Die goldene Königin
Frankreich, Burgund und Flandern gefertigt hat. Seine Geschichte von Penthesilea erhielt höchste Anerkennung.«
Sie versicherte sich der Wirkung, die die lobenden Worte über das Renommé ihrer Familie hinterlieÃen, und fuhr fort: »Und Herr Richter, nun komme ich zu meinen eigenen Werken, deren Erfolg mich mit Stolz erfüllt. Auf die Bitte eines Onkels meines Mannes, Kardinal Jean de Villiers, Freund und Berater von Papst Alexander Borgia und später von Jules II ., habe ich für den Vatikan gearbeitet. Die Comtesse dâAngoulême, mit der ich befreundet bin, hat mir ebenfalls Aufträge erteilt, ebenso der König. Momentan arbeiten meine Werkstätten ausschlieÃlich für ihn. Sie vollenden Die Geschichte Cäsars und Triumph des Sommers. Und im Auftrag der Königin arbeite ich an der Herstellung eines Kalenders, der auf zwölf Teppichen die Monate und Jahreszeiten darstellt.«
»Und die Maler?«, rief eine schrille Stimme dazwischen.
Alix musste lächeln. Die Frage von Maître Bellinois war ziemlich dumm, und als auch er auf einmal begriff, dass die Antwort seiner Rivalin nur zum Vorteil gereichen konnte, bereute er sogleich, sie gestellt zu haben.
»Alle meine Werke entstehen in Zusammenarbeit mit groÃen Malern. Mit van Orley und van Aelst, und auch der groÃe florentinische Maler Raffael hat diverse Kartons für mich gezeichnet.«
Nach dieser eindrucksvollen Rückschau schwiegen die Hüter des Gesetzes. Alix spürte, dass sie sich perfekt präsentiert hatte. Aber sie wusste auch, dass Männer leider häufig engstirnig, hart und unbarmherzig über Frauen urteilten und sie oft am liebsten zurück nach Hause und zu ihren Kindern schickten.
Während sie wartete, rang sie mit sich. Natürlich konnte Alix eigentlich selbstbewusst sein. Sie kannte ihr Geschäft und ging diesen Männern nicht in die Falle. Dank ihrer Arbeit und der wichtigen Verbindungen, die sie über die Jahre geknüpft hatte, aber auch weil sie sich von diversen Rückschlägen und Unfällen nicht hatte entmutigen lassen, waren die Werkstätten von Alix de Cassex zu den wichtigsten von ganz Tours aufgestiegen. Ihr glänzender Erfolg zeigte, wozu diese hartnäckige, ehrgeizige und willensstarke Frau fähig war, die mit ihren knapp vierzig Jahren noch immer schön und verführerisch wirkte.
Denn Alix, als kleines Waisenkind auf der Suche nach Liebe und schönen Wandteppichen aus Nantes aufgebrochen, führte nun schon seit Langem das Leben einer groÃen Künstlerin. Ihr Geist war stets mit ihren Werken beschäftigt, die sich täglich weiterentwickelten.
Ihr Anwalt, Maître Carbonnel, erhob sich. Er besaà eine eindrucksvolle Statur und ein sicheres Auftreten, mit beidem konnten seine Worte allerdings nicht mithalten.
»Das sind gute Referenzen für diese Weberfamilie«, bestätigte er schlicht, »Referenzen, die der Richter in seine Ãberlegungen einbeziehen möge.«
Dann hob der Gerichtsschreiber den Kopf.
»Maître Renault Bellinois«, verkündete er mit seiner etwas piepsigen Stimme.
Nun erhob sich der kleine Mann, der auf der gegenüberliegenden Bank saÃ. Sein Kleidungsstil hatte sich in den zehn Jahren nicht verbessert. Seinen Schädel verbarg er unter einer runden braunen Kappe. Er trug eine grobe Leinentunika, über die er eine noch einfachere Wolljacke gezogen hatte. Das Ganze wurde von einem Gürtel gehalten, der locker auf die Hüften fiel.
»Seid Ihr allein?«, fragte der Richter mit Blick auf Arnaud und Angela, die Alix begleiteten.
»Ja, Herr Richter«, verkündete Bellinois. »Ich habe nur meinen Anwalt zur Verteidigung mitgebracht.«
Daraufhin blickte er höhnisch zu Alix und fügte hinzu: »Nur wer schuldig ist, braucht die Unterstützung anderer!«
»Das verbitte ich mir!«, rief die junge Frau. »Der Prozess hat Euch noch nicht Recht zugesprochen.«
»Aber bald!«
»Das werden wir ja sehn.«
Verärgert schlug der Richter mit seinem Hammer auf die Tischkante.
»Ruhe!«
Und an Alix gewandt: »Haltet Ihr an Eurer Klage fest?«
»Ja, Herr Richter, bis ich Recht erhalte. Ich versichere Euch, dass dieser Mann mir die Galanterien, den letzten Wandbehang aus dem Ensemble Das höfische Leben, gestohlen hat. Ich versichere Euch des Weiteren, dass er sich ebenfalls die Früchte meiner Arbeit zu eigen gemacht hat. Er
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