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Die Gordum-Verschwörung

Die Gordum-Verschwörung

Titel: Die Gordum-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Flessner
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Antwort entschied: „Wirklich wissen? Wahrscheinlich nichts. Aber das ist in diesem Fall, so wie ich ihn derzeit sehe, auch nicht das Entscheidende. Nicht, dass das Motiv keine Rolle spielt, versteh mich da nicht falsch, aber ob Gordum nun ein Mythos ist oder nicht, ich muss den Mörder finden. Nicht eine versunkene Stadt.“
    „Und was weißt du über den Mörder?“
    „Mehr als über Gordum. Er oder sie, natürlich kommt auch eine Frau in Frage, sitzt wie eine Spinne im Zentrum eines filigranen Netzes und zieht die Fäden, an denen alles kleben bleibt, oder sagen wir, fast alles, was Gordum betrifft. Systematisch zieht diese Spinne seit Jahren Hinweise und Spuren, die nach Gordum führen, aus dem Verkehr, und das ohne Rücksicht auf Menschenleben. Eine fanatische Spinne, die ein klares Ziel vor Augen hat, ein Ziel, das ich noch nicht genau kenne. Würde ich es kennen, wäre die Spinne auch in meinem Netz.“
    „Thea Woltke?“
    „Ob sie die Spinne ist? Das Phantom? Würde dich bestimmt freuen.“
    „So war das nicht gemeint. O.k.?“
    „Gut. Schwer zu sagen. Ihre Angaben waren immerhin korrekt. Die Kollegen in Emden haben die beiden Einbrüche bestätigt. Jaspers kümmert sich um ihre Alibis. Dann sehen wir weiter. Wahrscheinlich liegst du mit deiner Einschätzung richtig.“
    „Also doch eine durchgeknallte Esotante.“
    „So würde ich das nicht formulieren.“
    „Aber ihre Verschwörungstheorie ist doch nun wirklich das Absurdeste, was mir seit langem zu Ohren gekommen ist.“
    „Das mag sein“, entgegnete Greven, „aber wenn du die Glotze einschaltest oder die Zeitung aufschlägst, wenn du …“
    „O.k., du hast gewonnen. Du wirst ihr also nachgehen.“
    „Ich muss.“
    Sie warfen noch einmal einen letzten Blick auf das türkisblaue Haus in der Hohen Straße und spazierten langsam zum Parkplatz. Grevens Knie hatte die Nase voll von diesem Samstag, in den es sich ganz schön hatte reinknien müssen.

16. Kapitel
     
    Emden war nicht Arkham und die Johannes a Lasco Bibliothek nicht die der Miskatonic-Universität. Doch als Greven die alte Moederkerk in Emden betrat, fühlte er sich in die von Howard Phillips Lovecraft beschriebene Bibliothek versetzt. So etwa stellte er sie sich vor, nur dass die Johannes a Lasco Bibliothek bereits 1559 gegründet worden und somit weitaus älter war als die Miskatonic-Universität. Die über hunderttausend Handschriften, Inkunabeln und Drucke, die hier lagerten, hätten selbst Lovecraft in Erstaunen versetzt, und nicht zuletzt natürlich die Unterbringung in den Ruinen einer mittelalterlichen Kirche, die 1943 bei einem Bombenangriff auf die Hafenstadt zerstört worden war. Seit 1995 war die Ruine Teil eines beeindruckenden Bibliothekenbaus, der zumindest in Deutschland seinesgleichen suchte. Ein neuer Dachstuhl ruhte auf den dicken Klinkerwänden des Kirchenschiffs, imposante Säulen bildeten Torbögen, die die Höhe mehrerer Stockwerke erreichten.
    Als Greven vor dem Schalter ankam und ihn einer der Bibliothekare freundlich ansah, hätte er sich am liebsten nach Abdul Alhazreds Necronomicon erkundigt, einfach so, just for fun, doch dann holte er tief Luft, zückte seinen Ausweis und sagte sein Sprüchlein auf. Der Angesprochene beäugte sein Passfoto kritisch, ebenso sein Baumwollhemd und seine Jeans, sprang dann auf und holte eine Kollegin zur Verstärkung, die sich ihm vorstellte und nach dem Buchtitel fragte.
    „Himel von Torum: Historiae obscurae , erschienen 1602.“
    „Verlagsort?“
    „Kann ich Ihnen nicht sagen, tut mir leid.“
    „Kein Problem“, sagte die Bibliothekarin, rückte ihre Brille zurecht und bearbeitete das Keyboard eines Rechners. „Da haben wir es schon. Himel von Torum: Historiae obscurae , vermutlich 1602, Verlagsort unbekannt. Hm.“ Sie studierte den Monitor, der sich Grevens Neugier entzog. „Zwei Dinge muss ich Ihnen allerdings sagen. Erstens, Sie können das Buch nicht ausleihen, da es ein sehr altes und wertvolles ist. Da bräuchten Sie schon irgendetwas Richterliches. Zweitens, ist Ihnen klar, dass dieses Buch auf Latein geschrieben ist. Ohne profunde …“
    „Großes Latinum“, prahlte er. „Und ausleihen möchte ich es ohnehin nicht, nur ein wenig darin schmökern.“
    „Dann wird es das Beste sein, Sie folgen mir, und ich bringe Ihnen das Buch an einen der Tische dort.“
    Greven ließ seinen Ausweis verschwinden und blieb der freundlichen Autorität auf den Fersen, um mehr von dem Reich der Druckerschwärze,

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