Die Gottin des Sternentanzes - Unter dem Weltenbaum 06
Auf immer und ewig und noch länger!«
Faraday riß die Augen weit auf, weil der schiere
Wahnsinn aus seiner Stimme drang. Aber da ging die Tür
am Ende des Gangs knarrend auf, und sie schaute erschrocken dorthin.
Der Jüngling riß die Edle hoch, hob sie auf seine Arme
und trug sie zu der geöffneten Tür. Durch den breiten
Spalt ließen sich zuckende Schatten erkennen.
Faraday vergrub ihr Gesicht an seiner Brust und haßte
sich dafür. Aber der widerwärtige Jüngling erschien ihr
immer noch angenehmer als das, was sie jenseits der Tür
erwarten würde. Sie versuchte, die Macht der Mutter in sich
zu erreichen, aber diese schien hier im Reich der Dunklen
Magie unendlich weit fort zu sein. Die Edle betete darum,
daß Timozel kurz vor der Tür doch noch zur Besinnung
käme. Daß er sich der Freundschaft und Treue erinnerte,
die einst sein Verhalten zu ihr bestimmt hatten. Daß er
kehrtmachte und sie hinaus ins Licht in Sicherheit brachte.
Aber sie wußte, daß er das nicht tun würde.
Als sie über die Schwelle gelangten, wurde es auf
einmal wärmer. Leise wimmernd drückte sie die Augen
fest zu und versuchte, sich in Timozels Armen so klein
wie nur möglich zu machen.
»Faraday.«
Ihr Name wurde in widerlicher Weise gezischt und
von einer Zunge hin- und hergerollt, die unsägliche Mühe hatte, das Wort hervorzuwälzen.
»Wie sehr ich mich nach Euch gesehnt habe.«
Die Edle spürte, wie der Jüngling seine Körperhaltung
änderte und die Arme ausstreckte, so als wolle er …
»NEIN!« schrie sie, als Timozel sie dem Zerstörer
überreichte.
Faraday wehrte sich mit all ihren schwachen Kräften.
Sie trat, biß und kratzte und würgte, als sie die echsenartige Haut Gorgraels spürte, an ihren Fingern und auf ihrem Mund. Aber das machte nicht den geringsten Eindruck auf ihn. Er lachte nur und schnaufte triumphierend.
»Geht!« rief er Timozel zu. »Verzieht Euch!«
Sie saßen vor dem Kamin und hielten kostbare Kristallgläser, gefüllt mit edlem Wein, in den Händen.
Der Zerstörer döste vor sich hin und betrachtete sie,
die im Sessel ihm gegenüber saß, aus halb geschlossenen
Lidern. Faraday war es gelungen, den zerrissenen Umhang mehr oder weniger um sich zu wickeln. Aber gegen
das Zittern der Hand, die das Glas hielt, kam sie nicht an.
Der Großteil des Inhalts lief ihr über den Arm und sammelte sich in ihrem Schoß.
Gorgrael war mit sich und der Welt zufrieden. Da
konnte er durchaus etwas großzügig sein. Wie schade,
daß er die Schöne würde töten müssen. Eine richtige
Schande. Zum wiederholten Mal überlegte der Zerstörer,
ob es nicht doch eine Möglichkeit gebe, sie bei sich zu
behalten. Vielleicht gelang es ihm ja, Axis zu vernichten,
ohne zu diesem Behuf die Edle umzubringen. Er fühlte
zärtliche Gefühle in sich aufsteigen, und so etwas wie ein
Beschützertrieb erwachte in ihm. Faraday hatte sich noch
nicht sehr willig gezeigt, aber das würde die Zeit schon
mit sich bringen.
Timozel saß zwischen den beiden vor dem Feuer. Er
spürte beruhigend die Visionen zurückkehren und sagte
sich, daß sein Herr und Meister den Sieg bereits errungen
habe.
Alle Schlachten waren geschlagen. Der Feldherr saß
mit seinem Herrn vor dem prasselnden Kaminfeuer. Faraday stand bei dem großmächtigen Fürsten. Der Jüngling hatte endlich zum Licht gefunden, und sein Schicksal
hatte sich erfüllt.
Sie genossen zusammen den edlen Tropfen und hielten
kunstvolle Kristallgläser in den Händen.
Sie hatten den endgültigen und vollständigen Sieg errungen.
32 F ÜNF
H
ANDBREIT GESCHÄRFTEN
S
TAHLS
Als der Morgen graute, ging es auch mit Brode langsam
zu Ende, aber er beharrte darauf, die beiden Männer zur
Festung des Zerstörers zu führen.
»Ich kann ihn deutlich spüren, Sternenmann«, keuchte
der Häuptling. »Er ist ganz nah.«
»Diese Angelegenheit geht nur Gorgrael und mich
an«, entgegnete Axis sanft. »Brode, Ihr habt genug geleistet. Wartet hier auf meine Rückkehr.« Er sah Arne
an, der neben dem Awaren stand und ihn stützte. »Das
gilt auch für Euch, getreuer Freund. Bleibt lieber hier.
Ihr könnt mir doch nicht gegen den Zerstörer beistehen.«
Die beiden starrten ihn an, und unumstößliche Entschlossenheit stand in ihrem Blick geschrieben.
»Bitte«, versuchte der Krieger es noch einmal, obwohl
er wußte, wie vergeblich seine Worte waren. »Bleibt zurück. Der Himmel ist klar, und ich entzünde Euch ein
warmes Feuer.«
Die drei waren im frühesten Morgengrauen
Weitere Kostenlose Bücher