Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gottin des Sternentanzes - Unter dem Weltenbaum 06

Die Gottin des Sternentanzes - Unter dem Weltenbaum 06

Titel: Die Gottin des Sternentanzes - Unter dem Weltenbaum 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
Vom Netzwerk:
Flügel und Glieder Gorgraels zuckten und zappelten wild, und der Krieger ließ
die gesamte Macht und Schönheit des Sternentanzes in
Leib und Seele seines Bruders fließen.
Das Holz des Erdbaums durchbohrte des Zerstörers
Herz und brachte es zum Bersten. Etwas Schwarzes und
Widerwärtiges spritzte durch Gorgraels Innereien und
verströmte sich dann durch die ganze Eisfestung.
Der Zerstörer erbebte noch einmal und lag dann vollkommen still da.
Axis aber spürte soviel Lebenskraft durch sich strömen, daß ihm die Knie weich wurden. Und er wäre gewiß gestürzt, wenn er sich nicht immer noch mit beiden
Händen gegen das Zepter gestemmt hätte.
Aber Schmerz und Verlust folgten, und er beugte sich
über das Wahrzeichen und über seinen Bruder und
schluchzte.
»Faraday!«
    Arne rappelte sich langsam wieder auf. Er blutete aus
Ohren und Nase und zitterte noch am ganzen Körper. So
viel Schrecknisse waren durch die Ritzen der Tür aus der
Kammer auf ihn eingestürmt. Als er wieder stand und
sich langsam faßte, konnte er es nicht glauben, daß er
noch lebte.
    Und dann merkte er, wie die Wände links und rechts
neben ihm zersplitterten.
Vor seinen schreckgeweiteten Augen breitete sich ein
Riß über die ganze Länge des Tunnels aus und wurde so
breit, daß Arne den Finger hineinstecken konnte.
Dem folgte ein zweiter Riß und ein dritter, bis ein riesiges Spinnennetz die Wand bedeckte, so als würde sie Risse und Sprünge gebären – und diese bewegten sich aufeinander zu, als besäßen sie tatsächlich ein Eigenleben.
»Axis!« rief der Getreue, und es klang wie eine Verwünschung. Sie befanden sich mitten im Herzen eines
riesigen, zerfallenden und zersplitternden Berges aus Eis.
»Axis!«
Er warf sich gegen die Tür – hätte sich dabei beinahe
die Schulter zerschmettert – und starrte in das Gemach.
Am gegenüberliegenden Ende befand sich ein Kamin,
und davor beugte sich der Krieger über etwas Widerliches und Scheußliches … und stützte sich … auf einen
Stock?
Arne rannte durch den Raum und packte seinen Herrn
an den Schultern. »Axis, wir müssen hier raus!«
Der Sternenmann hob langsam den Kopf. »Arne?«
»Los!« rief der Getreue und zerrte an ihm. Versuchte,
ihn hoch zu bringen. War sein Herr etwa verwundet?
Überall war Blut, bedeckte sogar das Langhemd Axis’.
»Jetzt kommt doch!«
Der Krieger blinzelte und schüttelte den Kopf. Seine
Hände umklammerten immer noch das Zepter, und zwischen seinen Fingern drang sein Licht hervor. Unter der
Spitze steckte der Stab immer noch in Gorgraels Leib,
der jetzt auseinanderfiel. Axis spürte Brechreiz in sich
aufsteigen, als das Fleisch von den Knochen rutschte und
die Rippen sich nach innen bogen.
»Nun kommt«, drängte Arne wesentlich ruhiger, »es
ist vorbei.«
Der Krieger seufzte. »Ja, es ist vorbei.« Er stellte ein
Knie hoch, und jede körperliche Bewegung bedeutete
größte Anstrengung und Kraft für ihn. Als er wieder auf
beiden Beinen stand, bückte er sich noch einmal und zog
das Zepter aus dem Loch, das vorher die Brust des Zerstörers gewesen war. Damit zerfiel der Leichnam vollends. Und in seinem Zerfallen begann der Boden gefährlich zu beben.
Arne warf seinem Herrn den Umhang über die Schultern und zerrte ihn zur Tür.
»Faraday ist tot«, sagte Axis leise.
»Dann überlebt um ihretwillen!« rief der Getreue.
»Wenn Ihr hier ebenfalls zugrundegeht, triumphiert der
Zerstörer am Ende doch noch! So kommt doch, Axis, ich
bitte Euch!«
Endlich setzte sich der Sternenmann in Bewegung. Er
tat einen Schritt, dann noch einen und stolperte endlich in
Richtung Tür. Arne folgte ihm.
Als er an dem Stück grünen Stoff aus dem Gewand
der Edlen vorbeikam, hob er es vom Boden auf und wikkelte es wieder um den Kopf des Zepters.
Das Regenbogenlicht erstarb, aber er spürte immer
noch, wie der Stab in seiner Hand bebte.
»Faraday«, sagte Axis ein letztes Mal, dann verließ er
die Kammer.
    Sie rannten zwischen einstürzenden Wänden und Eisspeeren hindurch, die von zerfallenden Decken herabregneten. Das gesamte Labyrinth bockte wie ein Tier und
verdrehte sich. Immer wieder stürzten Arne und Axis,
und gegenseitig halfen sie sich wieder auf. Der eine riß
den anderen zurück, wenn Gefahr drohte. An Hand, Haaren oder Kleidung zogen sie sich aus Abgründen und
Löchern, und später wußte der Krieger nicht mehr zu
sagen, wie sie lebend aus der Eisfestung hinausgekommen waren. Aber sie entkamen diesem Irrsinn und stolperten

Weitere Kostenlose Bücher