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Die Gottessucherin

Die Gottessucherin

Titel: Die Gottessucherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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richteten sich auf den Spaßmacher. Während er die Gaben einzeln in die Höhe hielt, rief er die Namen ihrer Spender aus. Obwohl er dabei ständig Witze machte, schaute Gracia kein einziges Mal hin. »Ein Geschenk für die Braut! Aus Antwerpen!« Er zeigte ein samtenes Kissen, auf dem ein Schmuckstück prangte. »Keine Sorge, es ist weder Fisch noch Schinken!«, fügte er hinzu, als die Braut sich zu ihm herumdrehte.
    Ein Fremder mit einem so dichten Bart, dass man sein Gesicht kaum erkennen konnte, nahm das Kissen und brachte es an den Tisch des Brautpaars. Francisco erhob sich, um den Wangenkuss mit ihm zu tauschen, wie es unter Glaubensbrüdern üblich war. »Enrique Nunes«, stellte er Gracia den Mann vor. »Ein Agent unserer Firma.«
    Mit einer Verbeugung präsentierte Nunes das Kissen. »Ein Geschenk Eures Schwagers. Er hat mich beauftragt, es Euch zu überreichen.«
    »Von Dom Diogo?«, fragte sie. »Das ist aber eine Überraschung!« Sie war noch ein kleines Mädchen, als sie ihren Schwager zum letzten Mal gesehen hatte: ein junger Mann, der immer Witze machte und alle zum Lachen brachte. Damals hatte sie davon geträumt, dass er sie eines Tages auf seinem schwarzen Pferd entführen würde, um sie zu heiraten. Eine ganze Nacht lang hatte sie geweint, als er nach Antwerpen gezogen war, um dort eine Niederlassung der Firma Mendes zu gründen.
    »Willst du den Schmuck nicht umhängen?«, fragte Brianda. Gracia nahm ihn in die Hand, ein kieselsteingroßes Medaillon aus Elfenbein an einer schweren goldenen Kette. In das Elfenbein war das Bildnis einer Frau geschnitzt.
    »Ein Marien-Medaillon?«, fragte Francisco und runzelte die Brauen. »Sehr seltsam.«
    Brianda lachte. »Offenbar ist Euer Bruder in Antwerpen ein richtiger Katholik geworden.«
    »Unsinn!«, fiel Gracia ihr ins Wort. »Das ist kein Marien-Medaillon - das ist die Königin Esther! Seht ihr nicht die Krone?« Am Gesicht ihres Vaters erkannte sie, dass sie richtig geraten hatte.
    »Wie unklug, solche Geschenke zu schicken«, sagte er und schüttelte seinen grauen Kopf. »Wenn das falsche Augen zu sehen bekommen - nicht auszudenken!«
    »Unklug?«, protestierte Gracia. »Zum Glück gib es noch Juden, die wissen, was sie ihrem Glauben schuldig sind.« Sie führte das Medaillon an die Lippen und küsste es. »Das ist das schönste Geschenk, das ich heute bekommen habe.«
    »Hast du dir Franciscos Geschenke überhaupt schon angesehen?«, fragte ihr Vater.
    Ihr Bräutigam schaute zu Boden, das Lächeln war wie fortgewischt aus seinem Gesicht. Gracia hatte fast ein schlechtes Gewissen, doch zum Glück blieb ihr die Antwort erspart. Ihr Neffe José wollte Francisco sprechen.
    »Ich muss Euch etwas sagen«, stammelte er aufgeregt, »etwas sehr Wichtiges. Aber nicht hier«, fügte er mit einem Blick auf die Feiernden hinzu.
    Während Francisco mit José verschwand, widmete Gracia sich wieder dem fremden Gast.
    »Erzählt mir von Diogo Mendes. Wie geht es ihm? Was macht er?«
    »Diogo Mendes ist der Pfefferkönig von Antwerpen«, erwiderte Nunes, »wenn er in seinem weißen Pelzmantel am Hafen er scheint, tritt jeder beiseite. Gleichzeitig ist er ein Held in der jüdischen Gemeinde. In der Sankt-Pauls-Kirche gab es mal ein Kruzifix, das jeden Abend blutrot erglühte. Die ganze Stadt pilgerte dorthin, um das Wunder zu bestaunen. Bis Dom Diogo es als Spuk entlarvte - eine Öllampe, von den Dominikanern angezündet. Die Christen hätten ihn am liebsten aufgehängt, aber keiner hat sich getraut.«
    Während Gracia dem Bericht lauschte, sah sie, wie José in einer Ecke auf Francisco einsprach. Ihr Neffe schien keine guten Nachrichten zu haben, denn je länger er redete, umso ernster wurde das Gesicht des Mannes, den sie gerade geheiratet hatte. Doch während Gracia zu ihnen herüberschaute, war sie mit ihren Gedanken in Antwerpen. Nein, Diogo hatte sich nicht verändert. Unter den Blicken des Kaisers hatte er die Edomiter herausgefordert - und niemand hatte ihn angerührt! Eine Frage brannte ihr auf den Lippen, etwas, das sie unbedingt wissen wollte, auch wenn es sie eigentlich gar nichts anging.
    Bevor sie sich entschließen konnte, schlug der Spaßmacher erneut mit dem Schellenbaum auf.
    »Alles, was krumme Nasen und gerade Beine hat, bitte zum Tanz!«
    »Endlich«, rief Brianda und klatschte in die Hände. »Der Mitzwa-Tanz!«
    Die Tür flog auf, und die Musiker marschierten herein: sechs Fiedler, zwei Pfeifer und ein Trommler. Sie entfachten einen solchen

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