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Die Goldhaendlerin

Die Goldhaendlerin

Titel: Die Goldhaendlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Forderung des Markgrafen zu erfüllen. Mit neu erwachter Hoffnung machte sie sich daran, die Papiere zu durchsuchen. Dabei stieß sie auf einen großen, mehrfach versiegelten Umschlag, den ihr Vater mit der Anweisung, ihn im Fall seines Todes zu öffnen, versehen und an Samuel adressiert hatte.
    Lea riss ihn auf und hielt dann einen aus mehreren Blättern bestehenden Brief in der Hand, der dem Datum nach kurz nach Samuels Bar-Mizwa geschrieben worden war. Mit einem tiefen Seufzer machte Lea es sich auf dem Stuhl ihres Vaters bequem und begann zu lesen. Wie sie mit wachsender Erleichterung feststellte, handelte es sich um das geschäftliche Testament ihres Vaters, in dem er seinem ältesten Sohn genaue Anweisungen erteilte, wie dieser sich nach seinem Tod zu verhalten hatte. Lea fand darin alle Geschäftspartner ihres Vaters verzeichnet mit der Art der Geschäftsbeziehung und der Summen, die er bei ihnen angelegt hatte. Zu ihrem Glück war die Liste vor knapp einem Jahr noch einmal auf den neuesten Stand gebracht worden, und wenn sie die übrigen Unterlagen sorgfältig durchsah, würde sie sich ein Bild vom jetzigen Stand der Dinge machen können.
    Als sie schon überlegte, von welchem der hier aufgeführten Händler sie kurzfristig Geld zurückverlangen konnte, stieß sie auf ein einzelnes, zusammengefaltetes Blatt, das noch einmal extra versiegelt und mit dem Wort »Wichtig!« gekennzeichnet worden war. Sie erbrach das Siegel, faltete das Blatt auseinander und wäre kurz darauf am liebsten vor Freude durch das Zimmer gehüpft. Jakob ben Jehuda hatte die Reaktion des Markgrafen auf sein Ableben vorausgesehen und für diesen Fall bei zwei vertrauenswürdigen Freunden viertausend Gulden hinterlegt, die Samuel jederzeit dort abholen konnte. Sein Schwager Esra schien sein Vertrauen nicht genossen zu haben, dachte Lea mit leichter Schadenfreude, denn die hier genannten Geschäftspartner waren Ruben ben Makkabi, ein Kaufmann aus Augsburg, und der Wormser Bankier Zofar ben Naftali. Lea kannte beide Männer vom Namen her, denn sie gehörten zu den angesehensten Mitgliedern der jüdischen Gemeinde im Reich und standen unter dem besonderen Schutz des Kaisers. Erleichtert bedeckte Lea ihr Haupt mit dem Gebetschal ihres Vaters und widmete seiner Seele ein stilles Dankgebet. Seine weise Voraussicht gab ihr das Mittel in die Hand, ihre Familie zu retten und ihre Stellung in Hartenburg zumindest so lange zu sichern, bis Elieser gesund genug war, die Stelle des Familienoberhaupts einzunehmen. Das Einzige, was sie dafür tun musste, war, sich so schnell wie möglich das Geld von den beiden Treuhändern zurückholen.
    Während sie noch überlegte, wie sie am besten vorgehen sollte, öffnete sie ein weiteres Bündel, blätterte darin und hielt plötzlich einen Umschlag mit dem Namen ihres Onkels Esra in der Hand. Neugierig öffnete sie ihn und las das oberste Blatt. Aus dem Text ging hervor, dass Esra ben Nachum sich von ihrem Vater mehrere tausend Gulden geliehen und ihm dafür christliche Schuldverschreibungen zum Pfand gegeben hatte. Neugierig warf sie einen Blick auf die Schuldbriefe und unterdrückte einen Aufschrei. Der Name, auf den sie ausgestellt waren, würde sie ihr Leben lang verfolgen. Es war der des kaiserlichen Vogts der freien Reichsstadt Sarningen, Alban von Rittlage. Neben ihm hatten drei christliche Zeugen, ein Ritter und zwei Ratsherren der Stadt die Schuldscheine im Wert von dreitausend Gulden unterschrieben und gesiegelt. Wie aus dem beiliegenden Brief von Onkel Ezra hervorging, hatte der Vogt für dieses Geld die Herrschaft Elzsprung bei Pforzheim erworben.
    Alban von Rittlage hatte die Juden in Sarningen umsonst ermorden und vertreiben lassen, denn seine Schuldbriefe hatte er dadurch nicht zurückbekommen. Wie aus Esra ben Nachums Schreiben ebenfalls hervorging, hatte der Vogt sich insgesamt fünftausend Gulden bei den Juden seiner Stadt geliehen. Das hieß, dass sie mehr als die Hälfte seiner Schuldverschreibungen in den Händen hielt. Lea bleckte die Zähne und schwor sich, dafür zu sorgen, dass der Mann jeden Heller und jeden Pfennig davon mit Zins und Zinseszins zurückzahlen musste. Einen Moment erwog sie, die Schuldverschreibungen dem Markgrafen anstelle von Bargeld anzubieten, da sie genau auf die geforderte Summe lauteten, entschied sich aber dagegen. Ernst Ludwig von Hartenburg würde es als seiner Ehre abträglich ansehen, wie ein Kaufmann Geld von einem anderen einfordern zu müssen. Außerdem

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