Die Gottessucherin
nahm ihre Hand. »Ich ... ich kann Euch nicht nach Boendal begleiten.« »Macht Ihr Witze?«
»Es zerreißt mir selbst das Herz«, erwiderte er. »Aber es gibt Gründe, die mich zwingen, hierzubleiben - unabweisbare Gründe.«
»Solche Gründe kann es gar nicht geben! Ihr wisst doch, dass ich ohne Euch niemals ...«
»Ich bin unabkömmlich. Man braucht mich bei Hofe. Für heute Mittag haben sich Vertreter der Generalstände angesagt.« »Lügt mich nicht an! Ich kenne Euch und weiß, dass Ihr mich darum nie im Stich lassen würdet.«
»Mein geliebtes Goldstück«, sagte er und führte ihre Hand an sein Gesicht. »Versprecht Ihr mir, dass Ihr schweigt?«
Dabei sah er sie so ernst und traurig an, dass Reyna nur wortlos nickte.
»Man trachtet mir nach dem Leben«, flüsterte er. »Jemand plant einen Anschlag.«
»Um Himmels willen! Das ist ja entsetzlich!« »Ich bin genauso fassungslos wie Ihr. Seit Jahr und Tag säe ich Frieden, doch ich ernte Hass. Die Gefahr verbietet mir, Euch zu begleiten. Ich darf das Schloss nicht verlassen, nur hier bin ich sicher. - Aber das ist doch kein Grund zu weinen«, sagte er, als er die Tränen in ihren Augen sah.
»Ohne ... ohne Euch will ich auch nicht fahren«, schluchzte Reyna.
»Weißt du eigentlich, wie glücklich mich dein Kummer macht?« Er nahm ihr Gesicht zwischen die Hände und küsste ihr die Nässe von den Wangen. »Mein Goldstück. Mein Zauberhexchen. Mein Herzblatt.«
Seine Worte, seine Zärtlichkeiten waren wie Balsam. Reyna schloss die Augen. Leise klingelten die Schellen an ihrem Kleid. Doch kaum entspannte sie sich, begann Aragon plötzlich zu keuchen. Mit beiden Armen drückte er sie an sich. Sie spürte seinen heißen Atem, und ehe sie wusste, wie ihr geschah, leckte er ihr über das ganze Gesicht, um ihr gleich darauf seine Zunge in den Mund zu stecken, so tief wie noch nie zuvor. »Bitte ... bitte ... lasst das«, stammelte sie und versuchte, seiner Umarmung zu entkommen. Aber er ließ sie nicht los. Wieder und wieder küsste er sie, wie eine dicke, fette Schlange wand sich seine Zunge in ihrem Mund, während der Schmuck an ihrem Kleid klingelte und läutete wie die Messdienerglöckchen bei der heiligen Wandlung.
»Ja, wehr dich nur, du kleine Hexe!«, keuchte Aragon. »Das mag ich!«
Erneut presste er seine Lippen auf ihren Mund, drückte mit so starkem Griff ihre Kiefer auseinander, dass ihr gar nichts übrigblieb, als den Mund zu öffnen, und während er ihr mit der Zunge bis in den Rachen fuhr und sie würgen musste, um nicht zu erbrechen, nestelte er an seinem Hosenlatz, ohne sie auch nur einen Moment aus seiner Umarmung zu lassen. Als hätte er ein Dutzend Arme, packte er gleichzeitig ihr Handgelenk, so fest, dass Reyna vor Schmerz laut aufschrie, und presste ihre Hand an seinen Unterleib, wo etwas Hartes, Großes ihr entgegenzuckte. »Damit du dich auf unser Wiedersehen freust.« Er öffnete seine Hose, und sie sah den roten Speer, der bedrohlich auf sie gerichtet war. »Nein! Senhor Aragon! Bitte!«
Voller Entsetzen wollte sie zurückweichen, doch er hielt sie fest. »Los, du süße kleine Hexe. Fass ihn an! Du hast das doch genauso gerne wie ich!«
Er drückte noch fester zu. Im nächsten Moment spürte sie den Speer in ihrer Hand, ganz heiß und feucht. Ihr wurde übel vor Ekel und Angst.
»Auseinander! Im Namen des Allmächtigen!« Ein riesiger schwarzweißer Vogel fuhr zwischen sie - Bruder Cornelius. Noch nie hatte Reyna sich so sehr gefreut, den Mönch zu sehen.
»Ihr wagt es, Senhor Aragon, Euer stinkendes Fleisch zu entblößen?«, donnerte er. »Vor den Augen dieses Kindes? Hinaus mit Euch!«
Mit aufgerissenen Augen sah Reyna, wie der bedrohliche Speer zu einem Wurm zusammenschrumpfte, und während Aragon seine Hose zuknöpfte, stolperte er zur Tür hinaus. »Und du!« Bruder Cornelius drehte sich zu ihr um. »Habe ich dir nicht verboten, Schellen und bunte Stoffe zu tragen? Du siehst aus wie eine Dirne! Geh und zieh dir züchtige Kleider an!« Reyna gehorchte und verschwand in die angrenzende Kleiderkammer. Mit zitternden Händen öffnete sie Knöpfe und Schleifen, um sich die verbotenen Sachen vom Leib zu reißen. Sie bestand nur noch aus Angst, und Fragen über Fragen füllten ihren Kopf.
Was hatte Senhor Aragon getan? Was würde jetzt mit ihr geschehen? Was hatte der Mönch mit ihr vor? Während sie sich in ihre schwarzen Kleider zwängte und die weiße Krause um den Hals zuschnürte, sehnte sie sich nach ihrer Mutter, nach
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