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Die Gottessucherin

Die Gottessucherin

Titel: Die Gottessucherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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früh wie möglich, am besten schon nächste Woche, damit euch nichts passieren kann. Dein Reisepass liegt bereit, die Regentin selbst hat ihn unterschrieben.«
    »Nach Aachen? Was soll ich in Aachen? Ich weiß gar nicht, wo das ist!«
    Brianda hielt es nicht länger am Tisch. Sie sprang von ihrem Stuhl auf und begann, in der Stube auf und ab gehen. »Amatus Lusitanus hat dir eine Kur verordnet«, erklärte Gracia, »und die Regentin hat dir einen Pass ausgestellt.« »Eine Kur? Ich bin kerngesund!«
    »In Aachen gibt es berühmte Heilquellen. Niemand wird also Verdacht schöpfen, wenn du die Stadt verlässt, um dorthin zu fahren. Vor allem nicht, solange der Kaiser der Firma Mendes noch Geld schuldet.«
    »Das alles ist ja vollkommener Irrsinn.« Brianda blieb vor ihr stehen und schaute sie an. »Und du?«, fragte sie. »Was machst du? Hat der Herr Doktor dir auch eine Kur verschrieben? Du könntest sie besser brauchen als ich!«
    Gracia schüttelte den Kopf. »Nein. Ich bleibe hier. Ich komme erst nach, wenn Reyna frei ist. Wir treffen uns dann alle in Straßburg.«
    »Was heißt >wir alle    Gracia sprang auf und packte sie an den Handgelenken. Nur mit Mühe gelang es ihr, Brianda festzuhalten, die wütend und verzweifelt um sich schlug. »Bist du verrückt geworden?« »Du willst mir meinen Mann wegnehmen!« Brianda hatte noch nicht ausgesprochen, da verpasste Gracia ihr eine Ohrfeige. Vor lauter Schreck ließ Brianda ihre Hände sinken. Im selben Moment tat Gracia leid, was sie getan hatte. »Bitte verzeih mir«, sagte sie und nahm ihre Schwester in den Arm. »Das wollte ich nicht. Meine Hand war schneller als mein Verstand.«
    »Du musst
mir
verzeihen«, sagte Brianda und erwiderte ihre Umarmung. »Ich habe Unsinn geredet. Ich weiß ja, dass du nach Francisco keinen anderen Mann mehr lieben kannst. Sonst hättest du ja Amatus Lusitanus geheiratet.«
    Die beiden gaben sich einen Versöhnungskuss. Eine Weile standen sie wortlos und verlegen da und wussten nicht, was sie sagen sollten. Brianda rieb sich die Wange. Gracias Hand brannte, so fest hatte sie zugeschlagen. Aber noch deutlicher spürte sie ihr Gewissen.
    »Willst du gar nicht wissen, wohin wir fahren?«, fragte sie schließlich, um irgendetwas zu sagen.
    »Das ist mir ganz egal«, erwiderte Brianda. »Ich weiß nur, dass ich nicht fortwill. Ich will hierbleiben, in Antwerpen. Das ist alles.«
    »Wir fahren nach Venedig.«
    Brianda schaute ihre Schwester ungläubig an. »Nach Venedig?« »Ja«, sagte Gracia. »Da haben wir unsere größte Niederlassung. Außerdem sind wir dort sicher. Rabbi Soncino schreibt, die Dogen würden alles tun, um die Inquisition von der Stadt fernzuhalten.«
    Brianda zögerte. »Weiß ... weiß Tristan da Costa von eurem Plan?«
    »Natürlich, er war der Erste, den wir eingeweiht haben. Er tut alles, was er nur kann, um uns zu helfen. Wahrscheinlich sucht er schon ein Haus für uns.«
    Brianda schlug die Hände vors Gesicht, und während sie in Tränen ausbrach, sackte sie zurück auf ihren Stuhl. »Um Himmels willen, warum weinst du?«, fragte Gracia. »Niemals«, schluchzte Brianda in ihre Hände, »niemals fahre ich in diese Stadt. Niemals.«
    »Aber weshalb nicht?« Gracia kniete neben ihrer Schwester nieder und legte den Arm um ihre Schulter. »Venedig soll wunderschön sein.«
    »Nie, niemals!«, stammelte Brianda, geschüttelt von ihren eigenen Schluchzern. »Ich will Tristan nicht sehen. Ich würde es nicht ertragen. Er ... er ist doch verheiratet ... Er hat eine Familie ... eine Frau ...«
    »Du meinst - die Französin?«
    Gracia biss sich auf die Lippe. Brianda liebte ihn also immer noch. Warum nur hatte sie die vielen Jahre geschwiegen, statt ihr die Wahrheit zu sagen?
    Auf dem Tisch stand alles zum Festmahl bereit, die Sabbatlichter, zwei Weißbrote in einer bestickten Decke, der silberne Becher für den Wein. Es musste nur noch jemand den Segensspruch sprechen.
    »Tristan da Costa hat keine Familie«, sagte Gracia leise. »Seine Frau ist tot. Sie ist schon vor langer Zeit gestorben.« Brianda nahm die Hände vom Gesicht, und während ihre Schluchzer versiegten, schaute sie mit großen,

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