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Die Goldhaendlerin

Die Goldhaendlerin

Titel: Die Goldhaendlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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ihrem Vater herausgepresst hatte, und es kam ihr wie ein Wunder vor, dass es Jakob ben Jehuda trotzdem gelungen war, das von seinem Vater ererbte Vermögen zu erhalten und zu mehren. Am dritten Tag ihres Studiums war Lea so niedergeschlagen, dass sie die anderen am liebsten gebeten hätte, alles für eine heimliche Abreise vorzubereiten. Solange sie nicht über ausreichend eigenes Kapital verfügte, war es ihr schlicht unmöglich, in die Fußstapfen ihres Vaters zu treten. Als ihr die Aufzeichnungen ihres Großvaters in die Hände fielen, zeichnete sich jedoch ein Silberstreif am Horizont ab.
    Jehuda ben Elieser war vor mehr als vierzig Jahren als junger Mann nach Hartenburg gekommen und hatte von dem damaligen Markgrafen das Privileg erkauft, Gold in der Sarn waschen zu dürfen. Darin war er so erfolgreich gewesen, dass er in der Folgezeit Privileg um Privileg erworben hatte und seinem Sohn Jakob den Titel eines Hoffaktors und ein stattliches Vermögen hinterlassen konnte. Auch ihr Vater hatte in seinen jungen Jahren noch Gold gewaschen, aber die Auflistungen seiner Erträge endeten wenige Monate nach dem Tod Jehudas, obwohl einige Hinweise auf den vergilbten Blättern darauf hindeuteten, dass an einigen Stellen noch Gold zu finden war. Lea studierte eifrig die Karte, auf der ihr Großvater und ihr Vater ihre Fundstellen eingetragen hatten, und ließ sich auch nicht von den vielen Warnungen und Verhaltensmaßregeln entmutigen, die an den Rand und auf die Rückseite gekritzelt waren. Jehuda und Jakob hatten das alleinige Schürfrecht besessen, doch das hatte andere nicht davon abgehalten, die Fundstellen heimlich oder offen auszubeuten und die beiden Juden überdies noch zu verhöhnen.
    Notizen ihres Vaters konnte sie entnehmen, dass jetzt nur noch ein einziger Abschnitt des Flusses reichen Ertrag versprach. Es handelte sich um eine Schlucht weiter oben in den Bergen, auf deren Grund das Wasser der Sarn wild zwischen den Felsen hindurch schoss. In einem tiefen, kreisrunden Loch mit einem Durchmesser von mehr als einer Armspanne, das so aussah, als hätte ein Riese es in den Fels gebohrt, sollte sich ein Schatz befinden, der groß genug war, als Lösegeld für einen Fürsten zu dienen. Einige Wagemutige unter den Christen hatten versucht, das Gold zu bergen, doch sie waren alle umgekommen, und die Hartenburger hatten den Ort daraufhin zu einer Eingangspforte der Hölle erklärt und mieden ihn abergläubisch. Jakob ben Jehuda war zweimal dort getaucht und hatte dieses Wagnis seinen Worten zufolge nur mit Gottes unergründlicher Gnade überlebt. Lea verglich die Aufzeichnungen ihres Großvaters und ihres Vaters sehr sorgfältig und kam zu dem Schluss, dass es noch einige andere Stellen geben musste, an denen sich das Goldwaschen lohnte. Doch keine von ihnen würde so ergiebig sein, dass sie die benötigte Summe in absehbarer Zeit daraus gewinnen konnte, und ihre Mitbürger würden sie ganz gewiss beobachten und ihre Mühe zunichte machen, indem sie Nächtens dort ihr Glück versuchten.
    Der Schatz in der Schlucht geisterte in den nächsten Tagen durch Leas Gedanken und verfolgte sie bis in ihre Träume. Wenn sie ihn heben konnte, musste sie sich nicht mehr vor Angst und Sorge um Jochanans und Sauls erfolgreiche Rückkehr zerfressen. Es gab so viele Gefahren, die auf zwei einsam wandernde Juden lauerten, dass Lea schon bald nicht mehr daran glaubte, die beiden wieder zu sehen. Sie konnten beraubt werden, in ein Pogrom geraten oder einfach nur zur Belustigung einer Reisegruppe erschlagen werden. Und selbst wenn es ihnen gelingen sollte, allen Fährnissen aus dem Weg zu gehen, war immer noch nicht gesagt, ob sie früh genug zurückkamen. Vielleicht standen sie in einigen Wochen mit erschreckten Augen vor einem verlassenen Haus oder einem, in dem schon Fremde hausten.
    Diese Vorstellung verfolgte Lea bei jedem Schritt, und der Gedanke, das Flussgold zu heben, schien ihr mehr und mehr von Gott gesandt zu sein. In besonneneren Momenten machte sie sich klar, dass es ihr einfach nur schwer fiel, tatenlos dazusitzen und auf ein glückliches Ende zu warten. Zu viel hing davon ab, ob der Markgraf sein Geld bekam, und so entschloss sie sich, nach dem Gold zu tauchen.
    Gleich darauf wurde ihr bewusst, dass sie nicht einmal richtig schwimmen konnte, denn das war eine Kunst, die jüdischen Mädchen nicht beigebracht wurde. Sie erinnerte sich noch gut an jenen Sommer, in dem sie die Nachricht von einem Pogrom erhalten hatten, in dessen

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