Die Göttin im Stein
Schwiegersohn des erhabenen Rösos
Es wird mich eine ganze Viehherde kosten, das Jawort ihres Vaters zu erhalten. Mehr.
Gleichviel. Eine Braut wie diese ist niemals zu teuer erkauft. Bei Rösos kann ich sicher sein, daß er seine Tochter mit Sorgfalt erzogen hat. Daß sie einen großen Haushalt zu führen und viele Gäste zu bewirten versteht. Daß sie meinem Namen niemals Schande bereitet.
Das Mädchen kniete bei ihm nieder, hielt ihm die Wasserschale.
Er tauchte seine Hände ein, dehnte dabei die Brust, damit die Hauer des Keilers leise aneinanderklapperten und ihre Aufmerksamkeit erregten. Sie konnte noch keinen Mann gesehen haben, der solch einen Keiler besiegt hatte wie er.
Hob sich nicht ihr Busen unter dem hochgeschlossenen Kleid?
Da war das Bild da.
Mit langen Sprüngen setzte er hinter der jungen Frau her. Ihr blondes Haar flatterte im Wind. Noch im Rennen löste er den Gürtel, warf den Lendenschurz ab. Sie war schnell. Ihre braungebrannten Beine flogen. Er war schneller. Er holte sie ein, fing ihre Haare, riß sie an ihnen herum.
Ihre Brust in dem tiefen Ausschnitt hob und senkte sich rasend. Aus ihren Augen schrie das helle Entsetzen.
Er wirbelte ihre Haare um seine Hand, zog ihren Kopf mit roher Gewalt zurück, zwang ihr Gesicht vor seines. Mit der Linken griff er in ihr Kleid und zerfetzte es.
Sie keuchte, trommelte mit den Fäusten auf seine Brust, zerkratzte seine Haut mit ihren Fingernägeln.
Er warf sie zu Boden, warf sich selbst über sie, prügelte auf sie ein.
Ich werde dir zeigen, wer dein Herr ist. Schamloses Biest! Huren seid ihr, ihr Weiber des Alten Volkes, und ich mache mit dir, was du verdienst! Du wirst meinem Vater kein Pferd mehr vergiften. Du wirst deinem Mann und deinen Kindern keine widerspenstigen Gedanken einflüstern. Fürchtet den Herrn, wirst du ihnen sagen, gehorcht ihm, sonst kommt er über euch, wie er über mich gekommen ist.
Siehst du, so bricht man den Widerstand eines Weibes.
Er stieß in sie, als würde er fortfahren, sie aus Leibeskräften zu schlagen.
Erst als er von ihr abgelassen hatte, aufgestanden war, begriff er, daß sie noch Jungfrau gewesen war.
Und erschrak.
Er nahm die Hände aus der Waschschüssel. Unwillkürlich zog er den Mantel enger zusammen, verbarg die frischen Kratzer auf seiner Haut.
Das Mädchen reichte ihm das Handtuch. Er trocknete sich ab.
Dir täte ich nie so etwas an, meine Braut.
Das Mädchen heute morgen, das war nur eine von den Bäuerinnen hinter dem Schwarzmoor, denen ich zeigen mußte, wer ihr Herr ist. Ich mußte es tun!
Du aber weißt, daß du einen Herrn heiratest und ihm Gehorsam und Ehrerbietung schuldest. Und du sollst meine geachtete und geliebte Hausfrau sein.
So wahr ich ein Wolfskrieger bin.
Das Mädchen erhob sich, verneigte sich leicht zum Gruß und kniete mit der Schale in Händen bei dem nächsten Krieger nieder.
Bald wirst du nur noch mich bewirten und meine Ehrengäste. Doch plötzlich erschien Lykos diese Vorstellung unerreichbar.
Die Speisen wurden auf den niedrigen Tischen aufgetragen: gebratenes und gekochtes Fleisch. Beerenmus, Brot und Gemüse. Er würdigte das Essen keines Blickes, folgte nur ihr mit den Augen.
Rösos rief die Himmlischen im feierlichen Gebet an, pries ihre Größe und ihre ruhmvollen Taten, lud sie zum Gastmahl, brachte dem Feuer, dem Wasser und der Sonne, dem Himmlischen Vater, dem göttlichen Krieger und den heiligen Zwillingen Opfer an Fleisch und Met.
Lykos hörte nicht zu, denn ein Gedanke hatte von ihm Besitz ergriffen: Wenn ihr Vater sie nun schon einem anderen versprochen hat! Ihr Vater ist einflußreich genug, sich jeden Schwiegersohn wählen zu können, den er nur will.
Er merkte kaum, was er aß und trank.
Wenn ihr Vater sie mir nicht gibt!
Seine Gefährten redeten von dem morgendlichen Überfall auf die Bauernhöfe hinter dem Schwarzmoor. Genußvoll rühmten sie jede einzelne Gewalttat.
Er beachtete es nicht.
Andere Krieger gesellten sich zu ihnen, hörten zu, lachten beifällig.
Das Mädchen kam auf sie zu, ein großes Tablett mit gebratenen Wildgänsen in Händen.
Mit einem Ohr merkte er, daß die anderen über ihn sprachen. »Und ihr hättet sehen sollen, wie Lykos sich die Weiber vorgenommen hat!« lachte einer der Freunde. »Fragt ihn doch mal, wo er die Kratzer herhat, ich sag' euch ...«
»Halt den Mund!« fuhr Lykos ihn grob an.
»Was hast du, du magst doch sonst ...«
»Heute nicht!«
Das Mädchen neigte sich zum Tisch, stellte das Tablett
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