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Die Goldhaendlerin

Die Goldhaendlerin

Titel: Die Goldhaendlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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lebensnotwendige Beziehungsgeflecht der jüdischen Kaufleute und Bankiers eingeweiht worden. Aber Samuel war tot, und Lea sah nur noch einen Ausweg: Sie musste so bald wie möglich zum Markgrafen gehen, ihn um Gnade anflehen und um die Übertragung der Rechte bitten.
    Eigentlich wäre das Eliesers Aufgabe gewesen. Ihr Bruder hatte die Reise zwar recht gut überstanden, würde aber noch viele Wochen lang das Bett hüten müssen. Also gab es für sie keinen anderen Ausweg, als für ihn einzuspringen, und sie würde es bald tun müssen, denn wenn der Markgraf vom Tod seines Hoffaktors erfuhr, bevor sie es ihm mitteilte, bestand die Gefahr, dass er das Vermögen ihrer Familie beschlagnahmen und sie alle aus Hartenburg vertreiben ließ.
    Tief in ihre Sorgen verstrickt nahm Lea kaum wahr, wie sich das enge Tal, durch das sie zogen, mit einem Mal weit öffnete und den Blick auf die Wehrmauern von Hartenburg und die über der Stadt thronende Burganlage freigab. Der Ort selbst zog sich über der hier noch recht jungen Sarn an einem Ausläufer des Rauchbergs bis zur alten markgräflichen Festung empor. Er zählte höchstens ein Viertel der Einwohner Sarningens und bestand aus schmalbrüstigen Fachwerkhäusern, die sich hinter der wuchtigen Umfassungsmauer eng um den Marktplatz und die St. Kolomanskirche scharten. Die Festung und das ebenfalls mit hohen Mauern gesicherte Schloss lagen auf einem weit vorspringenden Felssporn, ganz oben die schwer befestigte Bastei mit ihren vier mächtigen Rundtürmen, darunter die modernere Anlage, die der Vater des jetzigen Landesherrn hauptsächlich von den Abgaben des Juden Jehuda und dessen Sohn Jakob Goldstaub hatte bauen lassen. Der Markgraf wohnte in den komfortabel eingerichteten Räumen im neuen Teil, während die alte Burg nur noch als Zeughaus und als Garnison für die Soldaten genutzt wurde.
    Hartenburg hatte drei Tore, eins für die Handelsstraße, über die Lea sich mit ihren Geschwistern der Stadt näherte, eins, das auf die Straße hinausging, die tiefer in den Schwarzwald führte, und ein drittes, das die markgräflichen Bauten mit der Stadt verband. Als Lea den Schatten des Straßburger Tors auf sich fallen sah, gesellte sich zu ihren Sorgen die Angst, die Wächter könnten sie abweisen. Es waren keine städtischen Büttel wie in Sarningen, sondern Reisige des Markgrafen, die die Reisenden kontrollierten und ihre Ankunft an die markgräfliche Kanzlei meldeten. Als Lea ihren Karren auf die Männer zuschob, vertrat einer von ihnen ihr mit grimmigem Gesicht den Weg.
    »Wer seid ihr, und was führt ihr mit euch?« Seine Stimme klang jedoch nicht unfreundlich.
    »Friede sei mir dir«, antwortete sie und bemerkte erst dann, dass sie in ihrer Anspannung den gewohnten jüdischen Gruß verwendet hatte.
    Der Soldat zog verwundert die Augenbrauen hoch, musterte sie misstrauisch und wies dann auf Rachel. »Sag mal, bist du nicht die Tochter des Juden Goldstaub?«
    Rachel nickte schüchtern. Der Soldat lachte und klopfte Lea auf die Schulter. »In diesem Gewand hätte ich dich beinahe nicht erkannt, Samuel. Ihr hattet wohl Angst wegen des Sarninger Pogroms. Wir haben auch schon gehört, dass Fremde das Volk dort gegen die Juden aufgewiegelt haben und es zu einer Vertreibung kam. Aber keine Sorge, jetzt seid ihr ja in Sicherheit.«
    Lea war für einen Moment verblüfft, dass der Mann, der Samuel beinahe tagtäglich begegnet war, sie mit ihrem älteren Bruder verwechselte. Im ersten Impuls wollte sie den Torwächter auf seinen Irrtum aufmerksam machen, doch dann sagte sie sich, dass es besser war, wenn sie die genauen Umstände des Massakers für sich behielt, bis sie mit dem Markgrafen gesprochen hatte.
    »Ja, das stimmt. Die Sarninger haben mehrere Juden erschlagen und ihre Häuser geplündert. Mir erschien es besser, meinen Bruder und meine Schwester unerkannt nach Hause zu bringen.«
    Der Wächter trat an den Karren und wies auf Eliesers ausgezehrtes Gesicht. »Was hat der Junge? Hoffentlich keine ansteckende Krankheit.«
    Lea schüttelte heftig den Kopf. »Nein. Er hat sich den Arm und das Bein gebrochen und muss dringend zum Wundarzt.«
    »Dann mal rasch rein mit den jungen Pferden.« Der Wächter gab lachend den Weg frei und kehrte zu seinem Kameraden zurück.
    »Wie du siehst, hast du umsonst gehofft, die Juden würden nicht mehr zurückkommen«, hörte Lea ihn sagen. »Also wirst du das Geld, das dir der alte Goldstaub geliehen hat, bis zum letzten Heller zurückzahlen

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