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Die Gottin des Sternentanzes - Unter dem Weltenbaum 06

Die Gottin des Sternentanzes - Unter dem Weltenbaum 06

Titel: Die Gottin des Sternentanzes - Unter dem Weltenbaum 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
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Zerstörer tot sehen,
Sternenmann«, antwortete der Aware. »Ich werde Euch
bestimmt keine Last sein.«
Axis nickte, und ohne weiteres Wort setzten die drei
ihren Marsch fort.
    Zwei weitere Stunden mußten vergehen, ehe sie die Eisfestung erreichten. Die letzten ein oder zwei Meilen
wanderten sie durch den weiten Schatten, den das Bauwerk auf die Schneelandschaft warf. Es ist der Schatten,
der die wahre Natur des Prismas aufdeckt, sagte sich der
Krieger. Es mochte hell und schön wie die Sonne selbst
sein und leuchten, doch sein Schatten war schwärzer
noch als Rabenflügel. Außen prächtig anzuschauen, barg
es in seinem Innern ein Herz voller Dunkelheit.
Als sie vor den Eismauern standen, unternahm der
    Krieger einen letzten Versuch, die beiden Gefährten zum
Zurückbleiben zu bewegen. Aber auch jetzt ließen sie
sich nicht umstimmen.
    »Drinnen lauern doch Hinterhalt und Verrat«, bemerkte Arne düster.
Brode schüttelte nur den Kopf, denn zum Sprechen
fehlte ihm inzwischen jede Kraft.
Axis nickte zustimmend. Im Innern der Festung erwartete sie der Tod, dessen war er sich sicher. Aber jeder
Mann verdiente es, sich seinen Tod selbst auszusuchen.
Die beiden Gefährten hatten schon vor langem unmißverständlich geäußert, welche Wahl sie getroffen hatten.
»Dann los«, forderte der Sternenmann sie auf und Erregung packte ihn bei der Vorstellung, schließlich doch
noch seinem Halbbruder gegenüberzutreten.
Die Prophezeiung sollte sich erfüllen.
    Sie betraten die Festung durch eine kleine Tür an der
Südseite. Sie hatte offengestanden und wurde auch nicht
bewacht. Doch Axis spürte Gorgraels Gegenwart jetzt
fast körperlich. Sie lag wie ein übler Gestank über allem
– besser konnte er dieses Gefühl nicht beschreiben. Als
er Brode anschaute und dessen Gesichtsausdruck sah,
wußte er, daß es dem Awaren ähnlich erging.
    Arne zog sein Schwert und schob sich an dem Krieger
vorbei und hinein. Sein Gesicht war ruhig, seine Haltung
gefaßt. Der Getreue hatte nie auch nur einen Moment
gezögert, wenn es darum ging, seinen Herrn zu schützen.
Soweit es Axis betraf, würde ihm nie in den Sinn kommen, etwas Unbesonnenes zu tun.
Der Krieger folgte ihm, und Brode trat humpelnd, aber
entschlossen als letzter ein.
    Die drei fanden sich in einem Irrgarten wieder. Eistunnel führten in alle Richtungen, und die Seitengänge
bogen in verrückten Winkeln von ihnen ab. Treppen endeten an spiegelglatten Wänden oder ließen sich von
Decken herab. Wieder und wieder mußten die Gefährten
den Weg zurückgehen, den sie gekommen waren, weil
sie sich in leeren Kammern oder bedeutungslosen Sackgassen wiedergefunden hatten.
    Zeit verlor bald alle Bedeutung für sie.
Am späten Nachmittag hatten die drei die Eisburg betreten, doch mochten auch noch so viele Stunden vergehen, das Licht in diesem Bauwerk verlor nie seine Helligkeit. Geduldig strahlte es durch die Wände, brach sich
an Eisflächen und verlor sich auf Böden und Decken.
Wieviel Zeit bereits vergangen sein mochte, konnten die
Männer nur am Grad ihrer eigenen Ermüdung ermessen.
Und selbst diese spielte keine Rolle mehr.
Brode faßte sich nur noch an die Brust, während sein
Gesicht alle Farbe verlor und die Augen immer tiefer in
ihre Höhlen sanken. Dennoch mühte und zwang er sich,
dem Helden mit dem roten Umhang zu folgen. Und auch
dem verschlossenen Mann, der sich noch vor jenem bewegte. Alles in dieser Festung wirkte falsch und aus den
Fugen geraten. Aber der Aware spürte den Wahnsinn, der
diese Burg geschaffen hatte, und fühlte dessen Haß und
Gier.
Die Sinne des Häuptlings erfaßten aber auch das awarische Blut des Burgherrn und erkannten dessen Ähnlichkeit mit seinem eigenen. Brode hatte sich sein Leben
lang an den Glaubensgrundsatz seines Volkes gehalten,
keine Gewalt auszuüben. Für ihn hatte nie ein Zweifel an
der Rechtmäßigkeit dieser Einstellung bestanden. Doch
jetzt mußte er sich eingestehen, daß die Waldläufer sich
damit nur selbst etwas vorgemacht hatten. Denn auch den
Awaren war die Gewalt angeboren. Sie mochte sich vielleicht nicht in Zerstörungswut oder ähnlichem äußern,
kam dafür aber in ihrer Lebensart und in ihren Einstellungen zum Ausdruck. Denn was war die Probe, der die
Awaren diejenigen unter ihren Kindern unterzogen, bei
denen sich große Zaubermacht andeutete, anderes als
Gewalt? Aber auch der Zorn und die Unbeherrschtheit
waren ein Zeichen dafür, die sofort an die Oberfläche
drangen, wenn die

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