Die goldene Pyramide
Planeten entfernt. Fünfhundert Kilometer weit steckten sie allein und verirrt in dem gefährlichsten, heimtückischsten Urwald, den je ein Mensch betreten hatte. Vier Leute waren sie, davon ein Mädchen und ein anderer krank und seiner Glieder nicht mächtig.
Mit dem Kompaß hätten sie wohl ein wenig hoffen dürfen, aber der Kompaß war hoffnungslos zerstört, und sie hatten nicht die leiseste Ahnung, welche Richtung sie mit einiger Aussicht auf Erfolg einzuschlagen hatten.
Die Nacht brach ein, und mit ihr kam ein Wispern und Rauschen unheimlicher Geräusche.
Von dort her, wo das getötete Ungeheuer lag, ertönte ein ständiges Knacken und Rascheln: die Käfer waren an der Arbeit. Am folgenden Morgen würde nichts mehr von dem grausigen Fabelwesen übrig sein.
Irgend etwas huschte am Rande des flackernden Lagerfeuers entlang. Ungefähr so groß war es wie eine Menschenhand, gepanzert, mit vielen Beinen, an deren Enden man undeutlich Klauen erkannte, die Krebsscheren ähnlich sahen.
„Was war denn das?“ rief Pat erschreckt und zeigte auf die Stelle, wo im Dunkeln das tote Ungeheuer lag.
„Ach, nichts als ein Straßenreiniger – so nennt man die großen Käfer, die alle Kadaver und allen Unrat zernagen und auffressen. Sie sind harmlos und tun lebenden Wesen nie etwas.“
„Irren die Tiere sich eigentlich niemals?“ Sie erhob sich und setzte sich neben Thorn ans Feuer.
„Das kommt niemals vor“, versicherte er ihr beruhigend. Er wußte genau, daß sie nur an ihren Vater dachte.
„Das beruhigt mich. Was meinen Sie? Haben wir wohl Aussicht, lebend zurückzukommen?“
„Rosig ist die Aussicht nicht gerade.“
„Ich weiß, daß der Kompaß nicht mehr brauchbar ist. Aber ließe sich nicht doch etwas improvisieren? Wie wäre es denn mit den Instrumenten da oben im Hubschrauber? War da denn kein Apparat, der uns die Richtung anzeigen könnte?“
„Versucht haben wir auch das schon.“ Thorn blickte auf die Instrumente, die aus ihren Behältern geholt worden waren. „Die meisten Teile der Apparatur sind zerstört worden, aber es ist uns doch gelungen, eine magnetische Nadel zu finden und damit einen primitiven Kompaß zu basteln. Viel nützen kann er uns nicht, aber wenigstens wird er uns davor bewahren, daß wir dauernd im Kreise marschieren. Solange wir jedoch nicht exakt wissen, an welchem Punkt wir uns befinden, kann auch das uns nichts nützen.“
„Also befinden wir uns nach wie vor in der gleichen hoffnungslosen Lage?“
„Jawohl.“ Er warf ein paar Zweige aufs Feuer. „Was hatten denn Sie und Ihr Vater eigentlich vor? Wie gedachten Sie vorzugehen?“
„Der Hubschrauber sollte alle drei Tage zurückfliegen. Wir hatten ein Funkgerät mit, das inzwischen natürlich auch zerstört ist. Damit wollten wir mit der Maschine stets Verbindung halten; und sie sollte uns dann wieder abholen, sobald wir fertig waren.“
„Fertig? Womit?“
„Mit unseren Forschungen.“ Sie warf ihm einen langen Blick zu. „Wollten Sie uns eigentlich umbringen?“ fragte sie unvermittelt.
„Nein.“
„Aber aus Gier und Habsucht wird mancher erst zum Mör der. Sie sind doch hinter Geld her, nicht wahr, Thorn? Alles andere war Ihnen ziemlich gleichgültig, nicht wahr? Nur reich werden wollten Sie, so schnell wie irgend möglich!“
„Haben Sie dafür denn kein Verständnis?“ Er lächelte. „Oh ne Geld ist man vollkommen hilflos; man kann einfach nicht menschenwürdig leben, ist mit unsichtbaren Ketten gefesselt. Essen, arbeiten, essen, arbeiten, weiter und immer weiter so. Arbeiten, um sich etwas zum Essen kaufen zu können, damit man neue Kraft sammelt, um wieder arbeiten zu können, damit …“ Er unterbrach sich und starrte das Mädchen an. „Habe ich nicht recht?“
„Vielleicht. Aber irgendwie kommt es mir seltsam vor, daß ein Mensch sich so fürchterliche Sorgen ums Geld macht wie Sie.“
„Seltsam finden Sie das? Vielleicht würden Sie die Dinge doch ein wenig anders sehen, wenn Sie jemals selbst bittere Not und Armut gespürt hätten. Einem Reichen fällt es nicht schwer, seinen eigenen Wohlstand als belanglos und unwichtig zu erklären; aber trotz allem habe ich noch niemals erlebt, daß ein Reicher all sein Geld, das er angeblich so abgrundtief verachtet, weggeschenkt hätte.“
„Wir sind doch gar nicht reich, Thorn. Mein Vater bezieht ein Gehalt von dem Forschungsinstitut, und darüber hinaus werden natürlich alle seine Expeditionen bezahlt. Dafür muß er alles zur Verfügung
Weitere Kostenlose Bücher