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Die Graefin Charny

Die Graefin Charny

Titel: Die Graefin Charny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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Frage in ihrer Würde tief gekränkt.
    »Jawohl,« sagte sie, »wenigstens vor einer Stunde glaubte ich es noch zu sein.«
    »Nun, wenn Sie die Königin sind,« setzte Madame Sausse hinzu, »so bekommen Sie vierundzwanzig Millionen ... Der Platz ist nicht übel, da er so gut bezahlt wird; warum wollen Sie ihn denn aufgeben?«
    Die Königin wandte sich voll Schmerz und Entrüstung zu dem König.
    »Oh, Sire,« sagte sie, »alles ... alles lieber als solchen Hohn!«
    Dann trat sie an das Bett, nahm den schlafenden Dauphin auf den Arm und eilte zum Fenster.
    »Sire,« sagte sie, »kommen Sie; wir wollen uns dem Volke zeigen, um zu sehen, ob es ganz ruchlos ist ...« Der König folgte ihr instinktmäßig und erschien mit ihr am Fenster. Der ganze Platz bot das Schauspiel einer lebhaften Aufregung.
    Die Husaren des Herzogs von Choiseul waren zum Teil schon für die Nation gewonnen. Isidor von Charny stand mit seinem Pferde mit gezogenem Hirschfänger außerhalb des Gedränges, das ihn gar nicht kümmerte; er schien jemanden aufzulauern, wie ein Jäger dem Wild auflauert. Alsbald hörte man den hundertstimmigen Ruf: »Der König! der König!«
    Man sah wirklich den König und die Königin am offenen Fenster; die Königin hielt den Dauphin auf dem Arme.
    Wäre Ludwig XVI. im Staatskleide oder in Uniform gewesen, so würde er auf die Menge vielleicht noch den erhofften Eindruck gemacht haben. Aber der König zeigte sich bei Tagesanbruch, als Diener verkleidet, im grauen Frack, mit einer gemeinen, ungepuderten Perücke; er war blaß, aufgedunsen, seit drei Tagen nicht rasiert. So erschien er und stammelte abwechselnd: »Meine Herren ... meine Kinder!« – Das hatten weder die Freunde noch die Feinde des Königtums erwartet.
    Gleichwohl riefen der Herzog von Choiseul und Isidor: »Es lebe der König!« Einige Stimmen unter dem Volke wiederholten: »Es lebe der König!« Aber der Befehlshaber der Nationalgarde antwortete: »Es lebe die Nation!« und dieser Ruf fand ein weit vielstimmigeres und lauteres Echo.
    Marie Antoinette war tief entrüstet; sie drückte den schlummernden Dauphin an ihre Brust, neigte sich zum Fenster hinaus und rief voll Ingrimm hinunter:
    »Ihr Elenden!«
    Einige hörten es und antworteten mit Drohungen. Der Tumult wurde immer größer, das Geschrei immer lauter und verworrener. Der Herzog von Choiseul, zum Äußersten getrieben, machte noch einen Versuch.
    »Husaren!« rief er, »bei eurer Ehre fordere ich euch auf: rettet den König!«
    Aber in diesem Augenblick erschien Drouet, von einer bewaffneten Schar umgeben.
    »Was? Sie wollen den König entführen?« rief er, auf den Herzog von Choiseul zugehend. »Aber ich sage Ihnen, daß er nicht lebend in Ihre Hände kommen soll!«
    Choiseul trat ihm mit gezücktem Säbel entgegen. – Aber der Kommandant der Nationalgarde war da.
    »Wenn Sie einen Schritt weitergehen,« sagte er zu Choiseul, »so stoße ich Sie nieder!«
    Bei diesen Worten sprengte Isidor von Charny, unbekümmert um alle Drohungen, auf die Gruppe los. Der Feind, den er erwartet hatte, war Drouet.
    »Zurück! zurück!« rief er, mit gezücktem Hirschfänger die Menge durchbrechend; »der Verräter muß fallen!« Aber noch ehe er Drouet erreichte, krachten zwei Schüsse, ein Pistolenschuß und ein Flintenschuß. Die Pistolenkugel verwundete ihn nur leicht am Schlüsselbein; die Flintenkugel drang ihm in die Brust.
    Man sah ihn die Arme ausstrecken und hörte seine ersterbenden Worte:
    »Arme Katharina!«
    Die Königin schrie laut auf vor Entsetzen; sie hätte beinahe den Dauphin fallen lassen. Während sie sich vom Fenster wegwandte, sprengte ein anderer Reiter, von Dun kommend, durch die zurückweichende Menge.
    Der König trat nun ebenfalls zurück und schloß das Fenster.
    Die Königin sank in einen Sessel und bedeckte das Gesicht mit beiden Händen ... Wie einst Georges von Charny war nun auch Isidor für sie zu ihren Füßen gefallen!
    Aber plötzlich entstand vor der Tür ein lautes Getümmel, das ihre Aufmerksamkeit erregte. Olivier von Charny, bleich, mit verstörten Gesichtszügen, von der letzten Umarmung seines Bruders mit Blut befleckt, erschien in der Tür.
    Die Königin sagte tonlos:
    »Olivier ...«
    Er gab den anwesenden Fremden einen Wink und sagte mit ruhiger, fester Stimme:
    »Entschuldigen Sie, meine Herren, ich habe mit Ihren Majestäten zu sprechen.«
    Die Ruhe, die Charny in so hohem Grade besaß, gab dem Grafen von Damas und den beiden Leibgardisten die einen

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