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Die Goldmacherin Historischer Roman

Titel: Die Goldmacherin Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Conrad
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Er hielt ihr die erkalteten Eisen hin. »Da, für den Feldscherer. – Jeder hier betäubt sich. Die einen saufen nach der Schlacht, bis sie von der Bank fallen, die anderen vergessen ihren Schmerz im Schoß der Huren Stund um Stund, die dritten peitschen die räudigen Hunde zu Tode, weil sie’s Quälen nicht mehr lassen können. Die vierten ritzen sich die Haut, weil sie’s erleichtert. Und wir behelfen uns mit Hexenkraut.«
    Aurelia ertrug den Anblick der toten Augen des Hufschmieds Oswin nicht mehr. Sie nahm die Eisen und wandte sich ab.
    Dunkel zeichneten sich die Spitzen der Zelte vor dem Himmel ab. Aurelia lief los, sie musste Romuald vor dem Gift retten. Bilsenkraut war teuflisch: Es verging nicht im Blut, kam unvermittelt anderntags wieder, verlangsamte das Sprechen, Hören, Sehen. Was, wenn Romuald wegen dieser Nachwirkung beim Angriff getötet wurde?
    Am ersten Mannschaftszelt verharrte sie. Der Mond war hinter einer Wolke vorgetreten. Sein weißes Licht lag über den verstreuten Waffen, Sättel und all dem Zeug, es fiel auch auf die Werkzeuge in ihrer Hand.
    Im Kräuterwahn würde Romuald sie jetzt gar nicht erkennen und ihre Worte nicht hören können. Sie durfte den Grabemeister Gundalf nicht opfern, auch der verdiente zu leben.
    Aurelia machte auf der Ferse kehrt.
    »Da bist du ja endlich!«, rief der Medicus. »Schnell, sonst vergiftet ihn der Eiter.«
    Aurelia wollte die Zange und das flache Eisen auf einem Stück Leinen ablegen.
    »Halt! Nicht dorthin!« Der alte Medicus verdrehte die Augen. »Dafür glühen wir es doch aus, dass es rein ist.« Er packte das bloße, verkrustete Bein des Grabemeisters. »Du drückst mit dem flachen Stück den Wundrand platt, mit der Zange rupfst du die Splitter aus.«

    Aurelia schluckte. »Ich soll …« Sie hatte noch nie am offenen Leib gewirkt.
    »Du hast feine Hände, du kannst das. Los jetzt.«
    Aurelia kniete neben dem bulligen Grabemeister. Fest drückte sie die Wunde am Oberschenkel platt, griff einen zweizackigen Splitter tief im Fleisch und zog.
    Ein grässliches Brüllen erfüllte das ganze Zelt, der Oberkörper des Grabemeisters schnellte hoch. Ein offener Mund, seine waidwunden grauen Augen waren weit aufgerissen, sie sahen nichts vor Qual. Er brüllte noch einmal. »Du bist es! Du, die rothaarige Hexe.« Er starrte auf sein blutendes Bein. »Warum frisst du mich?« Er fiel zurück aufs Feldbett.
    Aurelia zitterte.Wie hatte er sie nur erkannt? War er am Hof bei der Zeremonie gewesen, als sie geflohen war?
    »Was wartest du, zieh den nächsten Splitter«, herrschte Prantl sie an.
    Aurelias Finger zitterten mit dem Werkzeug.
    »Nicht so zaghaft, er blutet sonst noch ganz aus.«
    Sie zog.
    Wieder brüllte der Grabemeister: »Friss mich nicht, rothaarige Hexe!«
    Der alte Medicus warf sich mit aller Gewalt auf die zuckenden Beine. »Scher dich nicht um den Wahn«, keuchte er. »Nach dem Wundfieber hat er alles vergessen und wird uns dankbar sein.«
    Aurelia suchte den nächsten Splitter über dem Knie.
    Das Schmerzgebrüll des Grabemeisters machte sie ganz stumpf.
    »Friss mich nicht …«
    Mochten die Männer im Heerlager sein Schreien für Irrgespinste halten, flehte Aurelia zum Himmel, damit es keinen auf ihre Fährte brachte.

65
    N icht drehen, sonst schneidet der Stein ihn lahm!« Der Medicus Prantl hielt mit aller Kraft den Oberschenkel, während Oswin kniend von hinten den Oberkörper des armen Grabemeisters umklammert hielt. Sie hatten den Hufschmied rufen müssen, Prantl hatte sich keinen anderen Rat gewusst. Niemand sonst vermochte den bärenstarken Gundalf niederzuhalten.
    Aurelia zog mit äußerster Vorsicht den letzten Splitter zwischen den Sehnen hinter dem linken Knie heraus.
    »Nun brenn die Wundränder mit der schmalen Kante des Flacheisens aus.«
    Oswin hatte auf Geheiß des Medicus einen schweren Steintiegel mit ein wenig Glut mitgebracht.
    »Rot- oder weißglühend?« An einem Athanor hätte sie kaum gezögert, aber über einer klaffenden Wunde zitterte ihre Hand.
    »Rot genügt und drücke nicht, halte das Eisen nur hin, als sei es leicht wie ein Blatt, das vom Baume fällt.«
    Der Grabemeister wand sich, stöhnte und schrie unverständliche Worte.
    »Gleich ist alles vorbei«, brummte ihm Oswin zu.
    Aurelia mied seinen toten Blick. Sie sammelte sich und nahm behutsam das rotglühende Eisen vom Feuer.
    »Warte, bis es blass wird«, keuchte der alte Medicus, dem der Schweiß über die Wangen rann. »Jetzt.«
    So sacht wie möglich

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