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Die Gottin des Sternentanzes - Unter dem Weltenbaum 06

Die Gottin des Sternentanzes - Unter dem Weltenbaum 06

Titel: Die Gottin des Sternentanzes - Unter dem Weltenbaum 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
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noch ging von ihm die bösartige und
widerwärtig faulige Ausstrahlung aus, wie Axis sie aus
den Alpträumen kannte, mit denen dieser der Finsternis
verschriebene Bruder ihn den Großteil seines Lebens
verfolgt hatte.
Gorgrael hatte sein Gesicht zu einem höhnischen Grinsen verzogen. Die Lippen waren weit über seine gefletschten Hundezähne zurückgezogen, und die lange Zunge hing
heraus und pendelte am Kinn. Dazu hatte er die Flügel
ausgebreitet und die glänzenden Krallen ausgefahren.
Doch trotz dieser Erscheinung bemerkte Axis, daß
sein Bruder erfüllt war von alles verzehrendem Neid. Er
konnte ihn förmlich spüren.
Der Krieger wußte nicht, wie er in Gorgraels Augen
wirken mußte. Ahnte nicht wie selbstsicher, golden und
fürstlich Axis aussah. Der Halbbruder stellte alles dar,
was Gorgrael sich immer für sich ersehnt hatte. Und nun
stand er vor ihm, mit kühlen blauen Augen, fast lässiger
Haltung und ohne die geringste Furcht.
Dies jedoch entging Axis’ Vorstellung, denn eben hatte er Faraday entdeckt.
Der Zerstörer hielt die Edle in seinen Klauenhänden.
Die eine drückte sich ihr in den Hals, die andere stach in
ihren Bauch.
Faraday – das wunderbare Gewand der Mutter hing in
Fetzen von ihr herab, und auf ihrer Haut zeigten sich
dunkle Flecken und Schrammen.
Sie richtete den Blick auf ihn. Zuerst stumpf und umwölkt von Schmerz und Angst … aber dann leuchteten
ihre Augen zu Axis’ Entsetzen in Hoffnung, Flehen und
Liebe auf.
Der Krieger atmete tief und gleichmäßig und blieb äußerlich ruhig, um seine geistige Sammlung nicht zu gefährden, die allein ihn schützen konnte.
»Ich grüße Euch, mein lieber Bruder«, zischte der Zerstörer.
Axis neigte das Haupt und trat nur einen Schritt auf
ihn zu, nicht mehr; denn ihm entging nicht, daß Gorgrael
sofort die Krallen tiefer in seine Gefangene bohrte. »Und
ich grüße Euch, Bruder.«
»Endlich«, seufzte der Zerstörer, und sein Leib schüttelte sich. »Nun stehen wir uns also gegenüber, Ihr und
ich. So, wie die Prophezeiung es vorhergesagt hat.«
Aber Axis ging gar nicht darauf ein. Sein Blick wanderte neugierig durch die Kammer, fand jedoch nicht, was er
suchte. »Ist er nicht gekommen, um Euch beizustehen?«
»Wer?« fragte Gorgrael und legte verwirrt den Kopf
schief. »Wen meint Ihr?«
»Euren Freund«, antwortete der Krieger. »Wolfstern.«
Des Zerstörers Verwirrung wuchs, und er vermutete
eine schändliche List seines Gegners. »Wer soll das denn
sein?«
»Der Mann, der Euch unterrichtet hat, Bruder.«
»Der Dunkle?«
Wie passend, dachte Axis. Ein solcher Aufzug sah
Wolfstern ähnlich. »Der Mann, der auch mich ausgebildet hat.«
»Nein!« fauchte Gorgrael, und Faraday wimmerte, als
der Druck seiner Krallen sich erneut verstärkte. »Niemals!«
»Aber ja, Bruder. Ich betrat bereits weitgehend unterwiesen die Bühne der Prophezeiung, aber mein Lehrer
war nicht mein, äh, unser Vater, sondern es war Wolfstern.«
Der Zerstörer dachte an all die Male, bei denen Lieber
Mann ihn alleingelassen hatte, als er spurlos verschwand,
manchmal sogar für Monate. Hatte der Dunkle sich in
diesen Zeiten zu Axis begeben, um ihn zu unterrichten?
Ihm fielen auch die Gelegenheiten ein, in denen Lieber
Mann unvermutet wieder aufgetaucht war und dann genau wußte, was Axis gerade tat oder plante. Das konnte
ihm doch nur bekannt sein, weil er dann gerade vom
Sternenmann kam! Vermutlich von einem angenehmen
Abendessen mit viel launigem Geplauder, nicht wahr?
Aber wer war Wolfstern denn?
»Der mächtigste aller Krallenfürsten«, antwortete der
Krieger. »Ich glaube, er hat die ganze Geschichte von Anfang an geplant. Was meint Ihr, wann hat Wolfstern damit
begonnen, die Prophezeiung zu seiner eigenen Unterhaltung zu verfassen? Und wann hat er sie ins Leben gerufen? Gorgrael, wir beide sind nicht mehr als die Bauern in
seinem Schachspiel. Hinter der ganzen Weissagung steckt
nicht mehr als ein närrischer Plan, und sie wurde nur erdichtet, um allseits Verwirrung und Unruhe zu stiften.«
Der Zerstörer kreischte vor Empörung, und Faraday
schrie ebenfalls, sie jedoch vor Schmerzen. Doch Axis
ließ sich weder vom einen noch vom anderen in seiner
geistigen Sammlung stören.
»Wie Marionetten plappern wir nach, was Wolfstern
für uns aufgeschrieben hat, und jede unserer Bewegungen hat er geplant. Ohne Zweifel sieht der alte graue
Wolf uns in diesem Moment zu, um unsere Darbietung
mit seinem Beifall oder seinen Pfiffen zu begleiten.«
Axis trat noch einen Schritt

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