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Die Goldhaendlerin

Die Goldhaendlerin

Titel: Die Goldhaendlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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bewusst geworden, dass ihr nun der Moment bevorstand, in dem ihre Maske einer harten Bewährungsprobe unterzogen wurde. Bankiers ließen sich nicht so leicht täuschen wie Edelleute, und sie achteten viel genauer auf die Papiere, die man ihnen vorlegte. Von den nächsten Stunden würde es abhängen, ob sie eine Chance bekam, Baramosta und die Seinen aus Spanien herauszubringen. Sie holte tief Luft und sprach einen beleibten Mann in derber Kleidung an.
    »Entschuldigen Sie, Señor. Können Sie mir sagen, wo ich die Calle de San Justo finde?«
    Der Dicke musterte ihre Stute, der man ansah, dass sie keinem armen Mann gehören konnte, und deutete eine Verneigung an.
    »Nehmt den Weg da drüben, Euer Ehren, und biegt in die dritte Gasse ein, die zur linken Hand abgeht.«
    »Muchas gracias, Señor.« Lea wollte dem Mann zum Dank eine kleine Münze reichen, doch er war schon wieder im Gewimmel der Menschen verschwunden. Vorsichtig lenkte sie Cereza, deren Brust die Menge teilte wie ein Schiffsbug die Wellen, durch das Gewimmel und erreichte bald die gesuchte Gasse. Das Haus, in dem der spanische Kompagnon der Bankiers Eelsmeer und Deventer aus Antwerpen lebte, war ein moderner Bau aus sorgfältig behauenen und mit einfachen Basreliefs geschmückten Sandsteinquadern. Er war zwar nicht höher als die schmalbrüstigen Häuser, die ihn umgaben, schien sie jedoch alle zu erdrücken. Lea ritt durch ein mehr als zwei Manneslängen hohes Tor in den Hof, stieg ab und warf einem herbeieilenden Knecht die Zügel zu.
    »Ist Señor Barillo zu sprechen?«
    Der Knecht nickte. »Si, Señor. Wenn Sie so gut wären, sich ins Oficina zu begeben und sich dort anzumelden. Ich kümmere mich inzwischen um Ihr Pferd.«
    Lea wandte sich so hastig dem Eingang zu, dass ihr die Schwertscheide schmerzhaft gegen die Waden schlug, und fluchte leise über ihre innere Unruhe und Unsicherheit. Als sie das Vorzimmer des Bankiers betrat, hatte sie sich jedoch wieder in der Gewalt. »Buenos dias, Señor«, grüßte sie den am vordersten Schreibpult stehenden Kommis. »Mein Name ist Léon de Saint Jacques. Ich wollte fragen, ob Post für mich hier angekommen ist.«
    Der Angestellte, ein hagerer Mann unbestimmbaren Alters, blickte auf und musterte sie mit blass schimmernden Augen. Er war kein Spanier, sondern eher ein Flame, den es hierher verschlagen hatte, und obwohl er vermutlich schon seit Jahren hier lebte, war sein Kastilisch um einiges schlechter als das ihre.
    »Buenos dias, Don Léon. Wir haben Euch schon erwartet. Ich melde Euch sogleich bei Señor Barillo an.« Mit diesen Worten verließ er sein Pult und verschwand durch eine Tür in der Rückwand.
    In den nächsten Minuten stand Lea Höllenängste aus. Jeden Moment erwartete sie, einen Inquisitor des Dominikanerordens mit seinen Männern hereinkommen und blanke Klingen aufblitzen zu sehen. Stattdessen kehrte der flämische Kommis in Begleitung eines untersetzten Spaniers in hellblauen Hosen und einem gleichfarbenen Wams zurück. Der Mann segelte auf Lea zu und begrüßte sie überschwänglich.
    »Welch eine Freude, Euch zu sehen, Don Léon! Eure Ankunft wurde uns schon vor Monaten angekündigt, und wir waren sehr in Sorge um Euch. Es macht so viel Gesindel unsere Straßen unsicher, dass auch ein tapferer junger Herr wie Ihr seines Lebens nicht sicher ist. Und dann der Krieg mit diesen schrecklichen Mauren! Wer denen in die Hände fällt, wird einen Kopf kürzer gemacht, bevor er noch einmal Atem holen kann.«
    Um Leas Lippen spielte ein nervöses Lächeln. »Wie Ihr seht, Señor Barillo, habe ich alle Gefahren gut überstanden. Ein Brief soll hier für mich angekommen sein.«
    »Nicht nur ein Brief«, antwortete Barillo in einem Ton, als würde er die Wichtigkeit der Leute nach der Anzahl der Schreiben messen, die er für sie empfing. Er strich sich mit den Handflächen über sein Wams und bat Lea, ihm in sein Arbeitszimmer zu folgen.
    »Ich habe alles vorbereitet«, erklärte er, während er einladend die Tür aufhielt.
    Als Lea an Barillo vorbeiging, berührte ihre rechte Hand unwillkürlich den Schwertknauf. Es befand sich jedoch niemand sonst in dem Raum, der mit einem großen Tisch und vier bequemen Stühlen, einem Schrank, einem Schreibpult und zwei mit kräftigen Schlössern versehenen Truhen möbliert war. Die Fenster waren vergittert und die Außenwand an dieser Stelle mehr als eine Armspanne dick.
    »Einen Moment bitte.« Barillo trat an den Schrank, öffnete ihn und holte ein mit einem

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