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Die Goldmacherin Historischer Roman

Titel: Die Goldmacherin Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Conrad
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von Verwundeten gelegen, und ein, zwei Verarztungen hatten genügt, dass Prantl ihr Wunden schon allein überlassen hatte. So schnell hatte sie sich kümmern müssen, hastig die Vorräte an Medizin erfragt, fünf Pfeile seit dem Mittag selber gezogen und vier Beine abgebunden. Jetzt am Abend versorgten sie die Wunden, die geschnitten werden mussten. »Wie stillen wir nun seinen Blutfluss?« Sie achtete darauf, tief zu sprechen, denn ihre Stimme wurde langsam wieder weiblich, seit sie die besonderen Tropfen abgesetzt hatte.
    Der Medicus drehte sich für sein Alter erstaunlich behände herum und nahm eine Zange und einen flachgeklopften Eisenstab aus einer Mappe, die auf dem Grasboden lag. »Geh damit zum Hufschmied, der hat noch Feuer brennen. Glühe die Instrumente aus, damit …«
    »Ich weiß schon. Damit sich das Fleisch wenigstens schließt.«
    Der Medicus band das Bein alleine ab. »Beeile dich.«

    Aurelia hastete an den Zelten der Heerführer im Haag vorbei. Überall stöhnte es im Dunkel, schwarze Schatten schafften Waffen vorbei oder trugen Verletzte auf Bahren zu den Feldscherern hin.
    Vor dem Zelt der Hufschmiede schimmerte es rötlich aus einer Esse zwischen groben Steinen. Ein breiter Kerl mit einer Lederschürze war mit einem Hufeisen an der Feuerstelle zugange. Beim vorletzten Schritt erschrak Aurelia so heftig, dass sie stehen blieb. Das gelbe Feuerlicht flackerte lebendig, doch die Augen im ausgeleuchteten Gesicht des Schmieds ruhten starr, als wären sie tot. Wiewohl er die Arme bewegte und die Zangen in der Glut drehte, regten sich seine Wangen nicht. Tiefe Falten zerfurchten sein Gesicht, obwohl er noch nicht alt zu sein schien.
    Einmal nur als Kind hatte Aurelia solche Augen gesehen, bei einer Horde Fahrender bei Granada – und die zerlumpten Gestalten nie vergessen können, die sich um nichts mehr scherten als um die Kapseln des blauen Mohns, den sie verkochten.
    Sie fasste sich und trat noch einen Schritt auf den Mann zu. »Hier, die Zange und der Stab braucht der Medicus ausgeglüht.« Aurelia streckte sie dem Hufschmied hin.
    Er legte das Hufeisen auf die schweren Feldsteine, die die Glut einfassten, griff nach der Zange und den Flacheisen. Dabei sah er sie mit diesen leblosen Augen an. »Ich bin Oswin. Was verschlägt so einen jungen Studiosus wie dich hierher?«
    »Der Herzog bat mich um Hilfe als Arzt.« Aurelia hatte die Feldscherer nicht nach Romuald fragen können, so viel Blut war aus den Wunden geflossen, so schnell war Befehl auf Befehl über die Feldbetten hinweg erfolgt. »Ich bin eigentlich hier, weil ich jemanden suche«, fügte sie an. »Für eine Zunft.«
    Der Hufschmied Oswin schürte mit den Werkzeugen die
Glut, bis das Metall schimmerte. Er hob sie mit seinen Lederhandschuhen heraus und hielt sie in der Luft.
    »Kennst du einen Romuald aus Mainz?«, fragte Aurelia.
    In die toten Augen kehrte Leben ein, als ob eine mit Luft gefüllte Blase ganz langsam in einem Wasser nach oben stieg. Sein Mund zuckte einmal. »Gut kenn ich den. Wir teilen das vierte Mannschaftszelt den Hang hinunter.«
    Romuald war in diesem Lager! Aurelia wäre beinahe ein sehr weiblicher Seufzer entfahren, so sehr klopfte ihr Herz. Sie rang um Fassung. »Ist er jetzt dort?«
    »Wer weiß.« Oswin deutete mit den langsam ausglühenden Flacheisen ins Dunkle. Seine Züge verfielen wieder zu der starren Totenmaske. »Ist auch gleich. Du wirst ihn eh nicht mehr sprechen können.«
    »O Gott, ist er etwa …?« Sie wollte das Wort nicht einmal denken. Aurelia musste sich an dem Ellenbogen des Hufschmieds festhalten.
    Er lächelte seltsam mitfühlend. »Nein, nein. Romuald geht’s bestimmt gut, dort, wo er jetzt ist.«
    Aurelia rüttelte ihn am Arm. »Wo? Sag mir doch, wo er ist!«
    Der Schmied schüttelte Asche von den Werkzeugen, die, ein wenig in der Luft abgekühlt, wieder graueisern geworden waren. »Romuald schwebt in den sanften Armen von Bilsenhexe und Eibenirrwisch.«
    Teufelslieblinge, ihr schleichend Traumgift höhlt den Körper, zehrt am Leib. Sie sah die Stelle in den Schriften des Nonnenklosters vor ihren Augen leuchten. »Das bringt ihn um«, flüsterte Aurelia entsetzt.
    Der Schmied griff mit seiner breiten Pranke eisenhart nach ihrem Handgelenk. »Was weißt du Grünschnabel schon davon, wenn dich die Gesichter der Toten in den Schlaf verfolgen? Wenn du in jeder Nacht in Blut ertrinkst, das du hast vergießen müssen. Wenn vor dir die Engel das Gesicht abwenden,
und Höllenbrut dich frisst?«

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