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Die Goldhaendlerin

Die Goldhaendlerin

Titel: Die Goldhaendlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Thoratexte, während dessen Schwester Hannah Lea bedienen musste. Es war dem Hausherrn deutlich anzusehen, dass er seinem Plan, das Mädchen mit Samuel ben Jakob zu verheiraten, diesmal ein Stück näher kommen wollte.
    »Meine Hannah ist ein hübsches Mädchen, nicht wahr?«, pries Ruben seine Tochter, als hätte sein junger Gast sie noch nie gesehen. »Sie ist folgsam, fleißig und brav und auch nicht zu ausgelassen an Purim und beim Chanukka-Fest. Gewiss wäre sie einem Handelsmann, der viel unterwegs ist, eine angenehme Gefährtin und die treue Hüterin seines Hauses.«
    Lea seufzte innerlich. Die Andeutungen in ihrem letzten Schreiben hatten offensichtlich noch nichts bewirkt, also würde sie noch deutlicher werden müssen, um den eifrigen Ehestifter zu bremsen. Zu ihrer Erleichterung klopfte es an der Tür, und ein Diener meldete, dass weitere Gäste erschienen waren. Lea hätte dem Mann am liebsten ein Goldstück in die Hand gedrückt, weil er ihr eine direkte Antwort erspart hatte. Ihre Freude verlor sich jedoch rasch, denn Ruben hörte auch im Kreis seiner Freunde nicht auf, Samuel seine Tochter schmackhaft zu machen.
    Kaleb ben Manoach, einer von Rubens Nachbarn, stimmte seinem Gastgeber eifrig zu. »Wie alt bist du, Samuel? Einundzwanzig, nicht wahr? Da wird es aber höchste Zeit für dich, dir ein Weib zu nehmen.«
    Das Eintreten des Dieners bewahrte Lea erneut vor einer Antwort. »Es ist ein weiterer Gast eingetroffen, Herr«, wandte er sich an Ruben ben Makkabi. »Aber er ist keiner von uns, sondern ein Christ.«
    »Das kann nur Roland Fischkopf sein, ein Hamburger Handelsagent, der gelegentlich für mich als Aufkäufer tätig ist. Schnell, führe ihn herein.« Der Hausherr scheuchte den Diener mit einer Handbewegung fort und lächelte über die Verblüffung seiner Gäste. Trotzdem wirkte er genauso gespannt wie sie.
    Kaleb ben Manoach verzog angewidert das Gesicht. »Du arbeitest mit einem Christen zusammen?«
    Ruben ben Makkabi winkte ab. »Das tun wir doch alle mehr oder weniger.«
    »Ja, aber nicht so, dass man ihnen echtes Vertrauen schenken müsste.«
    Im selben Augenblick trat Orlando ein. Sein Blick schweifte über die versammelte Runde und blieb auf Lea haften.
    »Oh, da ist ja mein lieber Freund Samuel! Was bin ich erleichtert, dich unbeschadet wiederzusehen. Ich hatte schon Angst, man hätte dir unterwegs doch noch aufgelauert.« Seine Stimme klang so erfreut, als hätte er einen lange vermissten Verwandten vor sich.
    Lea biss die Kiefer zusammen, um die Worte zurückzuhalten, die über ihre Zunge drängten. Ihr Blick irrte zwischen Ruben ben Makkabi und Fischkopf hin und her, und sie verfluchte den Zufall, der diesen heimtückischen Christen ausgerechnet in dieses Haus geführt hatte. »Wie Ihr seht, bin ich gut in Augsburg angekommen. Das allerdings war nicht Euer Verdienst.«
    »Beileibe nicht. Aber glaube nicht, es wäre leicht für mich gewesen, Bruder Medardus Holzinger davon abzuhalten, dir zu folgen und dich doch noch auf den Scheiterhaufen zu bringen.«
    Die übrigen Gäste erbleichten bei der Erwähnung des gefürchteten Namens. Ruben ben Makkabi schluckte und starrte Lea entgeistert an. »Was höre ich da? Du bist Medardus Holzinger, diesem Sendboten des Bösen, begegnet?«
    »… und ihm entkommen!«, setzte Orlando zufrieden lächelnd hinzu.
    Kaleb ben Manoach schenkte Samuel einen anerkennenden Blick. »Das ist ein Wunder! Gepriesen sei der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs.«
    Lea erkannte mit erschreckender Klarheit, dass sie entweder ihren Peiniger loben oder das Verdienst, dem Feuertod entgangen zu sein, für sich selbst in Anspruch nehmen musste. Das Erste tun zu müssen, erbitterte sie bis ins Mark, aber sie durfte die ehrwürdigen Ältesten der Augsburger Gemeinde nicht anlügen. »Ich gebe zu, dass Medardus Holzinger sehr viel daran gelegen war, Jochanan und mich auf dem Scheiterhaufen zu sehen. Dein neuer Gast … äh, ich habe den Namen vergessen …« Lea wandte sich scheinbar gleichmütig an Orlando.
    »Fischkopf, Roland Fischkopf«, half dieser lächelnd aus.
    »Nun, Herrn Fischkopf gelang es, die Leute von dem Verlangen des Mönches abzulenken.«
    Kaleb ben Manoach musterte Orlando wie ein lebendig gewordenes Wunder Gottes. »Wie ist Euch dies nur gelungen, werter Freund?«
    »Ach, Herr Fischkopf brachte ein paar Ideen vor, wie man mehr Spaß am Judenquälen hat, als wenn man sie verbrennt. Er begeisterte die Anwesenden damit so sehr, dass sie den Reden des Mönches

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