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Die Goldhaendlerin

Die Goldhaendlerin

Titel: Die Goldhaendlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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lang war, einen festen Mund und dunkelblaue Augen, die Feuer sprühten, wenn ihnen etwas nicht passte. Das aufbrausende Temperament der beiden spiegelte sich in ihren rötlichen Haaren wider, doch während Samuel als hübscher, wohlgeratener Junge galt, gereichten Lea mit ihren sechzehn Jahren weder ihr Aussehen noch ihr Wesen zum Vorteil.
    Im Gegensatz zu der älteren Schwester waren Elieser und Rachel ausnehmend hübsch. Beide waren von anmutiger Gestalt, hatten dunkle Augen und schwarze Haare, die durch Mütze und Kopftuch nur unvollständig verdeckt wurden. Anders als ihre jüngere Schwester verbarg Lea ihr Haar sorgfältig unter einem Tuch und trug auch schon die Tracht einer verheirateten Frau, denn sie führte an Stelle ihrer verstorbenen Mutter den Haushalt. Sie und Samuel hingen enger zusammen, als es Bruder und Schwester in Jakob ben Jehudas Augen gut tat, daher war er froh, dass das Mädchen nicht mehr lange unter seinem Dach weilen würde.
    Weder Samuel noch seinen anderen Kindern hatte er verraten, dass er nicht nur wegen Eliesers Bar-Mizwa nach Sarningen gekommen war. Es wurde allmählich Zeit, seine beiden Ältesten zu vermählen, und er hoffte, in der hiesigen Gemeinde eine Braut für Samuel und einen Gatten für Lea zu finden. Für Samuels Verlobung und Heirat benötigte er ein Privileg, das er seinem Landesherrn für teures Geld abkaufen musste, und wahrscheinlich würde er auch die Heiratserlaubnis des Jünglings bezahlen müssen, der bereit war, mit Lea unter den Traubaldachin zu treten. Doch die Sorge um die Summen, die er würde aufbringen müssen, durfte ihn nicht davon abhalten, dem Gesetz Israels zu gehorchen und die wichtigsten Schritte im Leben seiner älteren Kinder in die Wege zu leiten.
    Der Einzug der Juden blieb nicht unbemerkt. Die Leute drehten sich auf der Straße nach ihnen um, zeigten mit den Fingern auf sie und starrten sie an, als brächten sie unheilvolle Omen über die Stadt. Ein paar alte Frauen schlugen das Kreuz, so als müssten sie sich beim Anblick der gelben Hüte, die die männlichen Juden trugen, gegen höllische Mächte schützen. Gassenjungen liefen der Familie nach, verspotteten sie mit rüden Versen und bewarfen sie mit allem, was sie auf der gepflasterten Straße fanden. Meist waren es nur kleine Steine oder Schmutz, der von den Rädern der Fuhrwerke abgefallen war. Doch mehr als einmal wurde Jakob Goldstaub auch von den Exkrementen eines Hundes getroffen.
    So viel Feindseligkeit war ihm in dieser Stadt noch nie begegnet, und er nahm sich vor, seinen Schwager Esra ben Nachum, den Vorsteher der hiesigen Gemeinde, darauf anzusprechen und ihn zu warnen, denn hier braute sich etwas zusammen. Die Situation wurde ihm so unheimlich, dass er gegen alle Gewohnheit rascher ausschritt und auch seinen Kindern winkte, sich zu beeilen. Als sie die Judengasse der Stadt erreicht hatten, drängte ihn alles, das Tor in der mehr als mannshohen Mauer, die das Wohnviertel der jüdischen Gemeinde von den übrigen Straßen trennte, so schnell wie möglich zu passieren, doch der Zugang war so schmal, dass er warten musste, bis Gerschom den Wagen hindurchmanövriert hatte. Dann erst konnte er seine Kinder durch die Öffnung schieben und ihnen folgen. Als er schon aufatmen wollte, traf ihn als letzter Gruß der Gassenjungen ein Lehmbatzen am linken Ohr.

2.
    Esra ben Nachum empfing Jakob Goldstaub vor seinem Haus. Er umarmte den Gast und wischte eigenhändig einige Schmutzspuren von dessen Mantel ab. »Friede sei mit dir und deinen Kindern, Jakob ben Jehuda. Ich wünschte, ihr wärt zu einer besseren Zeit gekommen. Nun aber schüttelt den Staub der Reise von euren Kleidern und erfrischt euch.«
    »Friede sei auch mit dir, Esra, und den Deinen«, erwiderte Jakob Goldstaub den Gruß. Dann drehte er sich um und zeigte auf das mittlerweile geschlossene Tor der Judengasse. »Was geht in Sarningen vor? Als ich das letzte Mal hier war, erschienen mir die Leute viel freundlicher.«
    Der Hausherr hob die Augen zum Himmel und breitete die Arme aus. »Morgen ist Zinstag, und viele unserer Schuldner haben ihren Unmut über unsere berechtigten Forderungen lautstark unter die Leute getragen. Andere, meist Fremde, haben das ausgenützt, um unsere christlichen Mitbewohner gegen uns aufzuhetzen. Aber du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Es kommt an einem solchen Tag immer wieder zu gewissen Missstimmungen, wenn es diesmal auch schlimmer ist als sonst. Die Leute werden sich schon bald beruhigt haben, und

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