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Die Goldhaendlerin

Die Goldhaendlerin

Titel: Die Goldhaendlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Hätten wir nicht ihn konsultiert, sondern nur den Wundarzt, würde er uns alle möglichen Schwierigkeiten bereiten.«
    Die Ankunft von Veit Steer, der seine Erfahrungen als Chirurg auf den Feldzügen des kaiserlichen Heeres gemacht hatte und immer so grimmig wirkte, als hätte er ein ganzes Lazarett voll Verwundeter vor sich, hielt Sarah von weiteren bösen Bemerkungen ab. Der Wundarzt flößte dem Kranken zunächst frischen Mohnsaft ein und nahm sich dann Zeit, seine Verletzungen gründlich zu untersuchen. Nach einer Weile sah er auf und starrte Lea durchdringend an. »Wer hat dem Jungen die Schienen angelegt?«
    Lea zuckte unter seinem barschen Ton zusammen, denn sie fürchtete, sie hätte alles falsch gemacht. »Ich!«, presste sie mit kläglicher Stimme hervor. Der Chirurg nickte anerkennend und verzog seine Lippen zu etwas, das wohl ein Lächeln darstellen sollte. »Sehr gut. Ich hätte es nicht besser machen können. Wäre dein Bruder nicht so gut versorgt worden, hätte er die Reise nicht überstanden.«
    Lea errötete und murmelte einen höflichen Dank für das Lob, doch Veit Steer beachtete sie schon nicht mehr. Er inspizierte Eliesers Wunden so sorgfältig, als wollte er den Heilungsprozess mit den Augen beschleunigen, schließlich nickte er Lea anerkennend zu. »Wenn ein Mädchen Wundärztin werden dürfte, würde ich dich auf der Stelle ausbilden.«
    »Der Gott Israels hat meine Hand gelenkt«, wehrte Lea sein Lob ab und sah aufmerksam zu, wie der Arzt die noch offenen Verletzungen mit einer scharf riechenden Tinktur betupfte und frisch verband.
    Nachdem er ihr und Sarah noch einige Anweisungen gegeben hatte, wie sie Elieser versorgen mussten, verabschiedete sich der Arzt herzlich von Lea. »Hab ein bisschen mehr Selbstvertrauen, Mädchen. Du wirst es dringend brauchen.«
    Als er das Haus verließ, blickte Lea ihm durch das geöffnete Fenster nach, bis er nicht mehr zu sehen war. Was hatte Veit Steer mit seinen letzten Worten gemeint? Hatte ihm jemand erzählt, dass Samuel tot und die Familie ohne tatkräftiges Oberhaupt war? Oder spielte er auf den Markgrafen und dessen vielleicht schon bekannt gewordene Pläne mit seinen jüdischen Schützlingen an? Für einen Augenblick wünschte sie, sie hätte den Wundarzt gefragt, aber dann sagte sie sich, dass sie sich nur auf sich selbst verlassen durfte. Da Gott ihr geholfen hatte, Eliesers Leben zu retten, würde er ihr auch beistehen, damit sie die Gnade des Landesherrn erlangte. Ihr blieb jetzt nur, all ihren Mut zu sammeln und an diesem Abend noch zur Burg hochzusteigen.
    Sie schloss das Fenster und drehte sich zu Sarah um. »Ich gehe zum Markgrafen, um ihm den Tod meines Vaters zu melden.«
    Die Dienerin zuckte zusammen und machte ein so angewidertes Gesicht, als hätte Lea etwas Unanständiges gesagt. »Das ist keine Aufgabe für ein Mädchen wie dich.«
    »Wer sollte es sonst tun? Elieser ist nicht in der Lage dazu, und wenn wir einen Knecht schicken, würde der hohe Herr es als Beleidigung auffassen.«
    Sarah schüttelte abwehrend den Kopf und beschwor Lea, sich diesen Gedanken aus dem Kopf zu schlagen. Da sie jedoch nicht bereit war, ihre Abneigung zu begründen, zog Lea ein Schultertuch über ihr Kleid, bedeckte die Perücke mit einem weiteren Tuch und verließ das Haus. Unterwegs ging ihr immer wieder Sarahs letzter, angsterfüllter Blick durch den Kopf, aber sie kämpfte entschlossen gegen die Furcht und die Unsicherheit an, die ihr die Knie zittern ließen.
    Lea hatte den Markgrafen bisher nur gesehen, wenn er auf dem Weg zur Jagd durch die Straßen ritt. Er war ihr immer sehr hoheitsvoll und gnädig erschienen, aber ihr Vater hatte trotz oder gerade wegen seines Reichtums in ständiger Furcht vor ihm gelebt. »Die Huld des Markgrafen ist ein wankelmütiges Ding«, hatte Jakob ben Jehuda Samuel einige Male erklärt. »Wenn wir ihn nicht bei Laune halten, kann es passieren, dass er uns in einem Wutanfall alles nimmt, was wir besitzen, und uns als Bettler aus der Stadt treiben lässt.« An diese und andere Bemerkungen, die den Charakter des Landesherrn nicht im besten Licht erscheinen ließen, erinnerte Lea sich umso deutlicher, je näher sie der Residenz kam, und es wurde ihr klar, was für ein großes Risiko sie mit diesem Besuch einging. Doch es gab keinen anderen Ausweg. Verschwieg sie dem Landesherrn den Tod ihres Vaters, würde es so aussehen, als brächten seine Leibjuden ihm nicht genügend Achtung entgegen, und was dann geschehen würde,

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