Die Grabräuber
Blickwinkel eines fahrenden Streifenpolizisten an.
Erhebend war es nicht. Die meisten Straßen, Plätze und auch Kaschemmen kannten wir. Schon oft hatten wir hier für uns normale Einsätze gefahren, nun sah die Lage völlig anders aus. Wir sollten nicht auf Dämonenjagd gehen, sondern uns um einfache Ganoven kümmern. Wenn ich daran dachte, dass wir dies noch zwei Nächte vor uns hatten, sehnte ich mich nach einem guten alten Vampir und einem schönen Holzpflock aus Eiche. Aber das blieben Träume.
In Soho wurde wieder stärker mit Drogen gehandelt, und jeder Beamte hatte genau eingeschärft bekommen, darauf zu achten. Es gab da gewisse Treffpunkte, die überwacht werden sollten. Zudem standen die Uniformierten auch in Verbindung mit einer zivilen Einsatzgarde und wurden laufend über Funk informiert.
Zweimal hatten wir das Glück, den Wagen verlassen zu dürfen. Unser Weg führte uns jedesmal in eine Kneipe, wo angeblich mit Drogen gehandelt wurde. Wir fanden nichts. Nur ein paar Betrunkene und einige abgetakelte Dirnen, die es sogar bei den Polizisten versuchten, dabei jedoch auf Granit bissen.
Gegen Mitternacht machten wir dann Pause. Auch das musste sein, wie man uns erklärte.
Die beiden uniformierten Kollegen holten Sandwiches und Thermosflaschen hervor. Beides hatten sie von ihren Frauen mitbekommen. An so etwas hatten wir natürlich nicht gedacht, und so rauchte ich eine Zigarette, während Suko aus dem Fenster schaute und den Nebel beobachtete, der von Süden her immer mehr herantrieb und sich dabei zusehends verdichtete.
»In der nächsten Nacht können Sie sich ja auch Sandwiches einpacken lassen«, sagte der Fahrer kauend.
»Wie tröstlich«, erwiderte ich.
»Ja, der Streifendienst ist eben nicht das Wahre. Da können Sie mal sehen, wie hart wir unser Geld verdienen. Das ist oft genug Langeweile hoch drei. Vor allen Dingen bei dieser Witterung, Im Sommer macht es noch Spaß. Bei uns bekommt das Auge noch etwas geboten…«
»Wieso?« fragte Suko grinsend und nur, um das Gespräch nicht versiegen zu lassen.
»Was meinen Sie, wer hier alles rumläuft? Das sind Bienen, die sehen angezogen noch ausgezogen aus. Himmlische Geschöpfe. Astrein, kann ich Ihnen sagen.«
»Wenn Sie meinen.«
Der Fahrer nahm einen Schluck aus der Kanne, rückte und faltete sein Sandwichpapier zusammen- »So ist das nun mal, auch wir bekommen hin und wieder etwas geboten.«
Sein Kollege sagte nichts. Der aß stumm. Ab und zu nur nahm er einen Schluck.
Ich runzelte die Stirn, schaute auf meine Uhr und stellte fest, dass Mitternacht inzwischen vorüber war. Getan hatte sich nicht viel. Die nächsten Stunden würden wir auch überstehen. Ich nahm mir vor, hin und wieder ein Auge zu schließen, vielleicht auch zwei.
»Wie lange pausieren Sie denn?« fragte ich nach vorn gewandt. Der Fahrer gab zunächst keine Antwort, weil er sich mit einem Apfel beschäftigte und ihn an den Schößen seiner Uniformjacke blank rieb.
»Das kommt ganz darauf an«
»Aha.« Jetzt war ich ebenso schlau wie zuvor.
Er biss in den Apfel und überließ seinem noch jüngeren Kollegen die Antwort. »Wenn nicht viel los ist, machen wir länger Pause. Es gab auch Nächte, da sind wir hungrig nach Hause gefahren. Die kommen zum Glück nur selten vor.«
»Klar…« Ich verdrehte die Augen, schaute Suko an, sah meinen Freund grinsen und aus dem Fenster schauen.
Jäh wurde die Ruhe gestört. Ein hoher Piepton summte durch das Wageninnere. Er schreckte nicht nur uns auf, auch die beiden Polizisten, die erst einmal gehörig fluchten. Da der Fahrer ein großes Apfelstück im Mund hatte, konnte er nicht abheben, das überließ er seinem Kollegen. Suko und ich wussten, dass dies der Alarmruf war. Irgendwo war etwas geschehen, und die Ruhe konnten wir uns an den Hut stecken. Darüber war ich nicht traurig.
Der Beifahrer hielt den Hörer so hart an sein Ohr gepresst, dass wir nicht mithören konnten. Auch sein Kollege nicht. Schließlich fragte dieser:
»Was war denn?«
»Fahr los. Alarm!«
»Und wohin?«
Der Mann bekam die Anschrift. Es war eine Straße, die ich nicht kannte. Plötzlich wurde der Wagen schnell. Wir fuhren ziemlich riskant, denn der Nebel war nicht dünner geworden.
»Kein Rotlicht«, sagte der Beifahrer. »Auch das noch.«
Ich beugte mich nach vorn und sprach über den Rand der Rückenlehne hinweg. »Was ist eigentlich geschehen?«
»Kann ich selbst nicht genau sagen. Ein Kollege von uns hat eine Gestalt gesehen, die mit Pfeil und
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