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Die Goldhaendlerin

Die Goldhaendlerin

Titel: Die Goldhaendlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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schlechten Kastilisch nervten. Solange die drei mit ihrem Gastgeber beschäftigt waren, konnten sie nicht über Saint Jacques’ mangelnde Reitkünste lästern.
    Allerdings ritten die vier Bediensteten, die auf ihren plumpen braunen Pferden den Schluss der Gruppe bildeten, auch nicht besser, wie Lea erleichtert feststellte. Für eine Weile beschäftigte sie der Kontrast zwischen den vier bäuerlichen Gestalten hinter ihr und dem Edelmann, der einen halbwilden und auf maurische Weise gezäumten Grauschimmel ritt. Die Zügel und Riemen des Pferdes trugen einen hellen Samtüberzug und waren mit flatternden roten Tressen geschmückt, der Sattel mit Silberfiligran beschlagen und die Satteldecke dicht mit Rankenwerk bestickt. Cerezas Zaumzeug wirkte dagegen schlicht, war aber im Gegensatz zu dem der Reittiere hinter ihr von guter Qualität. Das Schwert, das Lea am Abend zuvor von einem Boten erhalten hatte, konnte sich auch neben der Waffe de Llorzas sehen lassen. Zwar war sein Griff nicht so reich verziert und es trug auch keine Juwelen auf der Scheide, aber die Klinge war aus dem besten Stahl, Es war in Toledo geschmiedet worden und ungewöhnlich scharf, wie de Poleur ihr bestätigt hatte. Thibaut war beim Anblick der Waffe direkt neidisch geworden und hatte sie eine Weile geschwungen, ehe er sie in die Scheide zurückgesteckt und Lea geholfen hatte, das Schwertgehänge anzupassen.
    Zu Leas Erleichterung war das Schwert um einiges kleiner und leichter als die Waffen ihrer Freunde und lag ihr wunderbar in der Hand; und doch fühlte sie sich damit nicht so sicher wie mit dem Dolch. Sie hatte nie gelernt, mit einer Waffe zu kämpfen, und wusste, dass sie sich schon beim ersten Hieb blamieren würde. Das war jedoch nicht der einzige Grund, warum das Schwert ihr Kopfzerbrechen bereitete. Wer auch immer es ihr geschickt hatte, schien überzeugt zu sein, dass ein gefährlicher Weg vor ihr lag.

5.
    Eine knappe Woche später hielt Lea Cereza zurück, als diese wie gewohnt den anderen Pferden folgen wollte. Hinter ihr lag eine ereignislose Reise durch ein felsiges Land, das jetzt im Winter grün schimmerte, im Sommer jedoch, wie sie von de Llorzas Diener erfahren hatte, unter einer sengenden Sonne lag, die einem das Mark aus den Knochen brannte. Die Gruppe hatte Granada im weiten Bogen umgangen und war zunächst zwei Tage lang durch das ehemalige Emirat geritten. Lea war bald klar geworden, dass Raul de Llorza neben seinem Hochmut noch über weitere ihr unsympathische Charaktereigenschaften verfügte. Mauren, die ihnen unterwegs begegnet waren, hatte er wie Sklaven behandelt und sich so benommen, als wäre allein der Anblick dieser Menschen schon eine Beleidigung für ihn, und einmal hatte er einen Juden, der ihm nicht schnell genug ausgewichen war, über den Haufen geritten und sich hinterher noch seiner Tat gebrüstet. Selbst Thibaut de Poleur, der sonst für jeden schlechten Scherz zu haben war, hatte sich in dem Moment abgewandt und angewidert das Gesicht verzogen.
    Die unangenehmen Zwischenfälle waren der Grund, dass Lea es eine Weile genoss, das erste Mal seit Monaten allein zu sein. Doch als sie einem Soldatentrupp begegnete, der ihr den Weg versperrte und sie zum Ziel geschmackloser Witze machte, wurde ihr doch mulmig zumute, und sie wünschte sich, de Poleur wäre noch bei ihr, denn er hätte die Situation sicher mit ein, zwei Scherzworten entspannt. Zu ihrem Glück hatte der Anführer der Rotte es eilig und befahl seinen Männern mit scharfen Worten weiterzumarschieren.
    Als Lea ihnen nachblickte, musste sie an Orlando denken. Mit ihm an der Seite hätte sie eben keine Furcht empfunden, denn er hätte den Soldaten allein durch seine Haltung Respekt eingeflößt. Sie erinnerte sich noch gut, wie sie sich gefragt hatte, woher ein einfacher Handelsagent eine so große Selbstsicherheit und eine Leichtigkeit im Auftreten hernahm, aber wenn man ein spanischer Edelmann mit dem klangvollen Namen Orlando Terasa de Quereda y Cunjol war, fiel es einem wahrscheinlich leicht, sich jedermann gegenüber richtig zu verhalten und gleichzeitig die Welt mit einem gewissen Spott zu betrachten.
    An ihrer Stelle hätte Orlando auch genau gewusst, wie er die vor ihr liegende Aufgabe lösen konnte, während sie im Ungewissen tappte und von Selbstzweifeln zerfressen wurde. Eine Weile überlegte sie, ob sie zuerst nach Alicante reiten oder lieber gleich das Monasterio von San Juan de Bereja aufsuchen sollte. Ehe sie sich entschieden hatte,

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