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Die Gottessucherin

Die Gottessucherin

Titel: Die Gottessucherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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wisst, wird der Hafen von Pesaro ausgebaut. Unsere Kaufleute sind nicht länger auf Ancona angewiesen, wohl aber Ancona auf unsere Kaufleute. Ohne unsere Handelsfirmen geht die Stadt zugrunde.«
    »Dass ich nicht lache! Der Hafen von Pesaro ist ein Tümpel, und es ist nur eine Frage der Zeit, dass Guidobaldo Euch das Asyl kündigt. Er ist jetzt schon wütend, dass jüdische Schiffe aus Saloniki und Edirne wieder den Hafen von Ancona anlaufen.« Seine Augen verengten sich zu zwei Schlitzen. »Nein, ich lehne Eure Forderung ab. Freiheit nur für Dom José, oder der Krieg geht weiter. Ich bin nicht befugt, Euch weitere Zugeständnisse zu machen.«
    Gracias Hochgefühl verflog so schnell, wie es entstanden war.
    Der Spanier meinte, was er sagte. Sie versuchte darum einen anderen Weg.
    »Wer garantiert mir, dass Dom José überhaupt noch lebt?« »Die Frage hatte ich erwartet«, sagte Aragon, »schließlich kenne ich Euch lange genug.« Er zog einen Brief aus der Tasche und reichte ihn ihr. »Ist Euch die Schrift vertraut?« Gracia nahm den Brief und faltete ihn auseinander. Ja, das war Joses Schrift. Eilig überflog sie die Zeilen. Ihr Neffe beschrieb darin die Lage der Juden in Ancona, nannte die Namen der Marranen, die mit ihm im Gefängnis saßen, sowie die der Verurteilten, die bereits hingerichtet worden waren - ja, er erwähnte sogar, dass der Hafen von Pesaro bald auf Kosten der Juden ausgebaut werden sollte. Davon konnte er erst vor wenigen Wochen erfahren haben. Kein Zweifel, José lebte.
    »Dass Euer Agent sich überhaupt noch zu Wort melden kann, ist keine Selbstverständlichkeit«, sagte Aragon. »Wenn es nach unserem Freund Cornelius Scheppering gegangen wäre, wäre er längst tot. Er hat Dom José selbst verurteilt, mit dem albernsten Beweis der Welt! Ein Stückchen Haut - ich brauche wohl nicht deutlicher zu werden. Aber ich habe den Herrn Inquisitor in die Schranken gewiesen und meine Hand über Euren Neffen gehalten.«
    Gracia blickte prüfend in sein Gesicht. Aragon war der unangenehmste Mensch, den sie kannte, ihr wurde übel, wenn sie ihn nur sah, aber im Gegensatz zu Cornelius Scheppering war er kein Fanatiker. Auch wenn er José noch so sehr hasste - wenn es ihm zum Vorteil gereichte, würde er selbst dem Rabbiner von Jerusalem das Leben retten. Ja, sie glaubte ihm. Doch wenn der Spanier José tatsächlich geholfen hatte - was hatte ihn dann dazu bewegt? Gracia fiel nur eine Möglichkeit ein. Der Papst wagte es nicht, Hand an ihn zu legen. Weil José ein Untertan des Sultans war. »Tut mir leid«, sagte sie. »Aber meine Glaubensbrüder haben beschlossen, die Blockade fortzusetzen. Der Beschluss der Gemeinde gilt. Mir sind die Hände gebunden.«
    Aragon hob die Brauen. »Wollt Ihr wirklich Euren Neffen opfern, Dona Gracia? Den Bräutigam Eurer Tochter?« Wie ein Teufel lächelte er sie an. »Redet Euch nicht auf fremde Beschlüsse heraus, das ist Euer nicht würdig und entspricht nicht Eurer Art. Ihr seid die Herrin des jüdischen Volkes - la Senhora! Ihr allein entscheidet!«
     

26
     
    »Wie kannst du es wagen, mir so in den Rücken zu fallen? Eine Audienz bei Süleymans Sohn! Ohne mich zu fragen!« »Wenn ich dich gefragt hätte, hättest du es mir doch nur verboten !«
    »Allerdings! Mein Gott, was hast du dir dabei gedacht? Jetzt weiß der Sultan, dass du dich weigerst, Omar zu heiraten. Eine Katastrophe! Hast du dich auch nur eine Sekunde gefragt, was du damit anrichtest? Der Tiberias-Vertrag ist noch nicht unterschrieben.«
    »Ich wollte nur José helfen. Ist das ein Verbrechen?« »Statt José hast du unseren Feinden geholfen. Aragon hat mich die ganze Zeit angegrinst, am liebsten hätte ich ihm eine runtergehauen. Deinetwegen weiß er, dass wir erpressbar sind! Und nicht nur er, sondern auch der Papst! Etwas Dümmeres hättest du gar nicht anstellen können!« Gracia hielt in ihrem Redeschwall inne und schaute ihre Tochter mit gerunzelter Stirn an. »Sag mal, damals, im Golf von Venedig, das Verschwinden der Fortuna - hast du damit etwa auch zu tun?« Reyna brauchte gar nicht zu antworten. Ihre Mutter begriff auch so, dass sie richtig geraten hatte, als sie in das schuldbewusste Gesicht ihres Kindes blickte.
    »Bist du wahnsinnig? Willst du uns alle zugrunde richten?« »Was blieb mir anderes übrig?«, protestierte Reyna. »Ich wollte deine Schwester um Hilfe bitten.«
    »Brianda? Ich dachte, du wolltest nie mehr etwas mit ihr ...« »Tristan da Costa sollte nach Ancona fahren. Du hast

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