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Die Graefin Charny

Die Graefin Charny

Titel: Die Graefin Charny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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er damals noch nicht gehenkt war«, sagte Gilbert lachend.
    »Oh! Sie sind sehr voreilig, Doktor! Lassen Sie dem armen Teufel doch einige Tage Frist ... es ist doch billig, daß Sie seiner Seele zur Räumung des Leibes ebensoviel Zeit lassen, wie ein Mietsmann zur Räumung seiner Wohnung erhält, nämlich ein Vierteljahr ... aber ich muß Ihnen bemerken, Doktor, daß Sie mich von der rechten Bahn ablenken.«
    »Betreten Sie sie nur wieder, Graf, ich werde Ihnen mit Vergnügen folgen.«
    »Sie haben also dem Könige erklärt, nur Herr von Mirabeau könne die Monarchie retten.«
    »Das ist meine Meinung, Graf, und deshalb habe ich dem Könige diese Ministerkombination vorgelegt.«
    »Es ist auch meine Meinung, Doktor, und deshalb wird die von Ihnen vorgelegte Kombination nicht zustande kommen.«
    »Nicht zustande kommen?«
    »Nein, gewiß nicht ... Sie wissen wohl, daß ich die Rettung der Monarchie nicht will. Der König war durch Ihre Vorstellungen ziemlich überzeugt und sprach mit der Königin von Ihrer Ministerkombination. Zum größten Erstaunen der oberflächlichen Menschen war die Königin Ihrem Plane noch weniger abgeneigt als der König! Ist das die Wahrheit, Doktor?« sagte Cagliostro mit einem forschenden Blicke.
    »Ich muß gestehen, Graf, daß Sie bis jetzt keinen Augenblick von dem geraden Wege abgewichen sind.«
    »Darauf entfernten Sie sich frohlockend und in der festen Überzeugung, daß diese königliche Sinnesänderung eine Folge Ihrer unwiderleglichen Beweisgründe sei. Aber die Königin hat aus zwei Gründen nachgegeben. Erstens, weil sie tags zuvor einen großen Kummer gehabt hatte und daher in einer Intrige eine Zerstreuung sah; zweitens, weil die Königin eine Tochter Evas ist; man hat ihr Herrn von Mirabeau als einen Löwen, einen Tiger geschildert, und eine Tochter Evas kann nie dem für die Eigenliebe so schmeichelhaften Wunsche widerstehen, einen Tiger oder Löwen zu zähmen.«
    »Sie gehen von Mutmaßungen aus, Graf, und Sie hatten versprochen, mich durch Tatsachen zu überzeugen.«
    »Sie weisen mein Teleskop zurück? Nun, wenden wir uns also wieder zu materiellen Dingen, etwa zu den Schulden Mirabeaus.«
    »Hier haben Sie die schönste Gelegenheit, Graf, Ihren Großmut zu zeigen.«
    »Sie meinen, ich soll Mirabeaus Schulden bezahlen? Aber Sie wissen, daß er für den Augenblick keineswegs auf mich zählt; er zählt auf den künftigen Generalissimus Lafayette, der ihn mit lumpigen fünfzigtausend Frank anlockt, am Ende zahlt er keinen Groschen für ihn ... Armer Mirabeau! Alle jene Gimpel und Gecken, mit denen du zu tun hast, verkennen dein Genie, und zerren nur an deinen Jugendtorheiten herum! ›Mirabeau ist ein ungeheurer Schwätzer!‹ sagt Rivarol; ›Mirabeau ist ein Lump!‹ sagt Mably; ›Mirabeau ist ein ruchloser Mensch!‹ sagt Guillermy; ›Mirabeau ist ein Meuchler!‹ sagt der Abbé Maury; ›Mirabeau ist so gut wie tot!‹ sagt Target; ›Mirabeau ist längst begraben!‹ sagt Dupout; ›Mirabeau hat die Blattern an der Seele!‹ sagt Champceuets; ›Mirabeau gehört auf die Galeeren!‹ sagt Lampesc; ›Mirabeau muß an den Galgen!‹ sagt Marat. Und wenn Mirabeau morgen stirbt, so wird ihn das Volk vergöttern, und alle diese Zwerge, die er so weit überragt, werden seinem Sarge folgen und jammern: ›Wehe, Frankreich, das seinen Tribun verloren!‹ ›Wehe dem Königtum, dem seine Stütze entrissen ist.‹«
    »Sie werden mir doch nicht den Tod Mirabeaus prophezeien wollen?« sagte Gilbert fast erschrocken.
    »Sagen Sie aufrichtig, Doktor, glauben Sie, daß er noch lange leben wird mit seinem immerfort gärenden Blut, seinem überwallenden Herzen, seinem alles durchdringenden Genie? Gilbert, Sie werden sich mit wenigen anderen intelligenten Männern vergebens abmühen, Mirabeau zum Minister zu machen, ich sage Ihnen, daß Mirabeau, der geniale Staatsmann, sein Leben vertun und an den Rand des Grabes kommen wird, ohne Minister zu werden.«
    »Der König widersetzt sich also?« fragte Gilbert.
    »Oh! Er hütet sich wohl, er würde es mit der Königin zu tun bekommen, der er beinahe sein Wort gegeben hat. Sie wissen, die Politik des Königs liegt in dem Worte
beinahe
; er ist beinahe konstitutionell, beinahe Philosoph, beinahe populär und sogar beinahe Politiker, wenn er Monsieur zum Ratgeber hat. Gehen Sie morgen in die Nationalversammlung, lieber Doktor, und Sie werden sehen, was darin vorgeht.«
    »Können Sie mir's nicht im Voraus sagen?«
    »Ich würde Ihnen das

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