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Die Gottin des Sternentanzes - Unter dem Weltenbaum 06

Die Gottin des Sternentanzes - Unter dem Weltenbaum 06

Titel: Die Gottin des Sternentanzes - Unter dem Weltenbaum 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
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Sicht.
Nein!
Aber wenn die Prophezeiung einen erst einmal fest im
Griff hatte, gab es kein Entkommen mehr.
Das Reh hob einen Vorderhuf, ließ die Ohren spielen,
lauschte, blickte voll plötzlich erwachender schrecklicher
Erinnerungen, und …
»Vertraut mir«, flüsterte Timozel von unten. Vertraut
mir.
Nein!
»Axis!« rief Faraday »Vergebt mir!«
… und das Reh wandte sich ab und …
Der Jüngling umschloß mit einer Hand ihr Fußgelenk.
»Hab ich Euch!« lachte er rauh.
… sprang durch den Wald davon. Das Licht malte
goldene Kringel auf seinem Rücken. Es lief frei und ungebunden davon.
    Der Sternenmann atmete tief ein und dann schwer wieder
aus. Tiefste Traurigkeit umfing ihn. Er hätte nicht gedacht, daß Lomans Ende ihm so nahe gehen könnte.
    »Er ist nun frei«, sagte Brode. »Seine Füße fliegen
über die heiligen Pfade.«
»Möchtet Ihr, daß ich …«
»Ja, Sternenmann, das wäre sehr freundlich von Euch.«
Arne und der Häuptling traten ein paar Schritte zurück, und Axis kniete sich neben dem toten Awaren hin.
Einen Augenblick später erhob er sich wieder, gesellte
sich zu den anderen, und Lomans Leiche leuchtete hell
auf, um dann in alles verzehrenden Flammen zu vergehen.
Alle drei verabschiedeten sich in Gedanken von ihm.
Erst später, sehr viel später, schaute der Krieger sich
um, als ihm bewußt wurde, daß Faraday noch nicht zurückgekehrt war. Zuerst glaubte er, sie habe sich wieder
einmal im Heiligen Hain versäumt – manchmal blieb sie
jetzt beinahe drei Stunden dort –, aber als der Morgen
hereinbrach, wurde er immer unruhiger.
Aber Arne hielt ihn fest, als er in die Nacht hinauslaufen wollte. »Geht ihm nicht auch noch in die Falle!«
warnte der Getreue zwischen zusammengebissenen Zähne, weil es ihn alle Kraft kostete, den Sternenmann zum
Dableiben zu bewegen. »Wenn er die Edle gefangen hat,
werden wir sie bald finden. Brode hat gesagt, daß wir
morgen die Eisfestung erreichen.«
»Ach, Ihr Sterne!« klagte laut der Krieger. »Er hat die
Falsche erwischt. Was habe ich ihr nur angetan?«
Axis war sich sicher, den Zerstörer besiegen zu können – er mußte sich einfach sicher sein! –, aber ob sich
Faraday noch retten ließe? Der Krieger wußte ja nicht
einmal, ob sie überhaupt noch unter den Lebenden weilte.
    Diese war inzwischen ganz starr vor Kälte und Angst.
Timozel hielt sie mit klauenharten Fingern am Arm, und
ihre zarte Haut hatte sich an diesen Stellen verfärbt.
    Nun zerrte er sie auch noch durch einen Eistunnel. Allerlei unheimliche Wesen hüpften und sprangen jenseits
der durchsichtigen Wände umher. Das Eis verzerrte ihre
Züge zu Grimassen und ihre Körper zu Alptraumgestalten, aber die Edle wußte nicht einmal mehr zu sagen, ob
es sie wirklich gab.
    Am Ende des Tunnels befand sich eine Tür, und Faraday wußte plötzlich genau, wer dahinter wartete.
»Ich habe Euch vertraut, Timozel«, brachte sie
schließlich unter Mühen hervor.
»Ihr wart eben immer schon eine Närrin.«
»Bedeutet Euch mein Vertrauen denn gar nichts? Ihr
habt einmal feierlich geschworen, mein Ritter zu sein
und mich immer zu beschützen … Wie verträgt sich das
denn mit dem, was Ihr mir jetzt zufügt?«
Der Jüngling blieb so plötzlich stehen, daß Faraday
das Gleichgewicht verlor und zu Boden sank. Der Umhang war halb von ihr heruntergeglitten, und so litt ihre
Haut nicht nur unter Timozels brutalem Griff, sondern
auch unter der strengen Kälte.
»Ihr habt doch alle Schwüre gelöst, die uns aneinander
banden!« schrie der Jüngling. »Ihr habt mich davongejagt
und mich damit erst in Gorgraels Knechtschaft gestoßen.
Auf Gedeih und Verderb bin ich seitdem seiner Gnade
ausgeliefert. Jetzt beklagt Euch nicht darüber, daß ich
Euer Vertrauen nicht zu würdigen wüßte.«
Timozel atmete tief durch und befahl: »Schaut mich
an!«
Sie wandte das Gesicht noch weiter von ihm ab.
»Ihr sollt mich ansehen!«
Die Edle hob ihren Kopf nun, aber weniger wegen
seiner harschen Worte, sondern vielmehr vor Schmerz,
weil er ihr den Arm verdrehte.
»Metze!« fuhr er sie an. »Wenn Ihr die Früchte Eurer
Begierden ernten wollt, nun dann soll es also sein!«
Sein Griff wurde noch härter, und gegen ihren Willen
entfuhr der Edlen ein Schmerzensschrei.
»Frohlocket, Faraday, und setzet Euer glücklichstes
Lächeln auf; denn gleich werdet Ihr Gorgrael gegenübertreten. Er ist von nun an Euer wahrer Herr. Wir werden
an seinem Kamin sitzen und Wein aus seinen Kristallgläsern trinken.

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