    In Zeiten wie diesen? Was meint er damit? überlegte Lykos und entschloß sich zu einem wissenden, gedankenschweren Nicken.
    Der König nahm dieses Nicken aufmerksam zur Kenntnis und fuhr fort: »Ihr lebt weitab von den Geschäften der Familienhäupter, habt euch nicht darum zu sorgen, wie die Herden gedeihen und wie das Korn wächst, sondern wie ihr den Reichtum durch Viehraub vergrößern könnt.«
    Die meisten Wolfskrieger lachten beifällig, doch Lykos erschien es besser, Ernst zu zeigen. Der König beobachtete ihn, und bald sollte er, Lykos, Mitglied im Königsrat sein. Wenn er seine Befähigung dazu zum Ausdruck bringen könnte. Was hatte noch der Vater auf die Frage nach den Herden geantwortet?
    »Das Leben im Wolfsbund hindert uns nicht daran zu bemerken, daß im Frühjahr der Regen ausgeblieben ist und auch dieser Sommer zu heiß und zu trocken ist. Ich fürchte, die ungewöhnliche Trockenheit läßt das Futter für die Herden knapp, die Tränken rar und die Ernteerträge gering werden«, warf er ein.
    Der König betrachtete Lykos überrascht. »So ist es. Ungewöhnlich für einen Wolfskrieger, sich derlei Gedanken zu machen. In der Tat beginnen wir uns im Königsrat zu fragen, ob dieses Land uns und unsere Herden noch tragen kann.
    Ich habe dem Himmelsvater große Opfergaben gebracht, angerufen habe ich ihn. Unsere Priester haben ihn im Orakel um Weisung angefleht. Strafend kam seine Stimme im Donner zu uns, und sein Zorn fuhr im Blitz hernieder: Wir seien nicht würdig, seine Söhne zu heißen, wenn wir in solcher Lage zweifelten, was zu tun sei.
    So hat nun der Königsrat beschlossen, daß wir unser Land ausdehnen und einige angrenzende Landstriche des Gebietes des Alten Volkes in Besitz nehmen. Der Königsrat beauftragt euch Wolfskrieger, einen kurzen, aber wirkungsvollen Kriegszug tiefer ins Land des Alten Volkes hineinzuführen als je zuvor. Seid ihr bereit?«
    Die Wolfskrieger sprangen auf, schlugen sich an die Brust. »Wir sind bereit!« riefen sie. Lykos schrie am lautesten.
    »So habe ich es von euch erwartet«, erklärte der König und erhob sich. Trat einen Schritt auf Lykos zu. Musterte ihn. »Lykos, knie nieder!«
    Lykos tat es. Ahnte, was dies bedeutete. Wagte es dennoch kaum zu glauben.
    Der König zog seine kupferne Streitaxt, dies funkelnde Sinnbild seiner Macht, und berührte damit Lykos' Schultern. »Ich rufe an die siegreiche Sonne. Ich rufe an das strahlende Rad der Sonne. Ich rufe an die alles sehende Sonne, den heiligen Späher, zum Zeugen meiner Entscheidung: Lykos, Sohn des Nuerkop, ich ernenne dich zum Anführer dieses Kriegszuges!«
    Lykos dehnte die Brust.
    Der König fuhr fort: »Trag ihn weit nach Westen ins Land des Alten Volkes hinein! Über die Sandberge. In eine Gegend, in der die Bauern unsere Streitäxte noch nicht geschmeckt haben! Ihr sollt den Schrecken vor unserer unbesiegbaren Stärke in ihre Gemüter pflanzen, ihr sollt ihrem Gedächtnis unauslöschlich einprägen, daß niemand sich uns in den Weg stellen kann, keiner!«
    Die anderen Krieger brachen in Jubel aus.
    Lykos aber erfüllte mit einem Mal ein tiefer Ernst. Er soll der Anführer sein. Das war die Aufgabe, auf die er immer gehofft hatte. Feierlich erhob er sich.
    »Wir sollen Beute machen?« fragte er in die Augen
des
Königs hinein. »Vieh, Frauen, Getreide?«
    »Gewiß«, erwiderte der König ruhig, »das auch. Doch vor allem sollt ihr diesen Bauern und ihren halsstarrigen Weibern klarmachen, daß wir in ihr Land kommen werden. Als

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