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Die Goldhaendlerin

Die Goldhaendlerin

Titel: Die Goldhaendlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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keinerlei Beachtung mehr schenkten, und ließ mich die halbe Nacht lang einen schweinischen Hofnarren spielen.«
    Der Hass in Leas Stimme schockierte Ruben ben Makkabi und seine jüdischen Gäste, so dass sie Samuel strafend ansahen. Orlando lächelte jedoch, als hätte sie ihm Komplimente gemacht. »Es tut mir Leid, wenn dir mein Eingreifen missfallen hat. Doch mit weniger als der Unterhaltung, die du ihnen unter meiner sanften Anleitung geboten hast, hätte der Pöbel sich wohl kaum zufrieden gegeben.«
    Während die übrigen Gäste verständnisvoll nickten, hatte Lea an dem Spott in Orlandos Stimme zu kauen, und sie benötigte ihre letzte Kraft, um eine diplomatische Antwort zu formulieren. »Nun, Eure Scherze waren dem Volk, das sie mit mir trieb, wohl angemessen.«
    Mit Verbitterung nahm sie wahr, wie die übrigen Juden im Raum ihren Peiniger für sein Eingreifen und seine ans Wunderbare grenzende Geistesgegenwart lobten, und musste sich zurückhalten, um nicht ihrer Wut freien Lauf zu lassen. Ihr war jedoch klar, dass man ihr jedes kränkende Wort über diesen Fischkopf übel genommen hätte.
    Nach einer Weile, in der das Gespräch an Lea vorbeigelaufen war, wandte Kaleb ben Manoach, der sich nicht mit Orlandos knappen Erklärungen zufrieden geben wollte, »Freund Samuel« zu. »Was musstest du denn so alles tun, mein armer Junge? Dich etwa nackt ausziehen?«
    »Beim Gott Abrahams, nein!«, platzte Lea heraus. »Das ist mir erspart geblieben.«
    Ruben ben Makkabis Miene zeigte eine Mischung aus Mitgefühl und unverhohlener Neugier. »Was für ein Glück für dich, Samuel, denn sonst hätten die Christen dich sicher nicht nur wegen deines beschnittenen Gliedes, sondern auch wegen der Narben verspottet, die man dir, wie du in deinem letzten Brief schriebst, beim Sarninger Pogrom zugefügt hat.«
    Orlando hob den Kopf. »Welche Narben?«
    »Von Wunden, über die man nicht gerne redet«, beschied Lea ihm kühl.
    Die anderen Gäste, die von Ruben in Samuels Leiden eingeweiht worden waren, lachten verhalten, und Kaleb ben Manoach klärte Orlando eifrig auf. »Wisst Ihr, Herr Fischkopf, unser armer Freund Samuel geriet vor drei Jahren in das Sarninger Pogrom und erlitt dabei Verletzungen an jener Stelle, mit der Gott, unser Schöpfer, Adam ausgestattet hat.«
    Orlando hob den Zeigefinger zum Zeichen, dass er verstanden hatte. »Ah, am Pimmel.«
    Kaleb ben Manoach hüstelte. »Nicht nur dort.«
    Orlando drehte sich zu Lea um. »Ach, mein armer Freund, da kann ich nur hoffen, dass diese Verletzung dich nicht daran hindert, Männerwerk bei deiner Ehefrau zu verrichten.«
    Lea starrte Orlando so entgeistert an, dass er Mühe hatte, seine aufsteigende Heiterkeit zu verbergen, und Ruben ben Makkabi stieß einen tiefen, traurigen Seufzer aus. Seine Miene aber zeigte, wie froh er war, dass die Unterhaltung sich wieder dem Thema zuwandte, das ihm am Herzen lag. »Unser lieber Samuel hat sich noch kein Weib genommen. So bleibt mir die Hoffnung, dass er meine Hannah erwählt. Sie ist ein verständiges Mädchen, das ihm gewiss keine Vorhaltungen machen wird, wenn seine Verletzung ihn das eine oder andere Mal zur Enthaltsamkeit zwingt.«
    »Wenn es nur das eine oder andere Mal sein würde, wäre es ja gut«, stichelte Kaleb ben Manoach, der Samuels Weigerung, Hannah trotz ihrer reichen Mitgift zu heiraten, mit seiner Verletzung in Verbindung brachte.
    Ruben bedachte seinen Nachbarn mit einem Blick, der diesem nichts Gutes für die Zukunft versprach, während Orlando sich mit einem hinterhältigen Lächeln an Lea wandte. »So schlimm steht es doch gewiss nicht, Samuel, oder doch?«
    Lea hatte ganz vergessen, dass sie genau diesen Eindruck bei Ruben ben Makkabi hatte hinterlassen wollen, und bedachte Orlando mit einem mörderischen Blick. Reichte es dem Mann denn nicht, dass sie sich vor seinen christlichen Mitbürgern zum Narren hatte machen müssen? Warum beschämte er sie jetzt auch noch vor ihren eigenen Landsleuten? Sie schluckte die Tränen hinunter, die ihr in der Kehle brannten, und bemühte sich, so gelassen wie möglich zu antworten.
    »Eure Sorge um mein Wohlergehen ehrt mich, Herr Fischkopf, doch Ihr braucht Euch keine Sorgen zu machen. Ich bin durchaus fähig zur körperlichen Vereinigung.«
    Für einen Augenblick war Lea zufrieden mit sich selbst, denn ihre Worte entsprachen ja der Wahrheit. Schließlich war sie eine Frau, an der nichts fehlte. Im nächsten Moment aber verfluchte sie sich für ihre Unbedachtheit, denn

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