Die Goldmacherin Historischer Roman
Feldscherer.« Der Herzog strich sich übers gelbe Haar. »Ich biete dir einen Gulden die Woche.«
So könnte sie wenigstens im Heerlager bleiben und nach Romuald suchen. Irgendwo hier, vor Wien, steckte er. Aurelia hob das Kinn.
»Dafür verdinge ich mich.« Nur bis sie Romuald gefunden hatte, das schwor sie bei Gott.
»Du fackelst nicht lange. So muss es sein auf dem Feld.« Der Herzog schmunzelte. »Da habe ich wohl einen guten Fang mit dir gemacht. Regele den Sold beim Schreiber später. Laufe hinter dem letzten Zelt den Hang hinunter. Die Ersten, denen die Brandbomben des Feindes nicht ganz den Garaus gemacht haben, schleppen meine Mannen gerade heran. – Hilf, wo es nötig ist.«
Aurelia nickte nur, strich sich den Mantel glatt und ging an den Zelten vorbei. Dahinter standen Wagen mit Fourage, ein paar Rinder, in Korbkäfigen flatterten die Hühner.
Aber schon am Fuße des Hügels roch sie verbranntes Menschenfleisch. Überall schrien Verletzte. Auf einfachen Bahren stöhnten Landsknechte, die Kleider verfleckt von rostigem Blut. Alle Verletzten waren über und über von schwarzbraunem stinkendem Ruß beschmiert.
An der dritten Bahre schoss einem Landser das Blut aus einer Wunde, ein alter Feldscherer bekam den Fluss kaum gebändigt. Aurelia stürzte hinzu, griff nach der Binde an der Tasche des Feldarztes und wickelte sie um das Bein eines schreienden Kerls. »Der Herzog schickt mich als Verstärkung«, erklärte sie nur.
»Wurde auch verdammt Zeit«, murmelte der Arzt. »Gib ihm von dem Laudanum, sonst wird er wahnsinnig vor Schmerz. Wir müssen das Bein schienen und die Wunde nähen.«
Aurelia vergaß lieber gleich, was sie in den Heilbüchern der Nonnen zu Rosenthal über Reinlichkeit beim Schneiden ins Fleisch gelernt hatte. Hier auf dem Acker gab es nicht mal fließendes Wasser. »Legen wir sein Bein hoch, dann fließt das Blut weniger kräftig«, sagte sie und zog den nächstbesten Ballen Zeug herbei, der im Quartier der Feldscherer herumlag.
Während sie dem Alten beim Schienen und Nähen so gut es ging zur Hand ging, betete Aurelia, dass jemand Romuald so beistehen mochte, falls er der ärztlichen Hilfe bedurfte. Sie musste ihn so schnell wie möglich finden.
64
L ängst war der Abend hereingebrochen. Im Zelt der Feldärzte brannten auf hohen Eisenständern zahllose Talglichter. Hierher schaffte man die Männer von Adel, die beim Angriff Verletzungen erlitten hatten. Oder auch den einen oder anderen verdienten Kämpen, dessen List und Erfahrung der Herzog nicht verlieren wollte.
Solch einer war der gut Vierzigjährige vor ihr auf dem Lager, den Aurelia mit dem alten Medicus Prantl aus dem verdrecktverrußten Lederwams schälte. In der Ohnmacht wogen seine massigen Glieder noch schwerer. Aurelia wuchtete ihn auf die Seite, und der Mann stöhnte benommen auf vor Schmerz.
Prantl zog am Beinling. »Dass ausgerechnet der Gundalf nicht aufpasst …« Er schwitzte in dem dünnen Hemd, die Mäntel hatten sie längst abgelegt. »Er ist schon so lange dabei. Der Kaiser entlässt ihn nicht mal mehr nach der Schlacht und zahlt ihm weiter Sold. Es gibt keinen besseren Grabemeister.«
»Lauter Splitter wie von Stein stecken in der Wunde.« Aurelia tupfte mit einem Lappen den verwundeten Schenkel ab. Zwischen den verschmierten Beinhaaren sickerte helles Blut über die dunkelschwarzen Krusten.
»Ich versteh nicht, warum Gundalf die abbekommen hat. Er versteht wie kein anderer, Stollen unter die Mauern einer Stadt zu graben und mit Türkenpulver aufzusprengen.«
Aurelia hätte dem alten Medicus ein Lied davon singen können, wie schwerlich einzuschätzen manch Pulver war. Es gab sogar welche, die zündeten schon auf einen festen Faustschlag
hin. »Holen wir die Splitter sofort raus, damit die Wunden schließen.«
Doch bei ihren Worten runzelte Prantl die zerfurchte Stirn nur noch mehr.
»Dich besorgt etwas anderes?«, fragte sie.
»Die Wunden werden vom Pulver geätzt und schwären so stark, dass er verblutet«, erläuterte der Medicus.
»Vielleicht können wir sie mit viel klarem Wasser ausspülen?«, schlug Aurelia vor.
»Es gibt hier keine Quelle, und das Wasser aus dem Bach nehmen wir nicht. Da ist zu viel Blut hineingelaufen.« Er seufzte. »Den Splitter kann ich mit der Zange ziehen, noch ist er ohnmächtig.«
In den wenigen Stunden, seit sie dem alten Feldscherer zugeordnet war, hatte sie ihn so gut kennengelernt, als arbeiteten sie schon seit Wochen Seit an Seit. Das Vorzelt hatte voll
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