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Die Graefin Charny

Die Graefin Charny

Titel: Die Graefin Charny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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Guillotine nennen.«
    »Sind denn schon Versuche damit angestellt worden?«
    »Ich bin dabeigewesen, Sire«, sagte eine ernste Stimme.
    Der König sah sich um und erkannte Gilbert, der während des Gesprächs in den Salon gekommen war.
    »Ah! Sie sind's, Doktor«, sagte der König etwas betroffen. »Wie ist der Versuch gelungen?«
    »Bei den beiden ersten sehr gut, Sire; bei dem dritten war der Halswirbel wohl durchschnitten, aber man mußte ein Messer zu Hilfe nehmen, um den Kopf vollends vom Rumpfe zu trennen.«
    Die jungen Leute hörten mit verstörten Blicken zu.
    »Wie, Sire,« sagte Charles Lameth, »man hat heute morgen drei Menschen hingerichtet?«
    »Ja, meine Herren; es waren freilich drei Leichen.«
    »Sire, das Instrument bildet im Vergleich mit allen anderen bis jetzt bekannten Maschinen dieser Art unleugbar einen Fortschritt; aber das Mißlingen bei dem dritten Leichnam ist ein Beweis, daß diese Maschine noch verbessert werden muß.«
    »Und wie sieht sie aus?« fragte der König, der an allem, was Mechanik betraf, den lebhaftesten Anteil nahm. Gilbert suchte die Konstruktion zu erklären; aber der König konnte sich nach dieser Schilderung keinen deutlichen Begriff von der Form des Instrumentes machen.
    »Kommen Sie, Doktor,« sagte er, machen Sie mir eine Skizze, ich kann mir dann besser ein Bild machen.«
    Gilbert fing an zu zeichnen, und der König sah ihm mit der größten Aufmerksamkeit zu.
    Als er kaum fertig war, sagte der König lebhaft:
    »Es wundert mich gar nicht, daß der Versuch mißlungen ist, zumal beim drittenmal, man muß wirklich gar keinen Begriff von Mechanik haben, um einem Gegenstande, der einen harten, Widerstand leistenden Stoff durchschneiden soll, die Form eines Halbmondes zu geben.«
    »Welche Form würden ihm denn Eure Majestät geben?«
    »Natürlich die Form eines Dreiecks, und ich stehe Ihnen dafür, daß Sie fünfundzwanzig Köpfe nacheinander abschlagen können, ohne daß das Eisen auch nur einmal den Dienst versagt ...«
    Kaum hatte er diese Worte gesprochen, ertönte ein Schrei des Entsetzens.
    Der König sah sich um und erblickte die Königin, die ohnmächtig in Gilberts Arme sank.
    Sie hatte die greuliche Maschine, die ihr Cagliostro vor zwanzig Jahren einmal im Schlosse Faverney-Maison-Rouge gezeigt hatte, erkannt.
    Die Soiree wurde natürlich unterbrochen.
    Man brachte die Königin in das Schlafzimmer der Prinzessin und legte sie in einen bequemen Armsessel. Selbst der König entfernte sich; nur Doktor Gilbert blieb da. Endlich bewegte die Königin wie in einem schweren Traume, langsam den Kopf hin und her, stieß einen leisen Klageton aus und schlug die Augen auf.
    Gilbert wollte sich entfernen; jedoch die Königin streckte die Hand nach ihm aus und sagte: »Bleiben Sie!« und zu der Prinzessin von Lamballe gewandt: »Therese, melde dem König, daß ich wieder zu mir gekommen bin, und sieh zu, daß ich nicht unterbrochen werde. Ich habe mit dem Doktor Gilbert zu reden.«
    »Doktor,« begann die Königin jetzt, nachdem die Prinzessin sich entfernt hatte, »wundern Sie sich nicht über den Zufall, der Sie in entscheidenden oder erschütternden Augenblicken meines Lebens fast immer in meine Nähe bringt?« Die Königin sah ihn scharf an. »Sie sind ein seltener Mensch, Herr Gilbert. Ich war gegen Sie eingenommen ... Dieses Vorurteil ist jetzt beseitigt.«
    »Geruhen Eure Majestät meinen innigsten Dank anzunehmen.«
    »Doktor,« begann die Königin von neuem, »glauben Sie an Ahnungen oder Prophezeiungen?«
    »Ganz wenige hochbegabte Menschen können durch ein tiefes Eindringen in die Vergangenheit dahin gelangen, die künftigen Dinge wie durch einen Schleier hindurch zu sehen. Aber diese Ausnahmen sind selten, und gleichwohl gibt es einen Mann, der zuweilen durch unleugbare Tatsachen alle Beweisgründe meines Verstandes widerlegt hat.«
    »Dieser Mann ist Ihr Lehrer und Meister, nicht wahr, Herr Gilbert, der allmächtige, unsterbliche Mann, der göttliche Cagliostro!«
    »Eure Majestät, mein einziger Lehrer und Meister ist die Natur ... Cagliostro ist nur mein Retter.«
    »Und er hat Ihnen Dinge prophezeit, die in Erfüllung gegangen sind?«
    »Sonderbare, unglaubliche Dinge!«
    »Wenn er Ihnen also einen frühen, entsetzlichen, schmachvollen Tod prophezeit hätte, so würden Sie sich auf diesen Tod vorbereiten?«
    »Ja,« erwiderte Gilbert, »aber zuvor würde ich einem solchen Tode durch alle möglichen Mittel zu entgehen suchen.«
    »Zu entgehen? ... Nein,

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