Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Goldhaendlerin

Die Goldhaendlerin

Titel: Die Goldhaendlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
Vom Netzwerk:
verächtlich musterte.
    »Du sagst, du hättest eine Botschaft für mich?«
    Man konnte dem Holländer ansehen, dass er Esquedra das Schreiben am liebsten in den Mund gestopft hätte, denn er war eine solch herablassende Behandlung nicht gewöhnt. Aber er begnügte sich damit, ihm das zusammengefaltete und mit Wachstropfen verschlossene Papier hinzuhalten. Das Wachs zerbröckelte unter den Fingern des Spaniers, und er riss den Brief auseinander, als wollte er die Störung rasch beenden. Sein verkniffenes Gesicht nahm schon nach den ersten Zeilen einen überraschten Ausdruck an, und als er fertig war, spielte ein Lächeln um seine Lippen.
    »Du bist in diesen Tagen rheinabwärts gefahren?«
    »Ja!«, antwortete der Kapitän knapp und bequemte sich dann zu einer genaueren Auskunft. »Ich kam von Straßburg.«
    Der Mönch starrte ihn an wie einen Braten nach der Fastenzeit.
    »Es fahren nicht viele Schiffe rheinabwärts bis nach Antwerpen. Sag, hattest du einen Passagier mit dem Namen Roland Fischkopf an Bord?«
    Van Duyl sah, wie die Hand des Mönches unter seine Kutte glitt, und hörte Münzen klirren. Sofort wurde er freundlicher.
    »Sehr wohl, ehrwürdiger Vater. Der Mann versprach mir ein gutes Trinkgeld, wenn ich die Stadt vor der Abfahrt der burgundischen Gesandtschaft erreichen würde.«
    Esquedras Lächeln schwankte zwischen Triumph und demütiger Dankbarkeit. »Der Himmel scheint unsere Gebete erhört zu haben. Hab Dank, mein Sohn, dass du diese Botschaft so rasch besorgt hast. Im Himmel ist dir reicher Lohn gewiss.«
    Er streckte dem konsternierten Kapitän, der eine andere Belohnung erwartet hatte, die Hand zum Kuss hin. Von Duyl drückte seine Lippen darauf und wollte sich schon enttäuscht abwenden, als Esquedra ihn zurückhielt.
    »Deine Botschaft ist nicht nur ihren Lohn im Himmel wert, sondern auch auf Erden«, sagte er mit salbungsvoller Stimme und zählte dem Schiffer sechs kastilische Reales in die Hand. Der Kapitän nickte zufrieden, denn damit hatte sich das Trinkgeld, das er von Orlando erhalten hatte, beinahe verdoppelt.
    Bevor er sich bedanken konnte, hatte Esquedra sich zurückgezogen, und der Pförtner winkte ihn hinaus und schloss hinter ihm die Tür. Van Duyl starrte auf das Geld und kratzte sich am Kopf. Die Nachricht musste ungewöhnlich wichtig gewesen sein, denn die Diener Gottes fielen sonst eher durch ihre offenen Hände auf als durch Freigiebigkeit.
    Esquedra rannte unterdessen wenig würdevoll den Kreuzgang des Klosters entlang, bog in einen dunklen Korridor ein und riss eine Tür auf. Der Raum dahinter war so mit Pergamentrollen und gebundenen Büchern vollgestopft, dass die Wände kaum noch zu erkennen waren, und den einzig freien Platz in der Mitte nahm ein Schreibpult ein, an dem ein Mönch den Text eines vergilbten und teilweise schon löchrigen Pergaments auf weißes Papier übertrug. Der Mann blickte verärgert auf, doch bevor er ein Wort des Tadels von sich geben konnte, überreichte Esquedra ihm den Brief. »Lies, Bruder Jaime. Der Fisch ist dabei, uns in die Reuse zu schwimmen.«
    Bruder Jaime legte vorsichtig die Gänsefeder zur Seite, nahm Holzingers Brief entgegen und überflog ihn. Seine Augen weiteten sich vor Überraschung. »Das ist unglaublich. Nein, so verrückt kann nicht einmal Orlando Terasa sein. Glaubst du, dass dieses Schreiben echt ist?«
    »Ganz bestimmt! Der Schiffer, der mir diese Nachricht überbrachte, hat mir erzählt, er habe einen Roland Fischkopf nach Antwerpen gebracht, der sich der Delegation der Burgunder anschließen wollte. Orlando Terasa scheint sich einzubilden, er wäre unter den Gesandten des Herzogs vor unserem Zugriff sicher. Doch da hat er sich getäuscht. Wir werden seine Ankunft mit einem schnellen Schiff nach Spanien melden, damit unsere Brüder ihm einen warmen Empfang bereiten können.«
    Esquedra lachte hämisch, während sein Klosterbruder ein unbeschriebenes Blatt Papier vom Stapel nahm und zu schreiben begann.
    »Gott hat diesen Dämon mit Blindheit geschlagen, um ihn in unsere Hände zu geben«, sagte er dabei.

6.
    Als Lea die »Zwaluw« vor sich sah, atmete sie erleichtert auf. So ein großes Schiff hatte sie noch nie gesehen, auch wenn man ihr diesen Schiffstyp schon beschrieben hatte. Es handelte sich um eine dreimastige Karacke, deren Bauweise die der Koggen allmählich ablöste. In diesem Typ hatte sich die Schiffsbaukunst der nördlichen Meere mit dem Können und den Erfahrungen des Südens vereinigt und eine Schiffsform

Weitere Kostenlose Bücher