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Die Goldhaendlerin

Die Goldhaendlerin

Titel: Die Goldhaendlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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sich jedoch weniger mit den Anspielungen auf Samuels mangelnde Zeugungskraft, sondern mit der geradezu abstoßenden Vorstellung, einen Tölpel wie Jiftach heiraten zu müssen. Lieber blieb sie zeit ihres Lebens unvermählt. Solange sie als Samuel Goldstaub auftreten musste, würde das ihr Schicksal sein, denn eine Heirat kam erst dann für sie in Frage, wenn Elieser alt und erfahren genug war, um die Geschäfte selbst führen zu können. Lea ertappte sich bei dem Wunsch, dass der Zeitpunkt nie kommen möge, denn seit der Markgraf von Hartenburg und seine Mätresse sie zur Steigerung ihrer Lust gedemütigt hatten, graute ihr vor dem Gedanken an die körperliche Vereinigung von Mann und Frau. Hätte der Narr sich damals nicht gnädiger als sein Herr erwiesen, hätte sie an jenem Tag ihre Jungfernschaft und ihre Ehre verloren. Um ihre Lippen spielte ein Lächeln, als sie daran dachte, dass der Verwachsene sich kurz darauf mit den von ihr erhaltenen zweihundert Gulden aus dem Staub gemacht hatte. Der neue Narr des Markgrafen war verkommen genug, um sich willig an den obszönen Scherzen der Mätresse zu beteiligen, sollte aber bei weitem nicht mehr so witzig sein wie sein Vorgänger.
    Während Leas Gedanken sich mit der Vergangenheit beschäftigten, fand Orlando, dass sie es sich zu leicht machte, indem sie ihren Gastgeber ignorierte. Er trat an ihre Seite und tippte ihr auf die Schulter. »So nachdenklich, Samuel? Glüht in deiner Brust vielleicht doch die Sehnsucht nach den zärtlichen Händen einer Ehefrau und den Wonnen, die sie dir im Bett bereiten könnte?«
    Diesmal ließ Lea seine Stichelei wie Wasser von sich abperlen.
    »Darüber wisst Ihr sicher mehr als ich, und ob es für mich Wonnen wären, wage ich zu bezweifeln.«
    »Dich schmerzen wohl deine Wunden, wenn dich das Verlangen nach einem Weib überkommt.« Orlando lächelte boshaft.
    Da Lea als entmannt gelten wollte, musste sie auch den Spott ertragen lernen, der solche Leute traf.
    Lea sah Orlando so abweisend an, dass Ruben ben Makkabi annahm, Fischkopf habe ins Schwarze getroffen. Daher legte er die Hand auf Samuels Schulter, um ihn zu trösten. »Gräme dich nicht weiter, mein Freund. Es gibt Mittel, diese Schmerzen zu lindern. Wenn sie dich in die Lage versetzen, einen Sohn zu zeugen, solltest du dich nicht scheuen, sie anzuwenden. Ich werde dir etwas von der Mixtur besorgen.«
    Unterdessen hob einer der Gäste mit Namen Simeon ben Asser die Hand. »Die Probleme unseres jungen Freundes in allen Ehren, aber ich bin nicht hierher gekommen, um Klageweib zu spielen, sondern um über Geschäfte zu reden. Ich habe gute Nachricht für dich, Samuel. Das Schiff aus England, dessen Ankunft sich über Gebühr verzögert hat, ist endlich mit einer Ladung englischer Wolle in Amsterdam gelandet. Wie du dich erinnerst, erwarben wir einen Anteil von fünfzehn Prozent, und da mein Gewährsmann die Ware zu einem guten Preis verkaufen konnte, hat jeder von uns einen Gewinn von zweihundert Gulden gemacht. Willst du die gesamte Summe zurückhaben, oder beteiligst du dich auch an meinem nächsten Geschäft?«
    Lea, die froh gewesen war, dass endlich jemand das Thema gewechselt hatte, rechnete kurz nach. Wenn sie die ständigen Forderungen des Markgrafen erfüllen und sich dennoch ein Vermögen schaffen wollte, welches es ihr und ihrer Familie ermöglichte, sich eines Tages in einer der großen Reichsstädte niederzulassen, dann konnte sie sich nicht viele schlechte Geschäfte leisten.
    »Nein, ich werde mich wohl nicht mehr beteiligen, Simeon. Du hattest mir dreihundert Gulden als geringstmöglichen Gewinn versprochen – und das in einer weitaus kürzeren Zeit.«
    Simeon ben Asser warf in einer verzweifelten Geste die Hände hoch. »Beim Gott Abrahams, Samuel. Kann ich für die Stürme auf dem Meer? Beim nächsten Mal kommt das englische Schiff gewiss schneller, und unser Gewinn wird größer sein.«
    Lea schüttelte zweifelnd den Kopf und überlegte, wie sie ihre Ablehnung in sanfte Wort kleiden konnte. Da griff Orlando ein. »Ihr hattet einen Siebtelanteil an dieser Ladung und nur vierhundert Gulden Gewinn daraus gezogen? Ich fürchte, da hat man Euch übers Ohr gehauen. Englische Wolle wird in Flandern immer stärker gefragt, und ich habe letztens an einem Zwölftel einer Ladung fünfhundert Gulden verdient.«
    Simeon ben Asser musterte Orlando unglücklich. »Mein Gewährsmann hat das Gegenteil behauptet.«
    Lea musterte Simeon ben Asser scharf und fragte sich, ob er

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