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Die Graefin Charny

Die Graefin Charny

Titel: Die Graefin Charny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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fuhr in die Tuilerien.
    Marie Antoinette erschrak, als sie den Doktor Gilbert erblickte, dessen Rock zerrissen war und dessen Hemd Blutspuren zeigte.
    »Was ist aus dem Unglücklichen geworden, Herr Gilbert?«
    »Er ist tot ... das erbitterte Volk hat ihn ermordet, in Stücke zerrissen!«
    »Gibt es denn kein Mittel, die Mörder zu bestrafen?«
    »Wir wollen unser Möglichstes tun«, erwiderte Gilbert; »aber noch besser wäre es, weitere Mordtaten zu verhüten, als die Mörder zu bestrafen.«
    »Aber, mein Gott, wie ist das möglich?«
    »Eure Majestät, stellen Sie an die Spitze der Regierung Männer, die das Vertrauen des Volkes besitzen, und derlei Vorfälle werden sich nicht mehr ereignen.«
    »Ach, ja ... Herr von Mirabeau und den Marquis von Lafayette, nicht wahr?«
    »Ich hoffte, Eure Majestät hätten mich rufen lassen, um mir die Zustimmung des Königs zu der von mir vorgeschlagenen Ministerkombination zu melden.«
    »Sie glauben also, Herr Gilbert, daß Mirabeau sich entschließen würde, unsere Partei zu ergreifen?«
    »Er ist Eurer Majestät mit ganzer Seele ergeben.«
    »Aber er hält es schon mit dem Herzoge von Orleans?«
    »Eure Majestät täuschen sich. Mirabeau hat sich, nachdem der Prinz vor den Drohungen Lafayettes nach England geflohen ist, von ihm losgesagt.«
    »Das söhnt mich einigermaßen mit ihm aus,« sagte die Königin mit gezwungenem Lächeln, »und wenn ich glaubte, daß man wirklich auf Herrn von Mirabeau zählen könne, so wäre ich vielleicht weniger abgeneigt als der König, mich ihm anzuschließen ...«
    »Eure Majestät, vor einer halben Stunde erhielt ich von Mirabeau ein Billett ...«
    »Darf ich das Billett sehen?«
    »Es ist für Eure Majestät bestimmt.«
    Gilbert zog den Brief aus der Tasche. Die Königin nahm das Papier und las:
    »Das heutige Ereignis ändert die Lage der Dinge. Man kann aus dem soeben abgeschlagenen Kopfe großen Nutzen ziehen. Die Nationalversammlung wird sich fürchten und die Verkündigung des Kriegsgesetzes verlangen.
    Mirabeau kann den Antrag unterstützen und das Kriegsgesetz zum Beschluß erheben, er kann behaupten, daß nur von einer kräftigen vollziehenden Gewalt die Rettung zu erwarten sei; er kann Herrn von Necker stürzen. Statt des Ministeriums Necker ernenne man ein Ministerium Mirabeau und Lafayette; dann bürgt Mirabeau für alles.«
    »Gut ... Herr von Mirabeau schicke mir durch Sie eine Denkschrift über die Lage des Landes und den Entwurf eines Ministeriums zu; ich werde seinen Plan dem Könige vorlegen.«
    »Und darf Herr von Mirabeau inzwischen die Verkündung des Kriegsgesetzes verlangen?«
    »Ja, das steht ihm frei.«
    »Aber der Sturz des Herrn von Necker kann dringend notwendig werden; würde dann ein Ministerium Lafayette und Mirabeau nicht ungünstig aufgenommen werden?«
    »Von mir? Nein ... Ich will beweisen, daß ich bereit bin, meine persönliche Abneigung dem Wohl des Staates zu opfern; aber Sie wissen, daß ich für die Zustimmung des Königs nicht bürgen kann.«
    Die Königin entließ den Doktor mit einer Handbewegung.
    Eine Viertelstunde nachher war Gilbert in der Nationalversammlung.
    Die Abgeordneten waren sehr aufgeregt, Mirabeau allein blieb ruhig auf seinem Platze. Er wartete, seine Augen waren auf die öffentliche Tribüne gerichtet.
    Als er Gilbert bemerkte, heiterte sich sein Löwenantlitz auf.
    Gilbert riß ein Blatt aus seinem Taschenbuche und schrieb:
    »Ihre Anträge sind angenommen, wenn auch nicht von beiden Parteien, doch wenigstens von der, die nach Ihrer und meiner Meinung die einflußreichere ist.
    Man verlangt auf morgen eine Denkschrift und auf heute ein Ministerprogramm.«
    Dann faltete er das Papier in Briefform zusammen, schrieb die Adresse darauf und schickte das Billett an den Abgeordneten von Aix, der es überbringen sollte.
    Mirabeau las das Billett mit dem Anschein der größten Gleichgültigkeit und schickte seine Antwort sofort an Gilbert:
    »Morgen sende ich die Denkschrift ein. Ich schicke Ihnen hier die verlangte Liste. Zwei oder drei Namen können geändert werden.
    Herr von Necker, Premierminister. (Man muß ihm jede Gelegenheit nehmen, durch seine Unfähigkeit zu schaden, und gleichwohl seine Popularität zu erhalten suchen.)
    Erzbischof von Bordeaux, Kanzler.
    Herzog von Liancourt, Kriegsminister. (Er ist dem Könige persönlich zugetan.)
    Herzog von Larochefoucauld, Minister des königlichen Hauses und Gouverneur von Paris.
    Graf von Lamark, Marineminister.
    Bischof von Autun,

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